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Neutrino mit Energierekord könnte von explodiertem Schwarzen Loch stammen


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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Ein vor zweieinhalb Jahren entdecktes Neutrino, das den damaligen Energierekord regelrecht pulverisiert hat, könnte von einem explodierenden Schwarzen Loch stammen. Das meinen zumindest eine Physikerin und ein Physiker des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und erklären, dass das gleich mehrere grundlegende Fragen der Physik beantworten könnte. Damit hätten wir den ersten experimentellen Nachweis für sogenannte primordiale Schwarze Löcher, die erste Messung der Hawking-Strahlung und einen gewichtigen Hinweis darauf, dass die sogenannte Dunkle Materie größtenteils auf Schwarze Löcher zurückgeht. Erst vor wenigen Tagen hat eine andere Forschungsgruppe behauptet, dass eine Explosion eines winzigen Schwarzen Lochs längst nachweisbar sein sollte.

Gefunden wurde das Rekordteilchen mit dem europäischen Observatorium Cubic Kilometre Neutrino Telescope (KM3NeT) am 13. Februar 2023. Es hatte eine Energie von 220 Petaelektronenvolt, das war mehr als das Zwanzigfache des bis dahin energiereichsten Neutrinos. Diese elektrisch neutralen, weitgehend masselosen Teilchen werden bei besonders energiereichen Ereignissen im All freigesetzt, über die sie mehr verraten sollen. Ihr Nachweis ist aber extrem schwierig, weil sie sich beinahe mit Lichtgeschwindigkeit bewegen und fast nie eine Wechselwirkung mit Atomen eingehen. Deshalb können sie sogar die Erde mehr oder weniger ungehindert durchqueren. Nur ganz spezielle Observatorien können sie überhaupt nachweisen und ihre Eigenschaften ermitteln.

Das Forschungsteam vom MIT meint nun, dass das Rekordteilchen beim explosiven Ende eines winzigen Schwarzen Lochs entstanden sein könnte. Dabei beziehen sie sich auf sogenannte primordiale Schwarze Löcher. Diese winzigen Objekte sind laut den zugehörigen Theorien direkt nach dem Urknall aus der vorhandenen Materie entstanden und nicht wie die anderen aus dem Kollaps von Sternen. Der Begriff leitet sich vom lateinischen Wort „primordium“ („erster Anfang“) ab. Bislang wurden diese PBH (Abkürzung der englischen Bezeichnung) nur theoretisch beschrieben, es ist unklar, ob es sie wirklich gibt. Bislang ist man zudem davon ausgegangen, dass sie vergleichsweise selten explodieren sollten, ein Nachweis wäre dann extrem unwahrscheinlich.

Dass Schwarze Löcher nicht komplett unsichtbar sind, sondern Teilchen ausstrahlen sollten, hat der britische Physiker Stephen Hawking erkannt. Nach ihm wurde diese Hawking-Strahlung benannt, aber weil es sich um extrem niedrige Mengen handelt und die großen oder supermassereichen Schwarzen Löcher sehr weit entfernt sind, galt es bisher als ausgeschlossen, sie nachweisen zu können. Sollte es primordiale Schwarze Löcher geben, wäre das aber anders. Die winzigen Objekte sollten durch die Abgabe der Teilchen nicht nur schrumpfen, sondern auch immer heißer werden. Wenn es am Ende kleiner ist als ein Atom, sollte es in einer finalen Explosion vergehen, erklärt das MIT.

Alexandra Klipfel und David Kaiser haben nun errechnet, welche Teilchen bei solchen Explosionen freigesetzt werden sollten. Unter anderem wären das 1020 Neutrinos, die jeweils auf etwa 100 Petaelektronenvolt an Energie kommen. Das ist genau in dem Bereich des Rekordteilchens vom KM3NeT. Die Explosion hätte sich demnach in einer Entfernung von 2000 AE ereignet, das ist die zweitausendfache Distanz zwischen Erde und Sonne. Darüber hinaus haben die beiden errechnet, wie viele primordiale Schwarze Löcher in einem bestimmten Gebiet explodieren müssten, um ähnliche Neutrinonachweise des Detektors IceCube im Eis der Antarktis zu erklären. Pro Jahr müssten demnach in einem Würfel mit der Kantenlänge von einem Parsec (3,26 Lichtjahre) in unserem Teil der Milchstraße 1000 PBH explodieren.

Noch handele es sich aber um eine Theorie; um sie zu bestätigen, brauche es deutlich mehr Funde derart energiereicher Neutrinos. Erst vor wenigen Tagen hat ein Forschungsteam von der nicht weit entfernten University of Massachusetts seine Forschungsarbeit vorgestellt, in der es ebenfalls um die finalen Explosionen primordialer Schwarzer Löcher geht. Diese würden unter bestimmten Umständen viel häufiger explodieren, als bislang angenommen, hieß es darin. Sollte das stimmen, läge die Wahrscheinlichkeit, solch eine in den nächsten zehn Jahren beobachten zu können, bei über 90 Prozent, hieß es dazu. Die zeitgleich am MIT erstellte Forschungsarbeit zu den Neutrinofunden wurde jetzt in den Physical Review Letters veröffentlicht.


(mho)



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