Künstliche Intelligenz
„Death Stranding 2 – On the Beach“: Liefern oder sterben
Hideo Kojima ist ein Schelm. Die japanische Entwicklerlegende verbindet in seinen Spielen brachiale Action mit philosophischen Themen und selbstreferentiellem Klamauk. Ein wirrer Mix, den Kojima aber stets mit einer audiovisuellen Wucht und Konsequenz erzählt, die atemloses Staunen oder Kopfschütteln bei den Spielern zurücklässt. Das Open-World-Abenteuer „Death Stranding 2: On the Beach“ ist keine Ausnahme.
Surrealer Spieleblockbuster
„Death Stranding“ ist der Opus Magnum Kojimas. In einer postapokalyptischen und gesellschaftlich zerrissenen Welt trafen im ersten Teil glitschige Riesenmonster auf Geister, Banditen und politische Intrigen. Mittendrin der Paketbote Sam Porter-Bridges, gespielt von „Walking Dead“-Star Norman Reedus, der sich mühsam über Flüsse und Berge quälte und Straßen errichtete, um sich am Ende dem titelgebenden „Gestrandeten Tod“ zu stellen und das Land zu einen. Ein surreales, sperriges Abenteuer.
„On The Beach“ beginnt ein paar Monate nach den Erlebnissen des ersten Teils. Sam hat sich mit seiner Stieftochter Lou in die Einsamkeit zurückgezogen. Doch auch hier holt ihn seine Vergangenheit ein, denn durch seine Taten haben sich Portale zu anderen Kontinenten geöffnet und neue Bedrohungen tauchen auf. Auf Bitte seiner ehemaligen Freundin Fragile bricht Sam mit einigen Helfern noch einmal auf, um die Welt vor dem Untergang zu retten.
Kojima greift auch diesmal in die Vollen. Ähnlich wie im Vorgänger sind die Rollen mit bekannten Schauspielerinnen wie Léa Seydoux und Elle Fanning prominent besetzt. Statt Nordamerika erkundet Sam jetzt Teile Mexikos und Australiens. Es geht um das Ende der Welt, grausame Monster und Einsamkeit. Jeder Bosskampf ein würdiges Finale, jeder Dialog triefend vor Melancholie, tiefgründiger Schwere oder schelmischer Ironie. Darunter geht nichts. Wenn nach über 30 Stunden Spielzeit der Abspann mit Post-Credit-Szene abrollt, muss man erstmal Luft holen. Wer alles sehen will, kann die Spielzeit locker verdoppeln.
Größer und zugänglicher
Es ist alles ein wenig größer und schöner geworden. Wenn Sam von einem Hügel das Tal überblickt, glitzern die Sonnenstrahlen in der Ferne, während sich vor seinen Füßen das Gras wiegt. In den Bergen versperren Stürme die Sicht, Flüsse steigen und Erdbeben zerstören Brücken und andere Bauten. Erreicht Sam dann endlich eine weit entfernte Basis, ertönt im Hintergrund ein meditativer Ambient-Pop-Soundtrack, der die Nerven beruhigt. Keine Frage: „Death Stranding 2: On the Beach“ ist ein audiovisueller Höhepunkt der aktuellen Konsolengeneration.
Zwar überbringt Sam immer noch seine Pakete, um die Menschen zu vernetzen und stellt sich dabei Gegnern in dieser postapokalyptischen Welt, doch hat er nun mehr Möglichkeiten. Erfolgreiche Aufträge schalten Fähigkeiten frei, die Sam bei Bedarf auswählt. Ebenso kann Sam auf neue Waffen wie einen „Blut-Bumerang“ zugreifen, oder er kann einen Truck mit Waffen ausstatten und ein Schienennetz anlegen, um in Minen Rohstoffe abzubauen. Die sind dringend nötig für neue Straßen, Brücken oder Stromgeneratoren. Ganz neu ist die „Magellan“, eine mobile Einsatzbasis, die Sam von einem Ort zum nächsten transportiert.
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Die Gegner sind zahlreicher geworden. Ähnlich wie in einem typischen Open-World-Spiel kann Sam feindliche Basen zerstören oder wichtige Waren stehlen. Obwohl die Action meist auf simples Geballer ohne taktische Finesse hinausläuft, ist das Spiel dadurch abwechslungsreicher geworden. In einigen Gebieten warten nicht nur Banditen, sondern auch Roboter auf Sam, der sich an anderer Stelle unter Zeitdruck durch ein Feuer kämpfen muss. Einmal stellt sich Sam seinen Gegnern auf einer Motorrad-Rennbahn oder er kann durch spezielle Waffen Monster für sich kämpfen lassen. Wer es ruhiger will, sammelt Tiere für das örtliche Tierheim.
Trotz der höheren Actiondichte steht das Ausliefern der Pakete immer noch im Mittelpunkt. Sam plant seine Route, rüstet sich aus und macht sich auf den Weg. Das kann schon mal eine halbe Stunde oder länger dauern. Die Berge werden erst mit Spikes für den Truck zum Kinderspiel, ein Fluss kann zur tödlichen Falle werden. Dazwischen durchquert Sam Gebiete mit Geistern, den „gestrandeten Dingen“, kurz GDs. Hier ähnelt das Spiel einem Mix aus Schleichabenteuer und Horror-Albtraum. Nichts für schwache Nerven.