Künstliche Intelligenz
Elektronische Patientenakte: Transparenz stärkt Vertrauen, Realitätscheck nötig
Datenschutzinformationen in patientenfreundlicher Sprache erhöhen die Bereitschaft, medizinische Daten in die elektronische Patientenakte (ePA) hochzuladen. Das zeigt eine neue Studie der Technischen Universität Berlin.
Datenschutzhinweise, die in der Studie verwendet wurden – mit der technikzentrierten Formulierung (links) und der patientenzentrierter Formulierung (rechts). Für die Veröffentlichung der Studie wurde das Material in englische Sprache übersetzt.
(Bild: Kalkreuth et al.)
In der Studie, an der 227 Probanden teilnahmen, wurden verschiedene Varianten sogenannter Privacy Fact Sheets (PFS), also kompakte Datenschutz-Infoblätter, getestet. Heraus kam dabei: Wer vor dem Upload medizinischer Befunde ein PFS mit einer patientenzentrierten Formulierung – bei Patienten direkter angesprochen wurden – sah, war viermal so häufig bereit, die sensiblen Daten in der ePA zu speichern. Bei einem systemzentrierten Text – bei dem hingegen die Patientenakte im Mittelpunkt steht – waren die Probanden hingegen deutlich zurückhaltender. Ob das Infoblatt kurz oder lang war, spielte hingegen keine Rolle.
Entscheidend ist laut Studie, dass Nutzer das Gefühl bekommen, selbst Kontrolle über ihre Daten zu haben. Demnach scheint „für die Entscheidung, Gesundheitsdaten in die elektronische Patientenakte hochzuladen, die wahrgenommene Kontrolle der Nutzer über ihre Daten entscheidend zu sein, die durch eine patientenzentrierte Gestaltung der Datenschutzrichtlinien maximiert wurde“. „Viele Menschen wollen ihre Gesundheitsdaten eigentlich sinnvoll nutzen, haben aber Angst vor Kontrollverlust. Unsere Studie zeigt, dass dieses Gefühl durch eine einfache Intervention vermieden werden kann und sie sich dadurch sicherer fühlen“, erklärt Niklas von Kalckreuth. Datenschutzhinweise direkt in der App – statt in schwer verständlichen AGB – könnten helfen, die Akzeptanz digitaler Gesundheitsanwendungen zu steigern.
Wirklichkeit hinkt hinterher
In der Realität ist es jedoch anders. Verbraucherschützer kritisierten zum Start der ePA fehlende Datenschutzmöglichkeiten und nicht ausreichende Informationen über die elektronische Patientenakte – vor allem nicht über die Risiken. Datenschützer warnten zudem davor, dass Versicherte nicht wissen, was mit der Patientenakte auf sie zukommt. Beispielsweise war vielen nicht klar, welche Auswirkungen der Paradigmenwechsel hat: Jeder erhält sie automatisch, es sei denn, er widerspricht – zuvor war es andersherum der Fall. Gleiches gilt für die geplante Ausleitung der Daten an das Forschungsdatenzentrum Gesundheit. Seit Jahren macht der CCC auf Sicherheitslücken bei der elektronischen Patientenakte aufmerksam, zuletzt auch bei Version 3.0 der elektronischen Patientenakte.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Unzulänglichkeiten der ePA, die das Vertrauen der Nutzer nicht gerade wachsen lassen. Patienten können nicht individuell steuern, welche Daten für welchen Arzt sichtbar sind. Mit dem neuesten Update sollen Versicherte immerhin entscheiden können, welche Ärzte alle Medikationsinformationen des digital gestützten Medikationsprozesses sehen können. Bisher war die Medikationsliste entweder für alle oder keine Einrichtung sichtbar oder verborgen. Ähnlich verhält es sich nach wie vor mit den übrigen Informationen in der ePA. Ein Arzt sieht entweder die gesamte Akte oder keine Daten. Außerdem ist die ePA weder nutzerfreundlich noch barrierefrei.
Störungen und Fehler
Schon vor dem offiziellen Start der „ePA für alle“ warnten Hersteller, dass das System nicht ausreichend getestet sei. Dennoch wurde sie – auf politischen Druck – mit großem Werbeaufwand eingeführt. Immer wieder kommt es zu Verzögerungen, unausgereifte Versionen werden veröffentlicht, Störungen und technische Fehler sind an der Tagesordnung. Die Telematikinfrastruktur, das digitale Rückgrat der ePA, kämpft seit Jahren mit Verfügbarkeitsproblemen.
Im Oktober wird die ePA für Ärzte zur Pflicht, bisher sind aber immer noch nicht alle Praxen gerüstet, nach wie vor treten Fehler auf. So kann es beispielsweise sein, dass Akten als nicht angelegt angezeigt werden, obwohl sie es sind und der Versicherte nicht widersprochen hat. Auch gab es Fälle, in denen Widersprüche technisch nicht korrekt verarbeitet wurden, was inzwischen nicht mehr der Fall ist.
Verunsicherung bei Ärzten
Für Verunsicherung bei Ärzten sorgte jüngst eine Datenschutzpanne beim Praxisverwaltungssystem T2med. Dort kam es in einer Praxis dazu, dass eArztbriefe versehentlich falschen Patientenakten zugeordnet wurden. Laut Hersteller ist das Problem inzwischen behoben, die Praxen wurden informiert und ein Update bereitgestellt.
Weniger transparent agierte hingegen der Softwareanbieter CGM: Wieder einmal funktioniert CGM-Software nicht mit RISE-Konnektoren. Während heise online Informationen über ein angekündigtes Update zur Fehlerbehebung vorliegen, erklärte sich die Pressestelle auf Anfrage ahnungslos.
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(mack)