Entwicklung & Code
Docker Image Security – Teil 2: Minimale und sichere Docker Images
Viele Softwareentwicklungsteams verwenden Container-Images aus offiziellen Registries wie Docker Hub. Diese Images enthalten häufig viele Komponenten. Scanner wie Trivy oder Grype finden dann sehr viele CVEs (siehe Teil 1 dieser Serie), ob zu Recht (True Positives) oder als Fehlalarme (False Positives). Obgleich offizielle Images meist kostenlos sind, kann die Prüfung (Triage) aller gemeldeten CVE darin ein Kostentreiber sein – sofern das Team nicht riskieren will, auf die Suche tatsächlich ausnutzbarer CVEs zu verzichten.
Dr. Marius Shekow war über 10 Jahre als Forscher und Softwareentwickler bei Fraunhofer tätig. Seit 2022 ist er Lead DevOps- & Cloud-Engineer bei SprintEins in Bonn. Dort baut er für Konzerne und KMUs individuelle Cloud-Umgebungen, inkl. CI/CD-Automatisierung, Observability und Security-Absicherung.
Minimale Container-Images – auch als „distroless“, „gehärtete“ oder „chiseled“ bekannt – bieten eine Lösung für dieses Problem. Unter dem Motto „weniger Komponenten bedeuten weniger Schwachstellen“ verzichten sie auf alle Komponenten (etwa Shells oder Paketmanager), die zur Laufzeit normalerweise nicht gebraucht werden, um die Angriffsfläche zu reduzieren.
Anhand einer Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile sowie einer Liste von kostenlosen und kostenpflichtigen minimalen Images für die Anwendungsfälle Basis-Linux, PHP, Python, Java, C#/.NET und Node.js, soll dieser Artikel DevOps-Teams bei der Auswahl geeigneter Container-Images helfen.
Was sind minimale Images?
Minimale Images enthalten nur die absolut notwendigen Komponenten, um die eigentlichen Basis-Funktionen auszuführen (beim postgres-Image ist etwa der PostgreSQL-Server die Basis-Komponente). Ziel ist, die Angriffsfläche für Hacker so weit wie möglich zu reduzieren (siehe Abbildung 1) und Komponenten auszuschließen, etwa:
- Distro-spezifische Paketmanager, z.B. apt für Debian/Ubuntu, apk für Alpine oder dnf/yum für Red Hat
- Verschiedene Linux-Distro-spezifische Pakete, die normalerweise standardmäßig installiert, aber nicht erforderlich sind, um eine Anwendung auszuführen, z.B. Binärdateien und Bibliotheken für perl, grep oder gzip. Lässt man solche Komponenten weg, hat man ein „distroless“ Image ohne Färbung von Distro-Vorlieben.
- Eine Shell (z.B. /bin/bash oder /bin/sh)
- Debugging-Werkzeuge, beispielsweise curl zur Diagnose von Verbindungsproblemen
Während Slim Images (z.B. python:3.13-slim) in der Regel kleiner als die regulären Image-Varianten sind (z.B. python:3.13), enthalten sie dennoch eine Shell und einen Paketmanager und erleichtern es daher einem Angreifer, tiefer in ein System einzudringen!
Komponenten-Vergleich: minimale vs. nicht-minimale Images (Abb. 1)
Vor- und Nachteile von minimalen Images | |
Vorteile | Nachteile |
✅ Reduzierte Startdauer | ❌ Schwieriger zu debuggen |
✅ Weniger Sicherheitslücken und Triage-Arbeit | ❌ Erhöhter Testaufwand |
✅ Verbesserte Sicherheit | ❌ Erhöhter Rechercheaufwand |
Ein Blick auf die Details der in der Tabelle gegenübergestellten Vor- und Nachteile macht deutlich, warum minimale Images nicht zwangsläufig immer die beste Wahl sind.
Vorteile:
- Reduzierte Startdauer: Minimale Images sind sehr klein und starten daher schneller, da das Herunterladen und Entpacken weniger Zeit benötigen.
- Weniger Sicherheitslücken und Triage-Arbeit: Schwachstellenscanner wie Trivy oder Grype melden für minimale Images (im Durchschnitt) deutlich weniger Schwachstellen als für nicht-minimale Images. Daher kann das Team sich auf die Softwareentwicklung konzentrieren, anstatt potenzielle False-Positive-Funde der Scanner zu untersuchen (siehe Teil 1 dieser Serie).
- Verbesserte Sicherheit: Falls ein Angreifer es schafft, eine Schwachstelle der in dem Image laufenden Software auszunutzen (z.B. eine PostgreSQL-Schwachstelle in einem PostgreSQL-Image), wird er keine beliebigen Shell-Befehle ausführen können. Denn im minimalen Image gibt es keine Shell. Er kann also keine zusätzliche Software herunterladen, um damit die (virtuelle) Infrastruktur weiter zu infiltrieren. Ein weiterer Vorteil ist, dass Schwachstellenscanner wie Trivy in den meisten minimalen Images alle vorhandenen Komponenten korrekt identifizieren, was False Negatives vermeidet.
Nachteile:
- Schwieriger zu debuggen: Wenn es Probleme im Produktivbetrieb gibt, greifen Entwickler- oder Betriebsteams häufig direkt auf die Shell im Container zu, um darin Debug-Befehle auszuführen. Bei minimalen Images funktioniert dies mangels Shell nicht mehr. Es gibt jedoch Workarounds, wie kubectl debug oder das bessere cdebug. Beide starten einen kurzlebigen (ephemeral) Sidecar-Container, der den Prozess-Namespace und das Filesystem mit dem zu debuggenden Container teilt.
- Erhöhter Testaufwand: Tauscht man bei einer containerisierten Anwendung das offizielle durch ein minimales Image aus, muss das Team manuell testen, ob es zu Kompatibilitätsproblemen kommt. Insbesondere Multi-Stage-Builds für Runtimes wie Python muss man genau betrachten. Dort kompiliert man die Anwendung in einer „Build“-Stage und kopiert sie dann in die „Final“-Stage, die das minimale Basis-Image verwendet. Verwendet man in der Build-Stage jedoch das offizielle (nicht-minimale) Image, treten oft subtile, implementierungsspezifische Inkompatibilitäten zwischen beiden Stages auf. Beispielsweise fehlen in der minimalen Final-Stage bestimmte (native) Bibliotheken oder Binärdateien. Oder der Pfad zur Runtime ist unterschiedlich, sodass der Container-Start fehlschlägt. Der Python-spezifische Abschnitt verlinkt ein konkretes Beispiel.
Zudem ist es bei der Verwendung eines minimalen Image aufgrund der fehlenden Shell nicht möglich, mehrere Befehle (oder Shell-Entrypoint-Scripte) beim Start des Containers auszuführen. - Erhöhter Rechercheaufwand: Auch wenn dieser Artikel die Recherchezeit reduziert, um das beste minimale Image zu finden, fällt trotzdem immer der Rechercheaufwand an. Es könnte sich beispielsweise zeigen, dass es kein geeignetes minimales Image gibt, sodass Interessenten ein eigenes erstellen müssen, was nicht trivial und Thema von Teil 3 der Artikelserie ist.
Verfügbare minimale (Base-) Images
Derzeit sind minimale Images nach wie vor ein Nischenmarkt. Die Maintainer von offiziellen Base-Images (z.B. des Python-Interpreters) oder von Stand-alone-Software wie PostgreSQL sehen aus unersichtlichen Gründen bisher davon ab, minimale Images zu erstellen.Stattdessen haben sich Drittanbieter darauf spezialisiert – wie Chainguard, Rapidfort, Docker, SecureBuild, Minimus und Bitnami.
Der folgende Abschnitt stellt verschiedene Alternativen zu Base-Image-Alternativen für diverse Runtimes sowie ein schlichtes Basis-Linux vor. Es handelt sich um typische Images, die Anwender im FROM
-Statement im Dockerfile angeben, um eigene Anwendungen darauf aufzubauen.
Bei der Recherche nach Alternativen empfiehlt es sich, folgende Auswahlkriterien zu berücksichtigen:
- Baut der Image-Maintainer die minimalen Images regelmäßig neu, z.B. alle paar Tage? Images, bei denen dies nicht der Fall ist, sollte man ignorieren. Der Docker Tag Monitor hilft dabei, die Rebuild-Frequenz bestimmter Image-Tags zu ermitteln (weitere Details finden sich in diesem Blogeintrag des Autors).
- Sind die Images kryptografisch signiert, z. B. mit Cosign? Falls nicht, lässt sich nicht überprüfen, ob das Image manipuliert wurde.
- Können Schwachstellenscanner (wie Trivy) die Komponenten korrekt identifizieren und mit Schwachstellendatenbanken abgleichen? Falls nicht, bleibt unklar, ob das minimale Image etwaige Schwachstellen enthält (siehe Teil 1 dieser Serie).
Alle im Folgenden vorgestellten Images erfüllen die Kriterien – andernfalls weist der Artikel auf Ausnahmen explizit hin. Die Tabelle unten bietet eine Übersicht der auf dem Markt verfügbaren Hersteller (Spalten 2-4) für die verschiedenen Use Cases (Spalte 1):
Image-Anbieter und Anwendungsfälle im Vergleich | ||||
Use case | Google Distroless | WolfiOS / Chainguard | Ubuntu Chiseled | Weitere |
Basis-Linux | ✅ (4 Varianten) | ✅ (2 gratis Varianten, 1 Bezahl-Variante die aber gratis selbst gebaut werden kann) | ⚠️ (nur bei Eigenbau) | — |
PHP | ❌ | ✅ (neueste Upstream-Version) | ❌ | — |
Python | ✅ (v3.11, kein ctypes Support) | ✅ (neueste Upstream-Version) |
✅ (v3.10, v3.12) ⚠️ (v3.13 bei Eigenbau für Ubuntu 25.04) |
— |
Java | ✅ (v17, v21) | ✅ (neueste Upstream-Version) | ✅ (v8, v11, v17, v21) | jlink |
C# / .NET | ❌ | ✅ (neueste Upstream-Version) | ✅ (.NET v6-10, von Microsoft) | — |
Node.js | ✅ (v20, v22) | ✅ (neueste Upstream-Version) |
⚠️ (v18, ist End-Of-Life ⚠️ (v20.18.1 bei Eigenbau für Ubuntu 25.04) |
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