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Explodierende Strompreise? Sonnen- und Windenergie vor Dilemma
Sonne satt, Wind in den Segeln – und dennoch bleibt Eure Stromrechnung hoch. Was steckt hinter dem Widerspruch aus niedrigeren Erzeugungskosten und explodierenden Strompreisen? Ihr kennt die Schlagzeilen: Immer mehr Windparks drehen ihre Runden und Solarfelder wachsen wie Pilze aus dem Boden. Also warum klappt das nicht mit dem günstigen Strom für alle? Das Geheimnis liegt in den Untiefen unseres Stromsystems. Klingt sperrig? Ist aber entscheidend: Denn auch wenn die Produktion mit Wind und Sonne inzwischen recht preiswert ist, sorgt ein strukturelles Problem dafür, dass Eure Rechnung noch lange kein Schnäppchen wird.
Das Grundlast-Dilemma: Warum Sonne und Wind nicht reichen
Im Idealfall liefern Photovoltaik und Windkraft beständig grüne Energie. Die Realität sieht anders aus. Beide Technologien unterliegen massiven Schwankungen – nachts produziert die Sonne erwartungsgemäß nichts, windstille Tage sorgen für Flauten bei der Windkraft. Experten sprechen dann von Dunkelflauten: Phasen, in denen der Ertrag aus Erneuerbaren über Tage oder Wochen nahezu gegen Null tendiert. Pumpspeicherkraftwerke und Batteriespeicher können diese Ausfälle zwar abfedern, schaffen das aber maximal für Stunden oder einzelne Tage. Das Netz benötigt jedoch permanent eine gewisse Grundlast, damit Laptops, Kühlschränke & Co. zuverlässig laufen – und zwar unabhängig vom Wetter. Flexibilisierungsmöglichkeiten sind begrenzt, denn nicht jeder Verbraucher kann spontan auf Strom verzichten.
Deshalb setzt Deutschland weiterhin auf klassische Grundlastkraftwerke, die einspringen, wenn Sonne und Wind passen. Diese Kapazitäten lassen sich nicht einfach per App skalieren, sondern müssen als Backup in der Hinterhand gehalten werden – oft auf Basis von Erdgas. Das führt zu einer paradoxen Situation: Obwohl mehr günstige erneuerbare Energie ins Netz fließt, bleibt der Systempreis insgesamt hoch, weil teure fossile Reservekraftwerke vorgehalten und betrieben werden müssen.
Pufferspeicher und Kraftwerksstrategie: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Natürlich bleibt der Wunsch, Dunkelflauten komplett speicherbasiert zu überbrücken. Dafür haben Energieversorger bereits ordentlich investiert: Modernisierungen von Pumpspeichern, der Bau großer Batteriespeicher und die Anbindung neuer Technologien wie Power-to-Gas. Sie helfen alle, kurzfristige Schwankungen aufzufangen. Doch für eine einwöchige Winter-Dunkelflaute stoßen die heutigen Stromspeicher schnell an ihre Grenzen. Die Speicher müssten um Größenordnungen wachsen, um Versorgungssicherheit dauerhaft zu garantieren – aktuell kaum finanzierbar und technologisch noch nicht in Griffweite.
Parallel dazu setzt der Bund auf den Bau neuer, schnell regelbarer Gaskraftwerke. Diese werden gebraucht, um die Netzstabilität sicherzustellen. Allerdings bleibt Erdgas für absehbare Zeit teuer und – besonders nach geopolitischen Erfahrungen der letzten Jahre – ein unsicherer Partner. Wir sind auf Importe angewiesen, sowohl was Preis als auch Verfügbarkeit betrifft.
Teure Alternativen: Kernkraft & Geothermie
Reißt es vielleicht die Kernenergie raus? Neue Atomkraftwerke sind in Deutschland politisch nicht gewollt, Renovierungen oder Neubauten würden zudem Jahrzehnte dauern und Milliarden verschlingen. Schließlich ist auch die sichere Endlagerung bis heute ungelöst. Geothermie, also Erdwärme, wäre ein anderes Ass im Ärmel, hätte Deutschland größere nutzbare Vorkommen und würde der Aufbau günstiger und schneller gelingen. Der Ausbau findet lokal statt, wird aber nicht in großtechnischem Maßstab zeitnah helfen. Daran ändern auch innovative Forschungsvorhaben wenig.
Was bleibt, ist der Wunschtraum von der Kernfusion – einer Energiequelle, die ähnlich wie unsere Sonne durch Verschmelzen von Atomkernen nahezu unbegrenzt und CO2-frei Strom liefern könnte. Doch auch Optimisten rechnen nicht vor 2050 mit marktreifen Kraftwerken. Bis dahin bleibt Erdgas unverzichtbar, um Versorgungssicherheit – und damit auch stabile Preise – zu gewährleisten.
Sind Wind- und Solarenergie die Preistreiber?
Hier liegt eine verbreitete Fehlannahme: Nicht die Erneuerbaren allein treiben den Strompreis nach oben. Im Gegenteil – ohne ihren Ausbau wären wir noch stärker auf teure fossile und somit preissensitive Energiequellen angewiesen. Ein niedrigerer Ausbaustand hätte die Abhängigkeiten von Importen und teuren Kraftwerken weiter befeuert. Zudem schlägt sich die Systemintegration der Erneuerbaren – etwa der Zwang, Reservekraftwerke bereitzustellen und Überschussstrom nicht immer sinnvoll speichern zu können – in Kosten nieder.
Der teure Strom entsteht also, weil wir ein „doppeltes Netz“ betreiben: flexible, günstig produzierende Erneuerbare einerseits, teure, aber nötige Backup-Kapazitäten andererseits. Echte Entspannung gäbe es nur mit massiver Speichertechnologie oder flexiblem Verbrauch. Beides steckt noch in den Kinderschuhen. Doch selbst dann benötigen wir zuverlässige Grundlastkraftwerke, um lange Dunkelflauten zu überbrücken.
Wie sieht die Stromzukunft für Euch aus?
Solange Speichertechnologien und Netzausbau nicht mit dem Tempo des grünen Ausbaus mithalten, bleibt der heimische Strompreis ein ziemlich unberechenbares Terrain. Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien ist kein Selbstläufer, sondern fordert hohe Investitionen. Ihr solltet daher damit rechnen, dass große Entlastungen auf der Stromrechnung noch einige Sommer dauern dürften. Eine nachhaltige Preissenkung wird frühestens Wirklichkeit, wenn wir strukturelle Herausforderungen wie die Speicherung und flexible Grundlast endgültig meistern – oder Innovationen wie die Kernfusion zu echten Alternativen werden. Bis dahin heißt es: Sparen könnt Ihr, aber auf günstigen Strom für alle müsst Ihr Euch noch gedulden.