Künstliche Intelligenz
Gesichtserkennung: Wie KI darüber entscheiden könnte, wer eingestellt wird
Kann KI allein anhand der Gesichtszüge einer Person erkennen, ob sie vertrauenswürdig ist? Eine Studie der University of Pennsylvania kommt zu dem Ergebnis, dass KI tatsächlich bestimmte Eigenschaften von Menschen prognostizieren kann, indem sie ihre Gesichtsmerkmale analysiert. Dazu sollen auch Merkmale gehören, die mit beruflichem und finanziellem Erfolg in Verbindung stehen – wie Offenheit oder Vertrauenswürdigkeit.
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Was sagt das Gesicht über den Charakter aus?
Nach Einschätzung der Forscher ist das Humankapital, eine Kombination aus kognitiven Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen, entscheidend für den Erfolg auf dem Arbeitsmarkt. Bisher war es allerdings schwer, die Persönlichkeitskomponente systematisch zu erfassen. Das Forschungsteam hat deshalb jetzt ein KI-System entwickelt, das auf früheren Studien zur Persönlichkeitsbestimmung anhand von Gesichtszügen basiert. Für die Analyse wurden LinkedIn-Profilfotos von rund 96.000 MBA-Absolventen ausgewertet, um fünf Persönlichkeitsmerkmale abzuleiten: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus.
Im nächsten Schritt prüften die Forscher anhand der LinkedIn-Profile, wie sich die beruflichen Werdegänge dieser Personen tatsächlich entwickelt hatten. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass es statistische Zusammenhänge zwischen den Merkmalen, die von der KI identifiziert wurden, und dem späteren beruflichen Erfolg gibt. So sei Extraversion demnach der stärkste Faktor, von dem sich ein hohes Einkommen ableiten lasse, während ein hoher Wert bei Offenheit eher gegen eine überdurchschnittliche Vergütung spricht.
Auch in Deutschland wird Gesichtserkennung genutzt
Gesichtserkennungstechnologien sind längst keine Neuheit mehr. Wie Futurism berichtet, kommt sie insbesondere in der Strafverfolgung zunehmend zum Einsatz. In den USA werden beispielsweise Führerscheine per Gesichtserkennung geprüft und die britische Metropolitan Police meldete kürzlich eine Rekordzahl an Festnahmen, die durch neue KI-basierte Systeme ermöglicht worden seien. Diese Einsatzfelder sind sehr umstritten, da sie erhebliche Risiken für Diskriminierung bergen. Die Studie der University of Pennsylvania deutet jetzt darauf hin, dass der Einsatz solcher Technologien in Zukunft weit über die Strafverfolgung hinausreichen könnte. Sie könnte eingesetzt werden, um darüber zu entscheiden, wer einen Kredit, eine Wohnung oder einen Arbeitsvertrag erhält – allein basierend auf dem Gesicht.
In Deutschland unterliegt die Technologie strengen rechtlichen Grenzen. Biometrische Gesichtserkennung gilt als erheblicher Eingriff in das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung. Trotzdem gibt es auch hierzulande erste Pilotprojekte. Wie Netzpolitik.org berichtet, testet die Polizei jetzt am Frankfurter Hauptbahnhof, der als Problemviertel bekannt ist, den Einsatz automatischer Gesichtserkennung. Dabei werden alle Personen erfasst, die den überwachten Bereich passieren. Die Systeme gleichen die Aufnahmen mit zuvor eingespeisten Bildern gesuchter Personen ab. Erlaubt ist das allerdings nur dann, wenn ein amtsgerichtlicher Beschluss vorliegt.
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Wo sollten die ethischen Grenzen liegen?
Trotz des generell fragwürdigen Studienaufbaus merken auch die Forscher der University of Pennsylvania an, dass der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware – beispielsweise im Bewerbungsprozess – ethisch problematisch ist. Sie glauben, dass die verbreitete Einführung dieser Technologie „Einzelpersonen dazu motivieren könnte, ihre Gesichter mithilfe von Software zu retuschieren oder sogar ihr tatsächliches Aussehen durch kosmetische Eingriffe zu verändern“, um zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt erfolgreicher zu sein.
Dieser Beitrag ist zuerst auf t3n.de erschienen.
(jle)