Entwicklung & Code

KI Navigator #13: Künstliche Intelligenz überholt das Daily


Willkommen zur dreizehnten Ausgabe der KI-Navigator-Kolumne der DOAG KI Community!




Dr. Konstantin Hopf leitet die Data-Analytics-Forschungsgruppe am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Energieeffiziente Systeme der Universität Bamberg. In industrienahen Forschungsprojekten entwickelt er betriebliche Anwendungen maschineller Lernverfahren. Er erforscht zudem Konzepte für das strategische Management von KI-Initiativen und Data-Science-Teams. Seine Forschungsergebnisse erscheinen in führenden Zeitschriften und Tagungsbänden der Wirtschaftsinformatik, aber auch in der Fach- und Tagespresse.




Jun.-Prof. Dr. Karoline Glaser ist Juniorprofessorin für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Management Analytics an der Technischen Universität Dresden. In ihrer Forschung untersucht sie die Entwicklung und Nutzung von Informationssystemen im Unternehmenskontext. Unter anderem fokussiert sie dabei die Integration von künstlicher Intelligenz, um zu verstehen, wie diese Technologien Interaktionen neu gestalten. Ihre Forschungsergebnisse sind in führenden Konferenzberichten der Wirtschaftsinformatik erschienen, darunter die International Conference on Information Systems.




Daniel Dorsch leitet das Team „Agile Organisation“ bei der QualityMinds GmbH. Dabei beschäftigt ihn seit mehr als einem Jahrzehnt die Fragestellung, wie Menschen in der besten Art und Weise zusammenarbeiten, um gemeinsam Großes zu vollbringen. Seine Schwerpunkte liegen in der Etablierung und Weiterentwicklung von (agilen) Teamstrukturen und Organisationseinheiten, moderner Führung sowie dem Management von Unternehmenstransformationen.

Generative KI-Tools helfen Einzelnen dabei, Texte zu schreiben, zu programmieren oder Bilder zu erstellen. Aber sie verändern auch, wie Teams zusammenarbeiten. Intelligente Agenten können künftig komplette Aufgabenbereiche in Teams übernehmen und Aufgaben nach Expertise zuweisen, die nächsten Arbeitsschritte aus Diskussionen ableiten oder Softwaretests generieren.

Das stellt bewährte Methoden des Projektmanagements und der Softwareentwicklung auf den Prüfstand. KI-basierte Systeme unterscheiden sich grundlegend von bisheriger Software: Statt klar definierter Regeln im Programmcode treffen probabilistische Modelle teils unsichere Vorhersagen. Das Regelwerk der Modelle kann sich über die Zeit verändern, wenn die ML-Verfahren neue Zusammenhänge in den Daten aufdecken.

Die Ergebnisse der Systeme sind heute schon teilweise besser als die von Menschen. So wird der Einsatz von KI in der Softwareentwicklung zum „Outsourcing Deluxe“. Eine Herausforderung dabei ist, dass KI-basierte Systeme komplex und teils mit unseren menschlichen Ansätzen nicht erklärbar sind.




(Bild: DOAG)

Die Konferenz KI Navigator zeigt am 19. und 20. November in Nürnberg die Anwendung von KI in den Bereichen IT, Wirtschaft und Gesellschaft. Die von DOAG, heise conferences und de’ge’pol ausgerichtete Veranstaltung bietet gut 100 Sessions. Bis zum 1. Oktober sind Tickets zum vergünstigten Frühbucherpreis von 990 Euro (zzgl. MwSt.) verfügbar.

All das hat Auswirkungen auf die Arbeitsweise in Teams. Sogar agile Arbeitsansätze wie Scrum geraten unter Druck – nicht, weil die Methoden überholt sind, sondern weil die Teams sie an die neuen Bedingungen anpassen müssen.

Um diese Veränderung besser zu verstehen, haben wir Experten aus dem Bereich Agilität und Data Science zusammengebracht und den Einfluss von KI auf Agilität erörtert. Die ersten Ergebnisse dieses Erfahrungsaustauschs zeigen wir in dieser Ausgabe der KI-Kolumne.

Der Workshop „Macht KI mein Scrum kaputt? Wie Künstliche Intelligenz Agilität verändert“ fand im November 2024 in Nürnberg in den Räumen von QualityMinds statt. Nach zwei Impulsvorträgen zu KI-Systemen und agilen Methoden teilten sich die gut 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Communitys der Agilisten und der Data Scientists in drei Gruppen auf und diskutierten nach der 1-2-4-All-Methode, bei der schrittweise die Zahl der an der Diskussion Beteiligten steigt. Unser Dank geht an Manuel Illi und Ursula Maichen, die diesen Workshop mit uns geplant, moderiert und durchgeführt haben.

In den vergangenen Jahren galten agile Methoden als Wundermittel, um komplexe Probleme zu lösen und mit den rasanten Veränderungen am Markt bezüglich Kundenanforderungen und Technologie mithalten zu können. Methoden wie Scrum operationalisieren agile Prinzipien in der Teamarbeit und sollen Unternehmen befähigen, Veränderungen zu antizipieren und darauf zielgerichtet zu reagieren. Im weiteren Verlauf legt dieser Artikel den Fokus auf Scrum, genauer gesagt die agilen Events und Rollen innerhalb des Scrum-Frameworks.

In der Theorie scheint es, als würden agile Methoden und KI wunderbar zusammenwirken. Sowohl KI-Projekte als auch die agilen Methoden fordern ein hypothesengetriebenes, iterativ-inkrementelles Arbeiten und ermöglichen eine Fehlerkultur. Trotzdem oder gerade deshalb entbrannte im Rahmen unseres Workshops eine rege Diskussion zwischen den Agilisten und den stärker explorativ arbeitenden Data Scientists, die sich in zwei Richtungen entwickelte.

Die erste Richtung drehte sich um die Frage, wie KI dabei helfen kann, agile Produktentwicklung zu optimieren. In der Softwareentwicklung ist beispielsweise nicht jede Tätigkeit komplex, sondern viele Aktivitäten sind gut einschätzbar und planbar. Das führt in der Praxis dazu, dass Sprintziele oft mit konkreten Features oder Aufgaben gleichgesetzt werden und somit der Fokus häufig auf gesteigerter Effizienz liegt: mehr Software in weniger Zeit. Im Rahmen der KI-Navigator-Kolumne haben Semjon Mössinger und Bastian Weinlich fünf Stufen der KI-Nutzung in der Softwareentwicklung beschrieben. Für nahezu jede Aktivität in der Softwareentwicklung gibt es bereits Tools, um den Prozess (teilweise) zu automatisieren. Die folgende Tabelle nennt einige Beispiele von KI-Anwendungen im Softwareentwicklungsprozess.

Softwareentwicklungsprozess KI-Unterstützung (Beispiele)
Anforderungsanalyse Generieren von Ideen und Mockups, Transkription von Besprechungen
Planung und Analyse Backlog-Generierung und Analyse
Design und Architektur Generierung von Architekturmodellen, Simulationen und Gap-Analysen
Implementierung Copiloten und Vibe-Coding
CI und Testen Test-Case-Generierung, Testautomation, Generierung von Infrastructure as Code 
Review und Feedback  KI-Agenten für Feedback (intern)
Deployment  Agenten für Infrastructure as Code
Monitoring und Wartung AIOps-Werkzeuge, Incident Prediction, Chatbots für First-Level-Support
Nutzerfeedback und Auswertung KI-Agenten für Feedback (extern)
Kontinuierliche Verbesserung Empfehlungssysteme

Die zweite Richtung der Diskussion drehte sich um die Frage, wie Teams agile Methoden verändern müssen, wenn sie datengetriebene, KI-basierte Systeme statt klassischer Software entwickeln. Diese Systeme verarbeiten große, oft unstrukturierte Datenmengen, deren Qualität entscheidend für die Leistungsfähigkeit der späteren Anwendung ist. Die Entwicklung ist von Hypothesen getrieben, die das Team testet und anpasst, und orientiert sich nur wenig an konkreten Anforderungen. Ergebnisse entstehen nicht linear, sondern durch Exploration und Experimentieren. Das Validieren der Ergebnisse ist besonders komplex, da ein KI-Modell oft nur als Ganzes sinnvoll testbar ist und isolierte Zwischenergebnisse wenig Aussagekraft besitzen. Zudem gilt es, KI-Anwendungen regelmäßig nachzutrainieren und an neue Daten anzupassen, um aktuell und leistungsfähig zu bleiben.

Agile Methoden wie Scrum setzen prinzipiell auf klar strukturierte Rhythmen: Sprintplanung, Review, Retrospektive. Sie verfolgen das Ziel, früh sichtbare Ergebnisse zu liefern, die sich iterativ verbessern lassen. In der Theorie passen agile Methoden somit gut zur Entwicklung von Produkten, die zumindest einen KI-Anteil haben. Insbesondere die schnellen Iterationen, das Fördern funktionsübergreifender Zusammenarbeit und die hohe Anpassungsfähigkeit an geänderte Anforderungen durch häufige Feedbackschleifen schaffen scheinbar ideale Voraussetzungen für die KI-Entwicklung. So können Teams flexibel auf neue Erkenntnisse reagieren und den Entwicklungsprozess kontinuierlich verbessern.

In der Praxis stoßen agile Implementierungen bei KI- und Data-Science-Projekten jedoch an ihre Grenzen. Data Scientists beklagen übermäßigen Aufwand durch die Pflege oder Definition von Issues oder fühlen sich gedrängt, am Ende des Sprints ein Zwischenergebnis der explorativen Arbeit zu zeigen. Auch Sprintziele lassen sich nur schwer als präzises Ergebnis definieren. Die Rolle des Product Owners verliert an Kontur, da ein kontinuierlicher Erkenntnisgewinn das Produkt deutlich verändert. Einige Teams improvisieren daher und können so ihre methodische Klarheit verlieren, was zu einem ineffektiven Methodeneinsatz führen kann.



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