Künstliche Intelligenz
VMware-Lizenzen: Supermarktkette Tesco verklagt Broadcom auf 100 Millionen Pfund
Die britische Supermarktkette Tesco hat Broadcom wegen Vertragsbruchs bei VMware-Lizenzen auf 100 Millionen britische Pfund Schadenersatz verklagt (derzeit rund 115 Millionen Euro), wie der Fachdienst The Register berichtet. Mitbeklagt ist auch der britische IT-Dienstleister Computacenter, der als Reseller der VMware-Produkte fungierte. Laut Supermarketnews warnte Tesco im Kontext der Klage vor Beeinträchtigungen der eigenen digitalen Infrastruktur, die sich auch auf die Versorgung der einzelnen Supermarkt-Filialen auswirken könnten.
Tesco habe den Gerichtsdokumenten zufolge, aus denen The Register zitiert, im Januar 2021 unbefristete Lizenzen für die Produkte vSphere Foundation und Cloud Foundation sowie Abonnements für die Tanzu-Produkte erworben und einen Vertrag über Supportleistungen und Software-Upgrades bis 2026 abgeschlossen. Tesco behauptet demnach, VMware habe außerdem zugestimmt, eine Option zur Verlängerung der Supportleistungen um weitere vier Jahre zu gewähren.
Preisschock nach der Übernahme
Nach der Übernahme VMwares durch Broadcom sah sich der britische Supermarktriese aber mit einem Lizenzmodell konfrontiert, das Support an die neu eingeführten Abo-Lizenzen bindet. Man müsse „überhöhte und aufgeblähte Preise für Virtualisierungssoftware zahlen, für die Tesco bereits bezahlt hat“. Zudem könne das Unternehmen nicht mehr eigenständige Virtualisierungs-Support-Services für seine unbefristet lizenzierte Software erwerben, ohne „Abonnement-Lizenzen für dieselben Softwareprodukte kaufen zu müssen, die es bereits besitzt“.
Ebenfalls gestatte Broadcom auch nicht, dass Tesco seine unbefristeten Lizenzen auf die neue Cloud Foundation 9 aktualisiere, obwohl die damals geschlossenen Verträge mit VMware das Recht auf Software-Upgrades beinhalten würden. Und nicht zuletzt sieht Tesco auch in der Patch-Politik von Broadcom einen Bruch seiner Verträge – laut dieser könnten Nutzer, die kein Abonnement erwerben, nicht alle Sicherheitsupdates und andere Fehlerbehebungen erhalten.
Abhängig von VMware
Dabei gibt die Supermarktkette auch einen Einblick in ihre technische Abhängigkeit von VMware: Software und Support des Virtualisierungsspezialisten seien „für den Betrieb und die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens Tesco sowie für dessen Fähigkeit, Verbraucher in ganz Großbritannien und der Republik Irland mit Lebensmitteln zu versorgen, von entscheidender Bedeutung.“ VMware-Software sei die Grundlage für Server und Datensysteme hinter den Tesco-Filialen. Sie hoste etwa 40.000 Server-Workloads und verbinde unter anderem die Kassen in den Tesco-Filialen miteinander.
Broadcom hat VMware Ende 2023 übernommen – und ist seitdem radikal durch die Virtualisierungslandschaft gepflügt. Das VMware-Produktportfolio sowie das Partnerprogramm wurden umfassend umgebaut. Dauerlizenzen hat Broadcom auf Abomodelle umgestellt und zuvor einzeln verfügbare Produkte gebündelt.
Nicht nur Tesco beklagt, dass diese Umstellung zu drastischen Mehrkosten geführt habe. So berichtet etwa der europäische Cloud-Verband CISPE, dass Broadcoms Vorgehen für Preissteigerungen von 800 bis 1500 Prozent bei den Unternehmen des Verbands gesorgt habe. Der deutsche IT-Anwenderverband VOICE hat Anfang Mai Beschwerde bei der EU-Kommission gegen Broadcoms Geschäftsgebaren eingelegt. Unter anderem wirft der Verband Broadcom vor, VMwares marktbeherrschende Stellung auszunutzen und mit Produktbündelungen „exorbitante und unfaire Preiserhöhungen“ durchzudrücken. Der CISPE-Verband hat wiederum gegen die wettbewerbsrechtliche Genehmigung geklagt, die die EU-Kommission der Übernahme VMwares durch Broadcom erteilt hatte.
(axk)