Datenschutz & Sicherheit
Verwaltungsdigitalisierung: Bundesrechnungshof fordert messbare Ziele
„Flickenteppich“, das Wort ist inzwischen geflügelt, um die digitale Verwaltungslandschaft in Deutschland zu beschreiben. Es gibt mehrere IT-Lösungen, die nicht miteinander kompatibel oder nicht interoperabel sind. Das führt zu Parallel- und Doppellösungen.
Die kosten unnötig viel Geld und binden IT-Personal, das an anderer Stelle fehlt, so das Urteil des Bundesrechnungshofes (BRH) in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages von Mitte Juli. Table.Media hat das interne Dokument veröffentlicht. Wir veröffentlichen eine Version ohne Bezahlschranke und Wasserzeichen: Verwaltungsdigitalisierung: Empfehlungen für die 21. Legislaturperiode.
Ein Beispiel für Mehrfachlösungen ist der Basisdienst „Nutzerkonto Bund“. Den für Bund, Länder und Kommunen zu entwickeln, hatte die damalige Bundesregierung unter Merkel schon Anfang 2017 geplant. Bürger*innen sollen sich damit elektronisch identifizieren, darin ihre Daten speichern und Post vom Amt darüber erhalten. Der Bund machte das Konto erst in 2021 online verfügbar. In der Zwischenzeit hatten Bundesbehörden, Länder und Kommunen jedoch eigene Nutzerkonten entwickelt, die heute wieder zusammengeführt werden.
Auch beim Basisdienst „Formular-Management-System des Bundes“ kam es zu Verzögerungen. Dieser Basisdienst soll Verwaltungen dabei unterstützen, Formulare zu digitalisieren. Da das Bundesinnenministerium jedoch die IT-Lösung nicht mit den erforderlichen Funktionalitäten bestückte, fingen Bundesbehörden an, eigene Lösungen zu entwickeln.
Ohne klares Ziel vor Augen
Soweit konnte es laut BRH kommen, weil die Bundesregierung die Verwaltungsdigitalisierung bislang nicht ausreichend gesteuert hat. Dazu gehört: Sie habe weder messbare Ziele formuliert noch die Digitalisierungsprojekte und ihren Fortschritt überwacht. Das kritisierten bereits Sachverständige bei der öffentlichen Anhörung zum Onlinezugangsgesetz 2023, etwa Malte Spitz vom Nationalen Normenkontrollrat und Bianca Kastl (PDF) vom Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit.
Zwar habe der Bund über die Jahre Digitalstrategien entwickelt und aktualisiert. Doch eine Digitalstrategie, wie die letzte aus dem Jahr 2023, gebe keine konkreten Handlungsanweisungen vor, wenn die Ziele darin nur vage und „ambitionslos“ formuliert sind, so der BRH. Die Website zur Digitalstrategie ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht erreichbar.
Im Bericht kritisiert die Behörde schwammige Formulierungen wie „organisatorische Maßnahmen zum Change-Management“. Sie erläutere die Bundesregierung nicht weiter. Was das für Maßnahmen sind und wie der Erfolg gemessen werden soll, bleibe unklar.
Laut BRH seien die Strategien lediglich Bestandsaufnahmen gewesen und zwar solche, die nicht einmal analysiert hätten, wo die Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen der Digitalisierung liegen. „Damit fehlte den Bundesbehörden eine strategische Richtschnur, um Vorhaben zu priorisieren und zu initiieren“, so der BRH. Auch habe der Bund nicht die Ursachen dafür untersucht, warum die deutsche Verwaltung im europäischen Vergleich hinterherhinkt.
Was die Bundesregierung jetzt besser machen kann
Der Bundesrechnungshof empfiehlt der Bundesregierung und dem neuen Digitalministerium drei Schritte, um wesentlich in der Digitalisierung voranzukommen. Sie sollte messbare Ziele vorgeben. Daneben sollte sie zentrale IT-Lösungen bereitstellen und die Behörden ermutigen, stärker zusammenzuarbeiten. Denn das könne die Digitalisierungs-Bemühungen positiv beeinflussen, mindestens aber Geld einsparen.
Schließlich sollte der Bund ein zentrales Digitalbudget vorhalten, aus dem er nur Vorhaben finanziert, die drei Bedingungen erfüllen. Das Vorhaben passt zu den digitalpolitischen Zielen der Bundesregierung. Das Vorhaben ist wirtschaftlich und die ausführende Behörde berücksichtigt die IT-Standards des Bundes.
Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass Bundesministerien in der Vergangenheit wiederholt Geld für Digitalisierungsprojekte ausgaben, die diesen Bedingungen nicht entsprechen und zudem zu wenig Personalressourcen einplanten. Auch habe die Bundesregierung bislang keinen IT-Rahmenplanungsprozess (PDF) eingeführt, bemängelt der BRH. Damit könnten Parallelentwicklungen verhindert werden. Denn die Ressorts wären dazu verpflichtet, ein IT-Rahmenkonzept zu formulieren, bevor sie Geld für IT ausgeben.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, hat das Digitalministerium bereits angekündigt, ein paar der Empfehlungen zu übernehmen.