Künstliche Intelligenz
„Wie ein echter Künstler“: Plattenlabel sucht den besten KI-generierten Hit
In Zeiten, in denen berühmte Musikerinnen und Musiker ein Album veröffentlichen, auf dem lediglich Stille zu hören ist – aus Protest dagegen, dass ihre Songs ungefragt für das Training von KI-Modellen genutzt werden, scheint der Ansatz eines deutschen Plattenlabels eigentlich paradox: Die in Köln ansässige Firma Smopp Records hat mit „Ai Artist Search Contest“ den nach eigenen Angaben ersten Wettbewerb für rein KI-generierte Musik ins Leben gerufen.
Für den KI-Musik-Wettbewerb zählt das Gesamtbild
Das Label sucht nicht einfach fünf überzeugende und noch nicht veröffentlichte Songs. Eine Bewerbung sollte die ganze Inszenierung eines Künstlers oder einer Künstlerin umfassen. Das beinhaltet auch von KI erzeugte Visuals, also beispielsweise Cover für die Musik oder auch dazu passende Videos. Dazu sollten Bewerber Auftritte in Social Media haben, die sie als Künstler mit eigener Ästhetik und Vision vorstellen. Die sich bewerbende Person soll aber kein KI-Avatar sein. Gewünscht wird „ein künstlerisches Gesamtbild – wie ein echter Künstler“, heißt es auf der Website. Als Gewinn locken ein Plattenvertrag bei Smopp, ein KI-Musikvideo für einen der eingereichten Titel, mindestens 100.000 garantierte Klicks für die Songs – nicht durch Bots, wie das Label betont – sowie ausführliche Promotion.
Ob Suno AI, Udio, Riffusion oder ein anderes Programm: Vorgaben, welche KI zu nutzen sei, macht das Label nicht. „Es sollen Songs sein, die vordergründig mit KI gemacht sind. Ich finde es gut, wenn jemand hier nicht nur einen Prompt eingibt und das erstbeste Resultat hernimmt, sondern kreativer arbeitet“, sagt Thomas Foster, der dem Label Smopp beratend zur Seite steht und als Musikproduzent mit „Sound & Vision“ selbst eine Firma hat. Einen netten Song mit KI erzeugen, das könne heute ja eigentlich jeder, sagt er. „Wir wollen sehen, dass die Leute Künstler sind, die sich mit ihrer Musik identifizieren, die sich möglicherweise auf Tiktok oder Instagram auch präsentieren, und die alles haben, was andere Künstler auch haben“, so Foster.
KI-Musik als Hobby vs. professionelle Musiker
In der Bewertung richtet sich die Fachjury nach Kriterien wie Originalität, Klangqualität und Kreativität. Das Label will so Leute ansprechen, „die am besten zu unserem Konzept passen, von dem wir glauben, wie KI-Musik in Zukunft funktionieren kann“, erläutert der Produzent.
Dass es durchaus verhärtete Fronten in Bezug auf die Verwendung von KI-Musik gibt, nimmt Foster deutlich wahr. Musiker, die auf ihre musikalische Ausbildung verweisen und jetzt „ein bisschen verärgert sind, weil sie Komposition gelernt und so viel Arbeit investiert haben. Und das soll jetzt alles umsonst sein, ist dann der Spruch“, so Foster, der seine Eindrücke aus Social-Media-Gruppen und Youtube-Kommentaren hat. Doch er betont: „Nein, das ist nicht umsonst. Aber lasst doch den Leuten, die das vielleicht nicht gelernt haben, den Spaß, mit der neuen Technik kreativ umzugehen.“ Dabei meint Foster aber vor allem Menschen, die KI-Musik als Hobby betreiben und nicht wie professionelle Musiker ihr Auskommen damit bestreiten müssen. Er appelliert daher für einen offeneren, positiveren Umgang mit der neuen Technologie bei allen.
Vorstellbar wäre es, dass sich die Haltung von Profi-Musikern, beziehungsweise Menschen, die die Arbeit mit KI-Programmen ablehnen, ändert, wenn auch der große Knackpunkt der Rechteverwertung durch die Verwendung von Musik als Trainingsmaterial geklärt ist. Bis dahin werden Wettbewerbe wie der KI-Song-Contest weiterhin Protest-Alben mit Stille in der Musikbranche gegenüberstehen.
Dieser Beitrag ist zuerst bei t3n.de erschienen.
(jle)