Künstliche Intelligenz
KI-Update: KI-Crawler als Bedrohung, KI-Stromhunger und -Emissionen, KI-Agenten
Cloudflare warnt vor KI-Crawlern
Matthew Prince, Chef des Infrastrukturanbieters Cloudflare, sieht die Geschäftsgrundlage des Webs bedroht: KI-Systeme saugen Inhalte ab, ohne Nutzer zu den Originalseiten zu schicken. Vor zehn Jahren schickte Google für jede zwei gecrawlte Seiten noch einen Besucher zurück zur Quelle. Heute liegt das Verhältnis bei 18:1. Prince vermutet, dass Google bis zu 90 Prozent der Anfragen ohne Klick beantwortet. Bei KI-Anbietern sieht es düsterer aus: OpenAI crawlt 1.500 Seiten für einen generierten Besuch, Anthropic sogar 60.000.
Prince plant eine Gegenstrategie. Ende Juni sollen Publisher in New York einen „roten Knopf“ drücken, um KI-Crawler kollektiv zu blockieren. Cloudflare will dafür ein kostenloses System bereitstellen. Langfristig schwebt ihm ein neues Vergütungsmodell vor, das den Wissenswert von Inhalten honoriert. Das liegt in seinem Interesse: Cloudflares Geschäft hängt vom florierenden Web ab.
Microsoft reaktiviert Atomreaktor für KI
Microsoft will den wachsenden Energiebedarf seiner KI-Rechenzentren mit Atomstrom decken. Der Konzern unterzeichnete deshalb 2024 einen Vertrag mit Constellation Energy, um einen stillgelegten Reaktor des Kraftwerks Three Mile Island bereits 2027 wieder in Betrieb zu nehmen. Die Anlage erlangte 1979 traurige Berühmtheit durch den schlimmsten Atomunfall in den USA. Den zweiten, unbeschädigten Reaktor schaltete der Betreiber 2019 aus wirtschaftlichen Gründen ab.
Microsoft ist nicht allein. Meta unterzeichnete einen Vertrag mit Constellation für ein Kraftwerk in Illinois. Amazon Web Services investierte 650 Millionen Dollar in eine Kernkraftanlage in Pennsylvania. Google und Oracle zeigen Interesse an kleineren modularen Reaktoren. Kritiker bemängeln die ungelöste Endlagerung von Atommüll und hohe Kosten, die nachhaltigere Lösungen verdrängen könnten.
Googles Kohlendioxid-Emissionen steigen um 51 Prozent
Google verfehlt seine Klimaziele deutlich. Die Treibhausgas-Emissionen des Konzerns stiegen 2024 um elf Prozent auf 11,5 Millionen Tonnen – 51 Prozent mehr als 2019. Mit Lieferketten erreichen die Emissionen sogar 15,2 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Ein mittelgroßes Kohlekraftwerk stößt zehn Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus.
Der Energieverbrauch steigt durch KI-Entwicklung weiter an. Google räumt ein, dass die schnelle Entwicklung den zukünftigen Energiebedarf schwer prognostizierbar macht. 2019 wollte der Konzern bis 2030 nur noch die Hälfte der jährlichen Emissionen verursachen. Von diesem Ziel entfernt sich Google immer weiter.
KI-Agenten scheitern an Kosten und Nutzen
Gartner prognostiziert, dass bis 2027 über 40 Prozent aller heute geplanten oder eingesetzten KI-Agenten eingestellt werden. Die Gründe: steigende Kosten, fehlender Ertrag und unzureichende Risikokontrolle. Analystin Anushree Verma sagt, die meisten Projekte befänden sich in einer frühen Experimentphase und würden durch Hype angetrieben.
Nur etwa 130 der mehr als 1.000 Tools, die agentische KI versprechen, halten demnach dieses Versprechen ein. Den meisten fehlt es an Wert oder Kapitalrendite. Dennoch sehen die Analysten eine Zukunft für KI-Agenten: 15 Prozent der Arbeitsplatz-Entscheidungen sollen 2028 von agentischen Tools übernommen werden. 33 Prozent aller Unternehmenssoftware soll bis 2028 KI-Agenten enthalten – heute sind es weniger als ein Prozent.
Wie intelligent ist Künstliche Intelligenz eigentlich? Welche Folgen hat generative KI für unsere Arbeit, unsere Freizeit und die Gesellschaft? Im „KI-Update“ von Heise bringen wir Euch gemeinsam mit The Decoder werktäglich Updates zu den wichtigsten KI-Entwicklungen. Freitags beleuchten wir mit Experten die unterschiedlichen Aspekte der KI-Revolution.
Facebook will auf alle Smartphone-Fotos zugreifen
Meta möchte für sein KI-Training auf alle Fotos im Smartphone-Speicher der Facebook-Nutzer zugreifen. Ein Pop-up-Fenster fragt nach Einwilligung für „Cloud Processing“. Dabei soll Facebook selbst auswählen dürfen, welche Bilder aus dem Foto-Ordner in eine Facebook-Cloud geladen und dort ausgewertet werden. Es geht nicht um freigegebene Fotos, sondern um den gesamten Smartphone-Speicher.
Meta dementiert, dass die durch „Cloud Processing“ erhaltenen Bilder bereits für KI-Training genutzt werden. Fragen zur zukünftigen Nutzung ließ der Konzern unbeantwortet. Seit Ende Mai nutzt Meta bereits öffentliche Instagram- und Facebook-Daten automatisch für KI-Training – außer Nutzer haben rechtzeitig widersprochen.
Microsofts KI-Chip verzögert sich um Monate
Microsofts KI-Chip „Braga“ kommt später als geplant. Die Massenproduktion verzögert sich um mindestens sechs Monate bis 2026. Ursprünglich wollte Microsoft den Chip bereits 2025 in seinen Rechenzentren einsetzen. Designänderungen, Personalengpässe und hohe Fluktuation sind die Hauptgründe. Der Chip soll deutlich hinter Nvidias Ende 2024 veröffentlichtem Blackwell-Chip zurückbleiben.
Auch Microsofts aktueller „Maia 100“ wird nur intern getestet. Er kommt weder für ChatGPT noch für Copilot zum Einsatz. Der 2019 entwickelte Chip war ursprünglich für Bildverarbeitunggedacht. Nach Maia 100 hatte Microsoft drei Nachfolger geplant, die 2025, 2026 und 2027 erscheinen sollten. Dieser Zeitplan ist nun fraglich.
Datenschützerin meldet Deepseek bei Apple und Google
Die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp hat die chinesische KI-App Deepseek bei Apple und Google als rechtswidrig gemeldet. Sie fordert die Unternehmen auf, die App aus ihren deutschen Stores zu entfernen. Der Grund: Deepseek übermittelt personenbezogene Daten deutscher Nutzer nach China ohne ausreichenden Schutz. Die App verarbeitet Texteingaben, Chatverläufe, hochgeladene Dateien und Standortdaten auf chinesischen Servern.
In China haben staatliche Stellen weitreichende Zugriffsrechte auf persönliche Daten. Nutzer können sich dort nicht effektiv gegen Datenzugriff wehren oder Beschwerde einlegen. Deepseek kam einer freiwilligen Aufforderung zur Entfernung nicht nach. Apple und Google müssen nun über eine Sperrung entscheiden.
(mali)