Künstliche Intelligenz
KI-Update Deep-Dive: Besser texten mit KI
KI ist auf mittelmäßigen Texten trainiert
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Wer Künstliche Intelligenz (KI) zum Schreiben von Texten nutzt, ist oft vom Ergebnis enttäuscht. Die Texte klingen floskelhaft, umständlich und austauschbar. Für die Journalistin und Schreib-Expertin Anne-Kathrin Gerstlauer ist das keine Überraschung. „Die KI ist trainiert auf sehr, sehr vielen mittelmäßigen Texten“, erklärt sie im Deep-Dive des KI-Updates. Schlechte Texte gibt es eben genau nicht erst seit KI. „Ich beschäftige mich beruflich nur mit Texten von anderen Leuten und muss sagen, 90 Prozent der Texte sind schlecht geschrieben und das war schon vor KI so.“
Um die KI zu besseren Ergebnissen anzuleiten, sei vor allem eines nötig: selbst zu wissen, wie ein guter Text funktioniert. Gerstlauer, die mit ihrem Newsletter „Text Hacks“ über 18.000 Abonnenten erreicht, rät daher zu sehr spezifischen Anweisungen, sogenannten Prompts. Anstatt die KI nur aufzufordern, einen Text zu schreiben, könne man ihr klare sprachliche Regeln mitgeben. „Ich habe zum Beispiel einen kleinen Masterprompt mit den wichtigsten Sachen: keine Füllwörter, kein Nominalstil, kein Passiv.“ Der Nominalstil, bei dem anstelle von Verben Substantive verwendet werden, macht Texte oft unnötig kompliziert und ist ein typisches Merkmal bürokratischer Sprache.
Die KI als Sparringspartner
Bevor man einen Prompt formuliert, sollte man sich laut Gerstlauer ein paar grundlegende Fragen beantworten: „Was ist das Ziel? Wer ist die Zielgruppe? Schon das können die meisten nicht beantworten. “ Es helfe, sich einen „perfekten Text“ vorzustellen und dessen Eigenschaften zu definieren. Wer bereits gute eigene Texte hat, kann diese von der KI analysieren lassen, um einen persönlichen „Tone-of-Voice-Paragraph“ zu erstellen. Gerstlauer hat dies für sich selbst getan und ist vom Ergebnis überzeugt. Wenn ihr Freund heute eine gelungene Formulierung in ihrem Newsletter lobt, antwortet sie manchmal: „Ist nicht von mir. Habe ich mir nicht ausgedacht. Danke, Claude.“
KI lässt sich auch gut als eine Art Sparringspartner nutzen. Anstatt um eine Überarbeitung zu bitten, sei es oft aufschlussreicher, der KI Fragen zum eigenen Text zu stellen. „Frag sie mal, was sie denkt, wer die Zielgruppe dafür ist. Denn wenn das falsch erkannt wird, dann hast du wahrscheinlich daneben geschrieben“, erklärt Gerstlauer. Das gelte für berufliche Texte genauso wie für ein Tinder-Profil. Anstatt die KI das Profil schreiben zu lassen, könne man fragen: „Wie wirkt dieses Tinder-Profil, wie wirke ich damit?“ So werde die KI zu einem Werkzeug der Reflexion.
Wie intelligent ist Künstliche Intelligenz eigentlich? Welche Folgen hat generative KI für unsere Arbeit, unsere Freizeit und die Gesellschaft? Im „KI-Update“ von Heise bringen wir Euch gemeinsam mit The Decoder werktäglich Updates zu den wichtigsten KI-Entwicklungen. Freitags beleuchten wir mit Experten die unterschiedlichen Aspekte der KI-Revolution.
Das richtige Werkzeug für den Job
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Für ihre eigene Arbeit bevorzugt Gerstlauer das Sprachmodell Claude, da es in der deutschen Sprache „deutlich flüssiger“ und „lockerer“ schreibe. Für förmlichere Texte sei ChatGPT oft die bessere Wahl. Wichtiger als das spezifische Tool sei jedoch „ein gutes Setup“. Die Expertin empfiehlt, eine „Promptbibliothek“ anzulegen, in der man bewährte Anweisungen speichert und wiederverwenden kann.
Vor einer reinen Übernahme von KI-Texten warnt Gerstlauer eindringlich: „Tausendprozentig. Also nimm niemals, niemals Copy-Paste, was die KI ausspuckt.“ Zum einen könne die KI Fakten falsch darstellen oder erfinden, ein Phänomen, das als Halluzinieren bezeichnet wird. Zum anderen sei der Mensch als Experte weiterhin gefragt, um Inhalte und Stil zu überprüfen und zu überarbeiten. Studien würden zudem zeigen, dass man kreativer ist, wenn man erst selbst schreibt und den Entwurf dann von der KI überarbeiten lässt.
Ihre wichtigsten Schreibtipps, die „TextHacks“, fasst Gerstlauer prägnant zusammen: Man soll im Einstieg direkt zum Punkt kommen, auf Passivkonstruktionen und Füllwörter verzichten und vor allem kurze, einfache Sätze bilden. Auch das Prinzip „eine neue Info pro Satz und ein neues Thema pro Absatz“ helfen bei der Strukturierung eines Textes. Da ist ganz klassisches Schreibhandwerk. Ihr wichtigster Rat ist jedoch: „Halt dich kurz.“
(igr)