Datenschutz & Sicherheit
Polizei hackt alle fünf Tage mit Staatstrojanern
Polizei und Ermittlungsbehörden durften 2023 in Deutschland 130 Mal IT-Geräte mit Staatstrojanern hacken und haben es 68 Mal getan. Das hat das Bundesjustizamt bekannt gegeben. Damit hat sich die Anzahl der Trojaner-Einsätze in zwei Jahren mehr als verdoppelt.
Das Bundesjustizamt veröffentlicht jedes Jahr Statistiken zur Telekommunikationsüberwachung. Wir bereiten sie regelmäßig auf.
Anlass für den Einsatz von Staatstrojanern waren wie immer vor allem Drogen, so das Justizamt in der Pressemitteilung: „Wie in den vergangenen Jahren begründete vor allem der Verdacht einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz die Überwachungsmaßnahmen.“
62 kleine Trojaner
Die „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ hackt Geräte, um laufende Kommunikation auszuleiten. Dieser „kleine Staatstrojaner“ wurde 104 Mal angeordnet. In 62 Fällen wurde der Einsatz „tatsächlich durchgeführt“. Im Vorjahr waren es 49 Einsätze.
Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen, dort haben Ermittler 23 Mal gehackt. Danach folgt Niedersachsen, dort kamen kleine Staatstrojaner zehn Mal zum Einsatz. Bayern und Sachsen haben je sieben Mal Geräte infiziert. Hamburg, Hessen und der Generalbundesanwalt hackten drei Geräte. Sachsen-Anhalt hat zweimal die Quellen-TKÜ eingesetzt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen je einmal.
Damit hackt mittlerweile die Mehrzahl der Bundesländer. Nur fünf Länder haben keine Quellen-TKÜ eingesetzt: Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland.
Die Justizstatistik enthält leider keine Angaben, bei welchen Straftaten der kleine Staatstrojaner eingesetzt wird. Das Bundesjustizamt sagt, dass „vor allem“ Drogendelikte Anlass für Überwachung sind.
Sechs große Trojaner
Die „Online-Durchsuchung“ hackt Geräte, um sämtliche Daten auszuleiten. Dieser „große Staatstrojaner“ wurde 26 Mal angeordnet. In sechs Fällen wurde der Einsatz „tatsächlich durchgeführt“. Im Vorjahr waren es vier Einsätze.
Der Generalbundesanwalt hat 19 Anordnungen bekommen, aber nur zweimal gehackt. Anlass waren kriminelle oder terroristische Vereinigungen. Das könnten Rechtsterroristen wie die Patriotische Union oder Klimaaktivisten wie die Letzte Generation sein.
Bayern hat zweimal gehackt, wegen krimineller Vereinigungen oder Mord. Baden-Württemberg hackte einmal, wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bzw. kinderpornografischer Inhalte. Hessen hackte einmal, wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Hamburg wollte einmal hacken, wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit, war aber nicht erfolgreich.
Für und gegen Sicherheit
Politisch werden Staatstrojaner meist mit Terrorismus, Mord und Totschlag oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begründet. Spitzenreiter sind jedoch auch weiterhin Drogendelikte. Damit verhindert der Staat, dass Sicherheitslücken geschlossen werden, um ein paar Drogen-Dealer zu bekämpfen.
Die Polizeibehörden besitzen mehrere Staatstrojaner, die sie einsetzen können. Das BKA hat selbst einen Trojaner Remote Communication Interception Software programmiert. Seit 2013 hat das BKA den Trojaner FinSpy von FinFisher. Seit 2019 hat und nutzt das BKA auch Pegasus von NSO. Welche weiteren Trojaner Polizei und Geheimdienste besitzen, will keine Bundesregierung öffentlich sagen.
Polizei hackt immer öfter
Erst seit fünf Jahren gibt es offizielle Statistiken, wie oft die deutsche Polizei Staatstrojaner einsetzt. Seitdem steigen die Zahlen Jahr für Jahr.
Die Ampel-Regierung wollte die Eingriffsschwellen für Staatstrojaner hochsetzen, hat das aber nicht umgesetzt. Die aktuelle Bundesregierung will den Einsatz von Staatstrojanern ausweiten. Die Bundespolizei soll Staatstrojaner gegen Personen einsetzen, die noch gar keine Straftat begangen haben.