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Holzheizung könnte bald nicht mehr grün sein!
Ein vertrautes Heizsystem steht plötzlich am Pranger. Laut einer neuen Einschätzung des Umweltbundesamts soll Holz nicht länger als klimaneutral gelten. Was steckt hinter dieser Entscheidung – und was bedeutet sie für Millionen von Euch?
Holz galt bislang als Inbegriff der Nachhaltigkeit. Doch laut Umweltbundesamt ist das nur bedingt richtig – mit potenziell weitreichenden Folgen für mehr als 11 Millionen Heizungen in Deutschland. Viele von Euch setzen beim Heizen auf Holz oder Pellets, weil Ihr damit unabhängig bleiben wollt – und weil es sich einfach richtig anfühlt, mit einem nachwachsenden Rohstoff zu heizen. Doch genau dieses Selbstverständnis gerät jetzt ins Wanken. Eine neue Analyse im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) zieht die Klimaneutralität von Holzenergie ernsthaft in Zweifel. Die Aufregung ist groß – und das aus gutem Grund.
Das Umweltbundesamt rüttelt an einem Grundpfeiler der Energiewende
Das UBA hat das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) mit einem juristischen Kurzgutachten zur „Klimawirkung der energetischen Holznutzung“ beauftragt. Dessen Ergebnis sorgt für Sprengstoff: Strom und Wärme aus Holz sollen demnach nicht uneingeschränkt als erneuerbare Energien im Sinne der Pariser Klimaziele gelten. Der Grund: Es fehle an einer einheitlichen Definition, was überhaupt als nachhaltige Biomasse zu werten sei.
Damit stellt das Umweltbundesamt eine ganze Branche infrage. Denn Holz und seine Derivate – etwa Pellets oder Hackschnitzel – gelten in Deutschland bislang als zentrale Säule der Wärmewende. In Millionen Haushalten sorgen sie für Wärme und gelten als klimafreundliche Alternative zu Öl und Gas. Doch laut UBA soll das künftig nur noch dann gelten, wenn strenge Nachhaltigkeits- und Treibhausgas-Kriterien erfüllt sind – etwa durch zertifizierte Waldbewirtschaftung oder lückenlose Herkunftsnachweise.
Die Idee der Kaskadennutzung – Holz mehrfach verwenden, bevor es im Ofen landet
Ein zentraler Punkt der UBA-Analyse ist die sogenannte Kaskadennutzung. Das Prinzip dahinter: Holz soll so lange wie möglich stofflich genutzt werden, bevor es am Ende seines Lebenszyklus verbrannt wird. Praktisch bedeutet das: Erst wird es zu Bauholz, Möbeln oder Werkstoffen verarbeitet. Wenn diese Produkte nicht mehr genutzt werden können, kann das Material weiterverwendet werden – etwa für Spanplatten oder Papier. Erst danach steht die energetische Nutzung, also das Verbrennen, um Wärme oder Strom zu erzeugen.

Auf diese Weise bleibt das im Holz gespeicherte CO₂ länger im Umlauf und ersetzt mehrfach fossile Ressourcen. Dieses Prinzip gilt seit Jahren als Leitlinie nachhaltiger Holzwirtschaft. Das Umweltbundesamt argumentiert nun jedoch, dass das allein nicht ausreiche, um die Klimawirkung von Holz als neutral einzustufen. Denn insbesondere, wenn große Mengen an Pellets oder Hackschnitzeln über weite Strecken transportiert werden, verschlechtert das die Bilanz erheblich. Transporte über den Atlantik – etwa von Nordamerika nach Europa – verursachen erhebliche Emissionen, die bei der Gesamtbewertung oft unter den Tisch fallen.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Regional geschlagenes Holz bleibt klimafreundlicher, da die Transportwege kurz sind. Doch Holz generell die Nachhaltigkeit abzusprechen, halten viele Fachleute für zu pauschal.
Empörung in der Holzenergie-Branche
Beim Fachverband Holzenergie (FVH) stößt die Einschätzung auf scharfe Kritik. Die Vorsitzende Marlene Mortler spricht topagrar gegenüber von einer „ideologisch motivierten Veröffentlichung“, die in die Hände der fossilen Energiewirtschaft spiele. Das Umweltbundesamt mache damit, so Mortler, „den Job der fossilen Energiewirtschaft“ im Kampf gegen die Holzindustrie.
Der Verband weist darauf hin, dass Holzenergie im vergangenen Jahr rund 32 Millionen Tonnen CO₂ eingespart habe – allein durch den Ersatz fossiler Energieträger. Zahlen, die das UBA selbst ermittelt und zur Verfügung gestellt hat. Holz, so die Argumentation, sei und bleibe ein wichtiger Bestandteil der Wärmewende. Neue Regulierungen würden das Gegenteil bewirken: mehr Bürokratie, weniger Investitionen und eine Verunsicherung der Verbraucher, die gerade erst Vertrauen in klimafreundliche Heizformen gefasst haben.
Das UBA verteidigt sich mit dem Hinweis, man wolle klare Standards schaffen, keine Panik verbreiten. Die Verantwortung liege darin, die Holzverwendung besser zu regulieren, um Missbrauch und unfaire Subventionierung zu verhindern. Doch in der Praxis dürfte genau das eintreten, was viele fürchten: ein unübersichtlicher Regeldschungel, der eher abschreckt, als hilft.
Wenn Holz nicht mehr als nachhaltig gilt – drohen massive Folgen
Die Einschätzung des Umweltbundesamts könnte weitreichende Konsequenzen haben – sowohl für Hausbesitzer als auch für Betriebe. Sollte Holz offiziell nicht mehr als nachhaltiger Energieträger gelten, könnte das auch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) betreffen. Dieses verlangt, dass Heizsysteme zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Wird Holz diese Eigenschaft abgesprochen, verlieren Millionen Heizungen ihre gesetzliche Grundlage.
In der Praxis hieße das: Nur noch Holz oder Pellets, die nachweislich aus nachhaltiger, meist lokaler Produktion stammen, könnten verwendet werden. Und das dürfte teuer werden. Denn Importe aus dem Ausland, die bislang einen großen Teil des Pelletmarktes abdecken, fielen dann als günstige Option weg. Auch Industrieanlagen, die große Mengen Holz oder Holzreste nutzen, wären betroffen.
Damit wächst das Risiko eines Dominoeffekts: höhere Brennstoffpreise, Unsicherheiten bei der Förderung und Verunsicherung unter den Holzheizungsbesitzern. All das, während viele Haushalte gerade erst in Holzheizungen investiert haben – in gutem Glauben, etwas Nachhaltiges zu tun.
Ein Schritt in Richtung Klarheit – oder ein Eigentor?
Das Umweltbundesamt betont, es gehe nicht darum, Holzenergie abzuschaffen, sondern ihre Rolle im Klimaschutz neu zu bewerten. Doch der Zeitpunkt und die Tonlage der Veröffentlichung lassen viele zweifeln. Nach der Verunsicherung um das Heizungsgesetz könnte die aktuelle Diskussion das Vertrauen in die Wärmewende erneut erschüttern.
Holz war lange das Symbol für eine greifbare Energiewende im Alltag – warm, regional, bezahlbar. Wird diese Säule nun wackelig, droht mehr als nur eine politische Diskussion: Es geht um Glaubwürdigkeit. Und um die Frage, wie Deutschland künftig mit einem Rohstoff umgeht, der seit Jahrhunderten Teil seiner Energiegeschichte ist.
Was Ihr als Holzheizungsbesitzer jetzt wissen solltet
Noch ist nichts entschieden. Das Gutachten ist eine Einschätzung, keine Gesetzesänderung. Dennoch ist klar: Die Diskussion hat begonnen, und sie wird nicht schnell verstummen. Informiert Euch, achtet auf regionale Herkunft und Zertifizierungen Eures Brennstoffs – und verfolgt die Debatte aufmerksam.
Eines steht fest: Wer mit Holz heizt, steht künftig mehr im Fokus – und muss sich darauf einstellen, dass Nachhaltigkeit vielleicht nicht mehr selbstverständlich anerkannt wird. Ob das sinnvoll ist oder nicht, wird sich zeigen. Aber eines ist sicher: Diese Diskussion wird die Heizpolitik in Deutschland noch lange beschäftigen.