Künstliche Intelligenz

Kommentar: KI frisst Junior-Stellen – und unsere Zukunft?


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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Wer dieser Tage durch Stellenausschreibungen in der IT-Branche stöbert, stößt auf ein klares Muster: Senior Developer gesucht – bitte mit zehn Jahren Berufserfahrung, vertieften Kenntnissen in zahlreichen Frameworks und am besten noch Praxiserfahrung in Machine Learning. Junior Developer? Fehlanzeige!




Madeleine Domogalla arbeitet als Redakteurin in der iX-Redaktion bei heise und ist für Softwareentwicklungsthemen zuständig. Darüber hinaus betreut sie IT-Konferenzen, online und vor Ort.

Die neuesten Zahlen bestätigen den Eindruck, denn während Senior-Positionen nur leicht zurückgehen, schrumpfen Junior-Stellen im IT-Bereich dramatisch. Die Einstiegspositionen sind in Deutschland seit 2020 um mehr als die Hälfte zurückgegangen, wie das Jobportal Indeed meldet. Und das in einer Branche, die uns seit Jahren predigt, es fehle an Nachwuchs. Ironie des digitalen Zeitalters. Wir schaffen die Stellen ab, aus denen dieser Nachwuchs überhaupt erst hervorgehen kann.

Natürlich, künstliche Intelligenz liefert beeindruckende Produktivitätsschübe. Sie generiert Boilerplate-Code in Sekunden, schreibt automatisierte Tests, schlägt Bugfixes vor oder dokumentiert Schnittstellen nahezu selbstständig. Routineaufgaben, die meist Juniors erledigten, lassen sich so mit einem Prompt effizienter umsetzen. Aber genau an einer Stelle bleibt KI blind: Menschen ausbilden, ihnen Erfahrung vermitteln und sie zu erfahrenen Fachkräften heranwachsen lassen.

Unternehmen, die heute glauben, mit KI kurzfristig teure Einstiegspositionen kompensieren zu können, sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen. Denn ohne Junior-Entwicklerinnen und -Entwickler von heute gibt es keine Senior Engineers von morgen – keine Softwarearchitektinnen, keine Tech-Leads, keine CTOs.

Was bedeutet das für junge Menschen? Der Einstieg wird härter, aber nicht unmöglich. Wer sich früh mit KI-gestützter Entwicklung auseinandersetzt, kann sich von anderen abheben. Unternehmen müssen lernen, mit KI nicht nur Effizienz, sondern auch Lernräume zu schaffen. Denn wer heute keine Nachwuchskräfte einbindet, hat morgen keine Fachkräfte mehr.

Die Zukunft der Entwicklung liegt nicht nur im effizienteren Programmieren, sondern in der Fähigkeit, Strategien zu entwerfen, Systeme zu gestalten und eben diese KIs zu steuern – Aufgaben, die man weder im Alleingang noch ohne Erfahrung bewältigen kann.

Wenn der IT-Arbeitsmarkt hierzulande also nicht zur Sackgasse werden soll, brauchen wir dringend ein Umdenken: weniger Angst davor, dass KI Arbeit schneller erledigt, mehr Mut zu Investitionen in junge Talente. Denn die größte Umwälzung, die uns drohen kann, ist nicht die KI. Es ist das Fehlen der Menschen, die lernen müssen, mit ihr zu arbeiten.


(mdo)



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