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How-to: Strategie: So finden Marketer zurück zu bewusster Strategiearbeit
Zwischen Klick-Logik und Buzzword-Bingo ist Strategie auf der Strecke geblieben. Es ist Zeit für eine Rückbesinnung auf Klarheit, Wirkung und echtes Markenhandwerk, findet Peter Kiefer, Geschäftsführer der Strategieberatung Punch.
Das letzte Jahrzehnt im Marketing war ein einziger FOMO-Rausch: Neues Tool? Muss her. Neuer KPI? Sofort implementieren. Neues Buzzword? Rein in die Slides. Neuer Trend? Auf jeden Fall mitmachen. Strategie? Zu langsam, zu altbacken, zu 2010. Man kann doch ohnehin zig unterschiedliche Richtungen per A/B-Test ausprobieren, warum sich also auf eine festlegen?
Weniger Bullshit, mehr Klarheit
Strategie beginnt mit der Frage: „Was läuft hier eigentlich schief?“ Dafür braucht es eine fundierte Diagnose. Folglich ist es an der Zeit, zu Disziplin, Struktur und der eigentlichen Aufgabe von Marketing zurückzukehren. Dafür sollte auch KI zum Einsatz kommen. Denn richtig genutzt erlaubt uns KI, qualitative und quantitative Forschung zu vereinen. Wir können offene Antworten aus quantitativen Studien auswerten, Category Entry Points – also Situationen, Bedürfnisse oder Trigger, in denen eine Marke für eine Kaufentscheidung präsent sein muss – sauberer analysieren und echte Insights generieren.
Dennoch darf es nicht „AI first“ heißen, wenn es darum geht, Märkte zu verstehen, Zielgruppen zu segmentieren, Positionierungen zu entwickeln und Marken aufzubauen, die im Kopf bleiben und im Warenkorb landen. Sondern „brain first, AI powered“: Der Mensch führt und KI unterstützt dabei.
Media: Weniger Performance, mehr Wirkung
Die größte Tragödie der letzten Jahre? Media-Entscheidungen, getroffen auf Basis von Klicks und TKPs. Fakt ist: Attribution – also der Versuch, einzelnen Kanälen den Erfolg zuzuschreiben – und A/B-Tests sind keine Strategie.
Auch um Attention-Metriken zu erfassen, gibt es entsprechende Tools wie bspw. Amplified. So lässt sich herausfinden, wieviel Aufmerksamkeit Konsumenten der Werbung in einem bestimmten Kanal schenken. Im Vergleich zu den Mediabudgets, die ansonsten wirkungslos verblassen, sind die Kosten für solche Tools geradezu lächerlich gering. Wer also heute seinen Mix nicht strategisch plant, sondern blind dem günstigsten Kanal folgt, verliert morgen seinen Marktanteil.
Positionierung: Wenn man eine PowerPoint braucht, um sie zu erklären hat man schon verloren
Viele Marken sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie die eigentlichen Adressaten – nämlich die Konsumenten – mitunter vergessen. Dies zeigt sich in Brand Books, die wirklich alles festlegen: Mission, Vision, Purpose, Positionierungs-Manifeste, Tonalität, rationale und emotionale Benefits. Nicht einmal die internen Teams können sich das alles merken, Konsumenten natürlich erst recht nicht.
Dafür gibt es einen realitätsnahen Test: Man geht in eine Kneipe. Und nach drei Bier erzählt man einem Unbeteiligten die Marken-Positionierung. Kein ausdrucksloses Gesicht oder bohrende Nachfragen? Super. Die Positionierung kommt auch im realen Leben an.
Konsistenz & Brand Codes: Die Schlüssel zur Wirksamkeit
Um für Wachstum zu sorgen, müssen sich Marken nicht ständig neu erfinden. Viel wichtiger ist, dass sie wiedererkennbar sind und es über Jahre auch bleiben. Entsprechend gilt es, Kampagnen zu kreieren, die aussehen, klingen und sich anfühlen wie die Marke, für die sie gemacht wurden. Dies gelingt über Brand Codes und Konsistenz.
Brand Codes – etwa Farben, Logos, Musik, Bildwelten, Sprachstil – sind keine Deko. Sie sind Gedächtnisstützen. Sie entscheiden, ob wir in Sekundenbruchteilen erkannt werden. Bestes Beispiel: Das ikonische „ba-da-ba-ba-baaa“. Wer jetzt nicht Lust auf einen Burger bekommen hat, ist entweder zu jung, Vegetarier – oder immun gegen exzellentes Audio-Branding. Das Wichtigste bei Brand Codes? Research. Es gilt zu verstehen, welche Codes einer Marke wirklich zugeschrieben werden. Von echten Menschen. Nicht von Marketern.
Je länger sich eine Marke selbst treu bleibt, umso einfacher macht sie es Menschen, die Marke zu erkennen.
Konsistenz wiederum hat einen Zinseszins-Effekt: Je länger sich eine Marke selbst treu bleibt, umso einfacher macht sie es Menschen, die Marke zu erkennen. Konsistenz heißt dabei nicht, immer und immer wieder dasselbe zu tun. Sondern sich im Stil und in den Brand Codes treu zu bleiben. Geht es also darum, eine neue Markenkampagne zu beurteilen, sollten Marketer diese bestenfalls neben der bisherigen Kampagne betrachten. Fügt sich die neue Kampagne wortwörtlich ins Bild ein, ist man auf dem richtigen Weg. Ist dagegen ein Bruch zu erkennen, sei es im Thema oder in der Darstellung, wäre nachzujustieren.
Die eigentliche Transformation beginnt im Kopf
Tools kommen und gehen. Hypes auch. Was bleibt, ist die Notwendigkeit, strategisch zu denken: strukturiert, bewusst und mit einer gehörigen Portion Mut. Denn wer heute Strategie richtig macht, ist kein Nostalgiker. Sondern Rebell in einem Markt voller Opportunisten.