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Medienstaatsvertrag vs. DSA: Pflicht zu Transparenzangaben landet beim EuGH
Die umstrittenen Transparenzauflagen für große Online-Plattformen aus dem Medienstaatsvertrag (MStV) werden zum Fall für den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Den Haager Richter gebeten zu klären, ob die im MStV enthaltenen deutschen Transparenzregeln für große Online-Dienste mit EU-Rechtsvorgaben wie dem Digital Services Act (DSA) und der E-Commerce-Richtlinie vereinbar sind (Az. VG 32 K 222/24).
Nutzer von Online-Medienvermittlern wie sozialen Netzwerken, Suchmaschinen oder Streamingdiensten müssen laut den hiesigen gesetzlichen Transparenzvorgaben nachvollziehen können, warum ihnen bestimmte Inhalte auf Ergebnisseiten angezeigt werden. Anzugeben sind etwa die Kriterien, die über den Zugang eines Inhalts zu einem Online-Vermittler und über den Verbleib dort entscheiden. Aufklären müssen die Betreiber auch über Aspekte der Aggregation, Selektion und Präsentation von Inhalten und deren Gewichtung einschließlich Informationen über die Funktionsweise der eingesetzten Algorithmen in leicht verständlicher Sprache.
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) forderte in dem Fall den Streamingdienst Spotify auf, seine Transparenzangaben zu verbessern. Diese seien unzureichend, monierten die Medienwächter. Der Streaminganbieter klagt dagegen. Er ist der Meinung, dass die deutschen Transparenzpflichten für ihn nicht gelten, weil sie gegen zwei wichtige EU-Gesetze verstoßen: den DSA und die E-Commerce-Richtlinie.
Diese Fragen wollen geklärt werden
Das Berliner Gericht hat das Verfahren mit einem jetzt bekanntgemachten Beschluss vom 10 Juli ausgesetzt und dem EuGH mehrere Fragen vorgelegt: Die 32. Kammer will etwa wissen: Regelt der DSA die Transparenzpflichten für Online-Dienste bereits abschließend? Das würde bedeuten, dass nationale Vorschriften nicht mehr angewendet werden dürften.
Die Berliner Richter wollen ferner wissen, ob nationale Vorschriften wie die deutschen Transparenzregeln überhaupt auf Medienunternehmen angewendet werden, wenn diese ihren Hauptsitz in einem anderen Mitgliedsstaat haben. Die E-Commerce-Richtlinie könnte hier eine Rolle spielen und die Anwendbarkeit solcher Regeln einschränken. Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts gibt es keine weiteren Rechtsmittel.
Die Landesmedienanstalten beklagten vor drei Jahren auf Basis einer Studie, dass mehrere große Online-Plattformen wie die Google-Suche oder YouTube die Transparenzvorschriften aus dem MStV unzureichend umsetzten. Demnach waren damals etwa einschlägige Hinweise zur Funktionsweise von Suchmaschinen oder Videoportalen oft nur schwer zu finden. Auch an der Verständlichkeit der Erläuterungen hapere es teils, hieß es. Die Medienwächter ließen dazu 3000 repräsentativ ausgewählte Nutzer hierzulande online befragen.
(mho)