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Sparkassenchef: Digitaler Euro ist Türöffner für Big-Tech-Player


Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Ulrich Reuter, übt scharfe Kritik am geplanten digitalen Euro. Für den Funktionär ist das Vorhaben in der von der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) geplanten Form eine Art trojanisches Pferd für Big-Tech-Konzerne wie Apple oder Google. Das teure Prestigeprojekt könnte ihm zufolge die digitale Souveränität Europas im Zahlungsverkehr massiv gefährden.

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Entgegen dem Ziel, Unabhängigkeit von US-amerikanischen Payment-Giganten zu schaffen, öffne der digitale Euro in seiner bisherigen Konzeption außereuropäischen Anbietern bequemen Zugang zu europäischen Kunden, ihren Daten und der Zahlungsinfrastruktur, warnt Reuter in einem Meinungsbeitrag für Table.Media. Dies führe dazu, dass Kundeninformationen weiterhin ausgeforscht werden könnten, die Abhängigkeit von internationalen Zahlungsdienstleistern und Big-Tech-Akteure für Händler nicht ende und Europa keine ausreichende Kontrolle über seine Zahlungsströme gewinne.

Damit würde das Gegenteil der erklärten Ziele erreicht, meint Reuter. Bildhaft spricht er vom „Mitsitzen“ von US-Präsident Donald Trump am Kaffeetisch zwischen Bundeskanzler Friedrich Merz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, weil US-Unternehmen den innereuropäischen Zahlungsverkehr beherrschten.

Der Zahlungssektor sei von einem Hochleistungswettbewerb geprägt, der Marktteilnehmer mit Kundenerfahrung und Innovationskraft erfordere, führt der Sparkassen-Lobbyist aus. Die EZB hingegen sei allenfalls eine außenstehende Schiedsrichterin ohne eigene Kundenerfahrung. Indem sie bei der milliardenschweren Initiative selbst „mitspielen“ wolle, blockiere sie über Jahre hinweg sämtliche Entwicklungskapazitäten europäischer Payment-Anbieter. Damit belaste die Zentralbank diese im globalen Wettbewerb, anstatt ihnen beim Bündeln ihrer Kräfte zu helfen. Für die bessere, marktorientierte Alternative hält Reuter die gemeinsame Payment-Antwort der europäischen Finanzwirtschaft namens Wero, die auch Paypal Konkurrenz machen soll.

Ein dritter Punkt des Funktionärs behandelt das Fundament des Geldes: das Vertrauen. Dieses entstehe durch Verlässlichkeit und Stabilität, die durch den Digitaleuro untergraben würden. Reuter befürchtet, dass die EZB dem Geldkreislauf Bankeinlagen entziehen und dadurch die Kreditvergabe schwächen sowie das Finanzsystem destabilisieren könnte. Da der Euro bereits heute in digitaler Form auf jedem Bankkonto existiere, das als „Haustür“ zum Zahlungsverkehr fungiere, riskiere ein digitaler Euro ohne Anbindung an die gewohnten Kundenkonten eine geringe Akzeptanz.

Reuter betont, dass digitale Souveränität nur durch starke, wettbewerbsfähige europäische Anbieter entstehe. Ein Digitaleuro müsse daher den europäischen Zahlungsverkehr im internationalen Wettbewerb stärken, sich im Markt bewähren, von Marktteilnehmern getragen werden und sich nur über das Konto in die Lebenswelt der Menschen integrieren lassen. Das EU-Parlament streitet aktuell darüber, ob der digitale Euro nur offline oder auch online – also kontobasiert – nutzbar sein soll. Klassische Geschäftsbanken fühlen sich seit Jahren angesichts der EZB-Pläne ausgebootet, da Einlagen flöten gingen und viele Kunden gar kein Girokonto mehr benötigten.

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Die Befürchtung, der digitale Euro könnte als Türöffner für Big Tech fungieren, ergibt sich aus der Art und Weise, wie die EZB die zugehörigen Zahlungsdienste gestalten will. Es soll sich um ein gesetzliches Zahlungsmittel handeln, das von der Zentralbank ausgegeben wird. Für die Zahlungsabwicklung etwa über Apps, Wallets und Point-of-Sale-Lösungen ist die Beteiligung von Vermittlern nötig. Durch die Schaffung einer neuen, standardisierten digitalen Währungsinfrastruktur könnte es für große, technologisch agile Big-Tech- oder US-Payment-Konzerne einfacher werden, ihre Dienste direkt in dieses System einzuklinken.

Wenn diese großen globalen Player benutzerfreundlichere und innovativere Wallets oder Apps anbieten als europäische Banken, dürften sie schnell die Schnittstelle zum Kunden besetzen. Sie würden zwar das Geld selbst nicht ausgeben, aber die Kontrolle über die Kundenerfahrung und die Transaktionsdaten an sich ziehen. Die EZB will daher vorschreiben, dass Händler in der Eurozone das Digitalgeld annehmen müssen. Das soll die Abhängigkeit von einzelnen dominanten Anbietern verringern. Die Zentralbank könnte zudem die Big-Tech-Beteiligung durch strikte Auflagen etwa zur zulässigen Datennutzung einschränken, um eine marktbeherrschende Stellung zu verhindern.


(nie)



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