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Trotz ablaufender Frist: Zwei Drittel der großen Webshops nicht barrierefrei


Auch kurz vor Inkrafttreten des neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes bietet ein Großteil der größeren Webshops in Deutschland ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen noch immer nicht barrierefrei an. Dies ergab eine Studie, die von Google, der Förderorganisation „Aktion Mensch“ und der Stiftung Pfennigparade in Berlin vorgestellt wurde. Danach sind nur knapp ein Drittel der 65 meistbesuchten Online-Shops in Deutschland über die Tastatur – und damit ohne Maus – bedienbar.

Für viele Menschen mit Behinderung ist die Tastaturbedienbarkeit eine grundlegende Voraussetzung für den barrierefreien Zugang. Der Wert hat sich im Vergleich zum Vorjahr immerhin spürbar verbessert. 2024 waren nur 20 Prozent der populären Webshops barrierefrei.

Den Shop-Betreibern droht künftig eine hohe Geldstrafe, wenn sie ihr Angebot nicht barrierefrei betreiben. Am 28. Juni endet nämlich die Umsetzungsfrist der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen. EU-Mitgliedstaaten müssen demnach sicherstellen, dass bestimmte Produkte und Dienstleistungen – darunter der Online-Handel – barrierefrei zugänglich sind. In Deutschland wird die Richtlinie durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz umgesetzt.

Das Gesetz verpflichtet Unternehmen dazu, die betroffenen Produkte und Dienstleistungen an die gesetzlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit anzupassen. Ausgenommen sind kleine Dienstleister mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Umsatz unter zwei Millionen Euro sowie reine B2B-Angebote. Bei Nichterfüllung drohen Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro.

Die Hürden in den Online-Shops betreffen viele Menschen: In Deutschland leben 7,8 Millionen Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung, darunter rund 350.000 Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung.

Für die aktuelle Studie untersuchten Experten 65 besonders populäre Online-Shops. Ein wichtiges Ergebnis: Nur 20 Websites (30,8 Prozent) ließen sich über die Tastatur und somit ohne Maus bedienen. Die Tastaturbedienbarkeit ist aber für viele Menschen mit Behinderung eine Grundvoraussetzung für barrierefreie Nutzung. Zudem bieten die meisten getesteten Webseiten keinen sichtbaren Tastaturfokus. Dies erschwert es Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen, das aktuell ausgewählte Element zu erkennen.

Ebenfalls auf der Mängelliste der Tester: fehlende Kontraste, was die Lesbarkeit von Texten oder Identifikation wichtiger Symbole einschränke, sowie falsche oder unlogische Tab-Reihenfolgen, die es für Menschen mit Behinderung teilweise unmöglich machen, durch die Online-Shops zu navigieren und Produkte auszuwählen. Auch eingeblendete Inhalte wie Banner oder Cookie-Overlays, die den Hauptinhalt der Webseite verdecken und sich nicht ohne weiteres schließen lassen, schafften Hürden.

Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, sagte: „Die Zeit der Ausreden ist vorbei – in wenigen Tagen müssen digitale Angebote barrierefrei sein.“ Die Ergebnisse der Studie seien alarmierend: Zu viele Unternehmen nähmen mögliche Bußgelder in Kauf und schlössen noch immer Menschen mit Behinderung und damit potenzielle Kunden aus. „Dabei liegt es auch in ihrem eigenen Interesse, dies zu ändern – denn von einem barrierefreien, komfortablen Zugang zu Webseiten profitieren letztlich alle.“


(axk)



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