Datenschutz & Sicherheit
US-Kartellrechtsklage gescheitert: Meta entkommt seiner Zerschlagung
Meta hat vor einem US-Gericht einen wegweisenden Erfolg errungen. In einem Kartellrechtsverfahren entschied gestern ein US-Bundesrichter, dass der US-Konzern bei der Übernahme der damals aufstrebenden Konkurrenten Instagram und WhatsApp nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen hat.
Meta, das der Gründer Mark Zuckerberg im Jahr 2004 als Facebook in die Welt setzte, habe keine Monopolstellung inne, urteilte der Richter des U.S. District Court im District of Columbia. Eine von der klagenden Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) geforderte Zerschlagung des Social-Media-Konzerns ist damit vorerst vom Tisch.
Die vor knapp fünf Jahren eingereichte Klage hatte Meta unterstellt, seine Marktmacht im Bereich sozialer Medien missbraucht zu haben. Um diese dominante Stellung abzusichern, habe sich der Konzern seine damals schärfsten Konkurrenten einverleibt – erst den Photo-Dienst Instagram für eine Milliarde US-Dollar im Jahr 2012, zwei Jahre später den Messenger WhatsApp für 19 Milliarden US-Dollar.
Völlig veränderte Marktsituation
Diesem Argument wollte sich der Richter nicht anschließen, zu sehr habe sich zwischenzeitlich die Lage geändert. Mit Anbietern wie TikTok, YouTube und anderen herrsche ausreichend Wettbewerb: „TikTok – von Meta als schärfster Konkurrent angesehen – betrat erst vor sieben Jahren den Markt“, schrieb Richter James Boasberg in seinem Urteil, und habe den Markt seitdem überrannt.
Entsprechend sei der Vorwurf der FTC, Meta habe dem Wettbewerb geschadet, nicht nachvollziehbar. So beharre die Handelsbehörde weiterhin darauf, dass „Meta mit denselben alten Konkurrenten wie im vergangenen Jahrzehnt konkurriert, dass das Unternehmen in diesem kleinen Marktsegment eine Monopolstellung innehat und diese durch wettbewerbswidrige Übernahmen aufrechterhalten hat“, so der Richter. Diese Behauptungen habe die Behörde nicht belegen können.
Die Klage hatte fast von Beginn an mit Gegenwind zu kämpfen. Eingereicht hatte sie die FTC im Jahr 2020, in der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Kaum ein halbes Jahr später hat der gleiche Richter die Klage verworfen, weil es der Behörde nicht gelungen sei, eine Monopolstellung Metas nachzuweisen. Ausgestattet mit robusteren Argumenten reichte die FTC die Klage erneut ein, diesmal unter der Federführung der von Joe Biden neu bestellten FTC-Chefin Lina Khan.
Schwer nachweisbare Hypothese
Doch schon damals warnten manche Beobachter:innen, dass die teils neuartigen Argumente der Behörde einen schweren Stand vor Gericht haben würden. Demnach sei der Nachweis der Hypothese schwierig, dass Meta nicht so dominant geworden wäre, wenn es die konkurrierenden Anbieter nicht übernommen hätte.
In einer Stellungnahme begrüßte der Konzern das Urteil. „Die heutige Entscheidung des Gerichts erkennt an, dass Meta einem harten Wettbewerb ausgesetzt ist“, so Metas Top-Juristin Jennifer Newstead. Die FTC prüft noch, Berufung gegen das Urteil einzulegen, die Chancen stehen Beobachter:innen zufolge jedoch schlecht. Meta dürfte das Urteil als Zeichen interpretieren, ungestört weiter andere Tech-Firmen zu übernehmen.
Für Kritiker:innen des Unternehmens und der gegenwärtigen Verhältnisse im digitalen Raum ist die Entscheidung eine herbe Niederlage – zumal der Ansatz, gegen die Übermacht von Big Tech gerichtlich statt gesetzgeberisch vorzugehen, zu einem guten Teil der Dysfunktionalität des US-Kongresses geschuldet ist.
Obwohl die Debatte, ähnlich wie in Europa und anderen Weltregionen, über den besten Regulierungsansatz der Branche seit geraumer Zeit tobt, ist es den US-Abgeordneten bis heute nicht gelungen, etwa mit EU-Digitalregeln vergleichbare Gesetze zu beschließen. Das fordert nun der ehemalige FTC-Regulierer Alvaro Bedoya: „Wenn die Gerichte die Macht von Meta nicht einhegen können, muss nun der Kongress handeln.“
Neben diesem Verfahren laufen derzeit noch eine Reihe weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen in den USA rund um große Tech-Konzerne, darunter Wettbewerbsklagen gegen Amazon und Apple. Zuletzt hatte jedoch ein Bundesrichter, trotz einer von ihm festgestellten Monopolstellung des US-Konzerns auf dem Markt für Online-Suche, eine Zerschlagung des Unternehmens abgelehnt.
Zugleich steht ein finales Urteil in einem anderen Verfahren gegen Google aus. Auch in diesem Fall attestierte eine Bundesrichterin dem Unternehmen ein Monopol, diesmal im Markt für Online-Werbung. Abhilfemaßnahmen will sie in den kommenden Monaten vorstellen.
Kampf gegen Big Tech auch in der EU
Letzterer Fall dürfte potenziell mehr Einfluss auf die Debatte in der EU haben, sagt die Ökonomin Aline Blankertz von der Nichtregierungsorganisation Rebalance Now. Erst im September hat die EU-Kommission ebenfalls festgestellt, dass Google seine Marktmacht in der Online-Werbung missbraucht hat. Abgeschlossen ist das Verfahren jedoch noch nicht, auch hier steht eine Zerschlagung zur Debatte.
„Die EU hat im hiesigen Verfahren von Google einen klar unzureichenden Vorschlag bekommen, um Adtech-Interessenkonflikte zu lösen, und wartet nun vermutlich auf die US-Entscheidung“, sagt Blankertz. Daher gebe es weiterhin auf beiden Seiten keine finale Absage an Zerschlagungen. Allerdings sei die politische Unterstützung aktuell bestenfalls zurückhaltend, so Blankertz: „In den USA stehen Big Tech weiterhin unter Trumps Schutz und die EU verhält sich weitgehend unterwürfig und vermeidet eine Konfrontation.“
Angesichts der aktuellen Deregulierungsbestrebungen auf EU-Ebene sei bemerkenswert, „dass der Digital Markets Act als praktisch einzige Regulierung positiv hervorgehoben wird, auch gestern beim deutsch-französischen Gipfel“, sagt die Ökonomin. Das wenige Jahre alte EU-Digitalgesetz sieht Zerschlagungen als Möglichkeit vor, wenn Unternehmen systematisch gegen ihn verstoßen.
Ein Automatismus sei dies jedoch nicht, zudem gehe es eher um „einen Horizont von Jahren als von Monaten“, dämpft die Expertin die Erwartungen. Doch das Thema Durchsetzung von Wettbewerbsrecht, das strukturelle Maßnahmen wie eine Zerschlagung beinhaltet, „ist sicher nicht vom Tisch“, sagt Blankertz.