Datenschutz & Sicherheit
Die Woche, als wir zwei Datenschutz-Erfolge verbuchten
Liebe Leser:innen,
netzpolitik.org wirkt! Diesen Satz schreiben wir häufig, wenn unsere Arbeit zu greifbaren Ergebnissen führt. Es ist ein Satz, den wir gerne schreiben. Wir wollen mit unserem Journalismus nicht nur aufklären, aufdecken und anprangern, sondern auch Verbesserungen bewirken. Gerade weil sich unsere Arbeit manchmal wie ein Kampf gegen übermächtige Gegner anfühlt, habe ich mich in dieser Woche über zwei Erfolgsmeldungen im Datenschutzbereich gefreut.
Nummer eins: Die Berliner Datenschutzbehörde stattete einer Werbe- und Datenbude einen Besuch ab, deren Geschäft wir 2023 mit unserer Xandr-Recherche in den Fokus rückten. Die Firma analysiert die Aufenthaltsorte von Menschen, um daraus vermarktbares Wissen für Werbekund:innen zu generieren. Und sie ermöglichte offenbar Werbebetreibenden das Targeting mit so charmanten Kategorien wie „Fragile Senioren“ oder „Familien in Schwierigkeiten“.
Wie die Datenschutzbehörde bei ihrer Vor-Ort-Kontrolle feststellte, fehlten dazu in vielen Fälle gültige Einwilligungen. Auf das Problem weisen wir bei netzpolitik.org immer wieder hin: Die Einwilligung, die Bürger:innen eigentlich informationelle Selbstbestimmung ermöglichen sollte, ist zum Datenschutz-Feigenblatt verkommen. Jetzt gibt es endlich Konsequenzen. Erstmal nur für eine Firma, irgendwann wird das Problem hoffentlich auch politisch angegangen.
Mit Beharrlichkeit machen wir Fortschritte
Nummer zwei: Wetter Online kann jetzt Auskunftsanfragen nach der Datenschutzgrundverordnung beantworten und dabei Datenkopien herausgeben. Im Rahmen unserer Databroker-Files-Recherchen hatte ich bei der mehr als 100 Millionen mal heruntergeladenen Wetter-App eine solche Anfrage gestellt. Eine Kopie der mich betreffenden Daten wollte mir das Unternehmen nicht aushändigen – weil das zu aufwendig sei.
Ich hatte deshalb gemeinsam mit der Datenschutzorganisation noyb Beschwerde über Wetter Online bei der Datenschutzbeauftragten Nordrhein-Westfalen eingelegt. Und siehe da: Inzwischen habe ich eine Datenkopie erhalten. In Zukunft versucht das Unternehmen hoffentlich nicht mehr, Bürger:innen, die ihre Rechte einfordern, mit dem Verweis auf den Aufwand abzuwimmeln.
Auch hier ist das Ende der Geschichte noch nicht erreicht, denn die Auskunft lässt einige Fragen offen. Auch die große Frage ist noch nicht abschließend geklärt: Wie kann es eigentlich kann, dass genaueste Standortdaten von Nutzer:innen der App bei einem US-Datenhändler landeten und dann über einen Berliner Datenmarktplatz auch bei uns? Aber immerhin: Wenn wir lange genug Druck machen, dann tut sich etwas. Wir bleiben weiter dran.
Jetzt erst Recht: WhatsApp löschen
Falls ihr selbst ganz konkret etwas für mehr Datenschutz tun wollt und keine Lust auf den Ärger mit einer Datenauskunft habt, dann hat Meta euch in dieser Woche übrigens eine gute Gelegenheit serviert. Denn der Konzern, der im vergangenen Jahr 62 Milliarden US-Dollar Gewinn gemacht hat, bringt personalisierte Werbung in den Messenger WhatsApp.
Werbung bei WhatsApp – dieser Schritt war schon mehrfach angekündigt. Immer wieder vertagte Mark Zuckerberg die Einführung, vermutlich aus Sorge, dass ihm dann noch mehr Nutzer:innen davonlaufen. Dass er den Schritt nun geht, zeigt einmal mehr, dass er denkt, er kann alles mit seinen Nutzer:innen machen.
Deshalb empfehle ich als gute Tat der Woche: Löscht WhatsApp. Oder, falls ihr das nicht schon gemacht habt, teilt den Artikel meines Kollegen Sebastian mit Menschen, die immer noch bei WhatsApp sind. Er hat hat ein paar gute Argumente für den Abschied aufgeschrieben und gibt Tipps, wie man andere vom gemeinsamen Wechsel zu besseren Alternativen überzeugen kann.
Also: Lasst uns nicht aufgeben. Wir haben’s im wahrsten Sinne des Wortes manchmal selbst in der Hand, für Veränderung zu sorgen.
Euer Ingo