Künstliche Intelligenz
Gegen sinnlose Zeit im Wartezimmer: Ein Start-up verspricht Abhilfe
Beim Start-up-Pitch der diesjährigen Herbsttagung der Krankenhaus-IT-Leiterinnen und -Leiter konnte sich Quickticket, Anbieter einer digitalen Lösung zur automatisierten Erfassung und Verwaltung von IT-Supporttickets in Krankenhäusern, gegen Felia (eine smarte Praxisassistentin), QuickGuide (ein KI-Assistent für klinisches Wissen), SmapOne (eine No-Code-Plattform zur schnellen Erstellung individueller Krankenhaus-Apps), Fluint Health (eine Interoperabilitäts- und Datenintegrationslösung für klinische Systeme) und SmartArzt (ein KI-Tool zur Dokumentation mit Spracheingabe) präsentieren und die Jury überzeugen.
Quickticket ist eine Software, über die Patienten ein digitales Ticket erhalten. Dieses Ticket zeigt ihnen in Echtzeit, an welcher Stelle sie beim Arzt aktuell dran sind, sodass sie ihre Wartezeit flexibler gestalten können. Damit entfällt langes Warten vor Ort, und Patienten können ihre Zeit besser nutzen, während sie dennoch jederzeit zuverlässig informiert bleiben. Darüber, welche Herausforderungen Quickticket seit seiner Gründung vor vier Jahren bewältigt hat und über Wartezeiten beim Arzt haben wir mit der Gründerin des Start-ups, Katharina Feiertag, gesprochen.
Katharina Feiertag kam die Idee zu Quickticket während des Studiums.
(Bild: Quickticket)
Wie ist die Idee zu Quickticket entstanden?
Die Idee kam ursprünglich von meinem Geschäftspartner. Er wollte ein System entwickeln, das in der Gastronomie vorhersagt, wann ein Tisch frei wird. Ich habe damals Gesundheitsinformatik studiert und dachte: Im Gesundheitswesen ist das Warten ein noch größeres Problem und betrifft Menschen in oft belastenden Situationen. So entstand Quickticket, eine Lösung, die Patient:innen in Echtzeit zeigt, wann sie voraussichtlich dran sind und Wartezeit besser planbar macht.
In welchen Ländern ist Quickticket aktuell im Einsatz?
Wir sind derzeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv. Wir haben mit Haus- und Kinderärzten gestartet. Inzwischen wird das System auch in MVZ (medizinischen Versorgungszentren) und in Schweizer Spitälern erfolgreich eingesetzt.
Planen Sie eine Expansion über die DACH-Region hinaus?
Aktuell nicht. Der deutschsprachige Markt bietet noch sehr viel Potenzial. Übersetzungen sind bereits integriert, die technische Basis für eine Internationalisierung ist also vorhanden. Dennoch konzentrieren wir uns bewusst darauf, in dieser Region tiefer zu wachsen und unsere bestehenden Märkte nachhaltig zu betreuen.
Wann wurde Quickticket gegründet?
Die Gründung war im Juni 2021, nachdem wir etwa anderthalb Jahre an der Idee gearbeitet hatten. Die ersten Überlegungen reichen bis Anfang 2020 zurück. Besonders spannend war für uns während der Recherche herauszufinden, dass je länger Patient:innen warten, desto stärker das Bedürfnis ist, dass sich die Wartezeit „gelohnt“ hat – was auch wissenschaftlich belegt ist. Durch unsere eigenen Umfragen und Statistiken sehen wir, dass Patient:innen die Wartezeit mit Quickticket sinnvoll nutzen können und Arztgespräche dadurch effizienter und kürzer werden.
Welche Herausforderungen gab es seitdem?
Das Gesundheitswesen ist kein einfacher Markt, weil viele IT-Strukturen veraltet sind und Digitalisierung dort häufig auf Skepsis stößt. Eine besondere Herausforderung war Ende 2022 eine Sicherheitslücke, durch die Patientendaten potenziell abrufbar waren, eine schwierige, aber lehrreiche Situation. Der Vorfall war für uns ein Weckruf. Wir haben sofort reagiert, um den Schaden einzugrenzen, eine interne Untersuchung durchgeführt und alles umfassend dokumentiert.
In der Folge haben wir unsere Prozesse professionalisiert, ein Datenschutz-Notfallkonzept entwickelt und technische sowie organisatorische Maßnahmen deutlich verschärft. Heute verfügen wir über klare Sicherheitsrichtlinien, regelmäßige externe Prüfungen und ein etabliertes Krisenmanagement, das Sicherheit auf höchstem Niveau gewährleistet.
Wie läuft der Umgang mit solchen Vorfällen in Österreich ab?
Die Abläufe sind im Prinzip mit Deutschland vergleichbar. Nach Bekanntwerden einer Sicherheitslücke werden zunächst Sofortmaßnahmen zur Absicherung getroffen. Gleichzeitig besteht die Pflicht, den Vorfall zu dokumentieren und gemäß Art. 33 DSGVO innerhalb von 72 Stunden an die österreichische Datenschutzbehörde zu melden. Unsere interne Leitlinie sieht vor, die Meldung unverzüglich vorzunehmen, auch dann, wenn die Behebung noch im Gange ist. Eventuelle Ergänzungen reichen wir nach. Grundsätzlich gilt: lieber zu früh als zu spät melden. Parallel ziehen wir unsere externen Sicherheitsexpert:innen hinzu, um ein unabhängiges Security-Audit durchzuführen. Besteht ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen, was bei Patientendaten nahezu immer der Fall ist, werden die betroffenen Personen umgehend informiert. Wir bei Quickticket haben dafür heute ein klares, dokumentiertes Verfahren mit externer Unterstützung und Vier-Augen-Prinzip etabliert.
Wie unterstützen Sie die Arztpraxen bei Datenschutzfragen?
Wir stellen Vorlagen für Datenschutzerklärungen zur Verfügung und beraten, wie Quickticket datenschutzkonform eingebettet wird. Die Praxen entscheiden dabei selbst, welche Daten sie erfassen. Unser Ziel ist, Transparenz und einfache Umsetzung zu gewährleisten.
Wie soll sich Quickticket in Zukunft weiterentwickeln?
Wir wollen beim Thema „Warten“ bleiben und keine komplette Patientenverwaltungssoftware werden. Der Fokus liegt darauf, die Patientenkoordination weiter zu verbessern. Bereits jetzt sehen Praxen, MVZ und Spitäler einen Forecast, welche Patienten mit welchen Anliegen zu welcher Zeit in die Einrichtung kommen werden. Künftig sollen die Funktionen, die innerhalb des Warteprozesses gut Platz haben, in den Workflow integriert werden (Informationsbereitstellung, div. Abfragen, Dokumentenaustausch, etc.) – selbstverständlich im Rahmen des Datenschutzes.
Könnten Sie sich vorstellen, das Unternehmen zu verkaufen, falls ein Investor anklopft?
Ein Verkauf steht für uns nicht im Raum. Wir möchten Quickticket eigenständig weiterführen und mit unseren Kund:innen gemeinsam wachsen, mit einem klaren Fokus auf nachhaltiges Wachstum und Kundennähe. Eine Partnerschaft käme nur infrage, wenn sie unseren Praxen und Spitälern echten Mehrwert bietet.
(mack)