Datenschutz & Sicherheit

Internationaler Strafgerichtshof kickt Microsoft aus seiner Verwaltung


Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) will Microsoft-Anwendungen aus seiner Verwaltung verbannen und stattdessen die Open-Source-Lösung openDesk nutzen. Entwickelt hat diese das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) in Deutschland, eine GmbH des Bundes, die 2022 auf Initiative des Bundesinnenministeriums gegründet wurde.

Die Entscheidung des IStGH hängt laut einem Bericht des Handelsblatts mit einem Vorfall im Mai zusammen. Damals konnte der Chefankläger Karim Khan nicht mehr auf sein E-Mail-Postfach zugreifen, das Microsoft bereitstellte. Microsoft-Präsident Brad Smith widersprach daraufhin Anschuldigungen, wonach der US-Konzern Dienstleistungen für den IStGH eingestellt oder ausgesetzt habe.

Wenige Wochen zuvor, im Februar dieses Jahres, hatte US-Präsident Donald Trump US-Sanktionen gegen Khan erlassen. Hintergrund sind Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und dessen früheren Verteidigungsminister Joaw Gallant, die der Gerichtshof beantragt hatte.

EU-Initiative für öffentlich genutzte Software

Die Entscheidung des IStGH wirft ein Licht auf ein seit Jahrzehnten bestehendes Problem: die Abhängigkeit der digitalen öffentlichen Infrastruktur von IT-Konzernen wie Microsoft, Oracle, Google und Amazon. Vor allem Microsofts Bürosoftware ist für Behörden meist die erste Wahl: Outlook für E-Mails, Teams für Videokonferenzen und Word als Schreibprogramm.

Um der Dominanz von Microsoft-Produkten vor allem in öffentlichen Behörden etwas entgegenzusetzen, arbeiten Frankreich, die Niederlande, Italien und Deutschland schon länger zusammen. Sie wollen europäische IT-Lösungen als Teil einer gemeinsamen IT-Infrastruktur mit offenen Standards fördern. Am Mittwoch bestätigte die EU-Kommission die Gründung eines „Digital Commons European Digital Infrastructure Consortium“ (EDIC), mit dem die Partnerländer in digitale Gemeingüter investieren wollen.

In Deutschland arbeiten die Sovereign Tech Agency und das ZenDiS an diesem Ziel. Auch die Bundesregierung unterstützt die Initiative. Thomas Jarzombek, Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung, begrüßte die Entscheidung der Kommission: „Wir fördern offene Technologien und bauen eine gemeinsame digitale Infrastruktur.“ Nicht nur die an dem Konsortium beteiligten Länder sind von openDesk überzeugt. Auch die Schweiz, Tschechien und weitere EU-Nachbarn haben Interesse geäußert.

Bundesregierung hält sich zurück

Die Bundesregierung selbst setzt openDesk bislang kaum ein. Dabei ist gerade die Bundesverwaltung stark von Microsoft-Anwendungen abhängig. Dass der IStGH nun openDesk nutzt, könnte dies ändern. Zumindest zeige der Fall, dass es Lösungen gibt, sagt Sonja Lemke, Sprecherin für Digitale Verwaltung und Open Government der Bundestagsfraktion Die Linke. Sie fordert die Bundesregierung dazu auf, die eigene Verwaltung konsequent flächendeckend auf openDesk umzustellen.

Gleichzeitig mahnt Lemke an, endlich den Beitritt der Länder zum ZenDiS zu ermöglichen. Damit könnten auch die Landes- und kommunalen Verwaltungen openDesk nutzen. Bislang hat der Bund eine Länderbeteiligung nicht zugelassen, obwohl Schleswig-Holstein, Berlin und Thüringen schon im September 2022 Beitrittsgesuche gestellt hatten.

Am Ende würde die Verwaltung auch viel Geld für Lizenzkosten sparen, so Lemke. „Das Auftragsvolumen für das bundeseigene ZenDiS bewegt sich im einstelligen Millionenbereich.“ Für Microsoft-Lizenzen zahlen allein der Deutsche Bundestag sowie sämtliche Ministerien jährlich rund 200 Millionen Euro.



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