Digital Business & Startups
Zum Friseur in der Arbeitszeit? Wie diese Unternehmerin ihren Alltag organisiert
Vera Wienken, CMO beim Berliner Legal-Tech Libra zeigt, wie klare Strukturen und Fokuszeiten im Startup helfen, auch bei Tempo und Ad-hoc-Meetings den Überblick zu behalten.
Ein voller Kalender heißt nicht immer: viel geschafft. Und wer nur von Termin zu Termin hetzt, verpasst oft das Wesentliche. Das weiß Vera Wienken, Head of Marketing beim Legal-AI-Startup Libra. Um zwischen Meetings, Ad-hoc-Anfragen und strategischer Arbeit fokussiert arbeiten zu können, setzt sie auf Blocker, klare Meeting-Regeln und feste Zeiten für den Hundespaziergang.
In der Kalender-Check-Serie sprechen wir mit Gründerinnen und Gründern und Führungskräften über ihren Arbeitsalltag. Wie planen sie ihre Woche? Wann bleibt Raum für Kreativität – und wann ist Schluss? Wienken hat uns durch ihren Arbeitsalltag geführt.
Arbeit endet um 18 Uhr
Ihr Arbeitstag beginnt nicht vor 9 Uhr und endet um 18 Uhr. Davor und danach ist ihr Kalender blockiert – ganz bewusst. Damit signalisiert sie dem Team: Diese Zeiten gehören ihr. Sie sagt, sie versuche „so gut es geht, immer eine Grundstruktur zu geben“. In Ausnahmefällen sei sie flexibel, aber nur, wenn es nötig ist.
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Slack-Benachrichtigungen bleiben nach Feierabend aus. Wer sie in dringenden Fällen erreichen muss, weiß, dass sie per Handy oder WhatsApp verfügbar ist. Das sei wichtig, um abends gedanklich Abstand zu gewinnen – vor allem in einem schnelllebigen Startup-Umfeld, in dem sich die Prioritäten täglich ändern.
Konzentration braucht Schutz
Ein- bis zweimal pro Woche blockt sich Wienken halbe Tage als Fokuszeit – entweder im Homeoffice oder an einem ruhigen Platz im Büro. Dort, wo keine Meetings stören, kein Kollege kurz an den Tisch tritt. „Mindestens einen halben Tag die Woche“ braucht sie diese Zeit, um fokussiert arbeiten zu können.
Diese Phasen nutzt sie für konzeptionelle Arbeit, Markenstrategie oder kreative Kampagnen. Und wenn ein Meeting in diese Zeit fällt? Dann fragt sie, ob es sich verschieben lässt.
Verlässlichkeit schlägt Hektik
Trotz der Schnelllebigkeit im Startup ist es Wienken wichtig, Verbindlichkeit zu leben. One-on-Ones mit ihren Teammitgliedern gelten als gesetzt. Sie werden nicht verschoben. Für sie sind solche Fixpunkte ein Zeichen von Wertschätzung, das auch im hektischen Alltag Bestand haben muss.
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Auch der Rahmen von Meetings folgt einem Prinzip: so klein wie möglich, so effizient wie nötig. „Meetings sind bei uns teambasiert oder maximal mit 3–4 Leuten – um nicht zu viele aus der Arbeit rauszureißen“, erklärt sie.
Führung braucht Haltung
Wienken ist seit kurzer Zeit bei Libra, aktuell noch als Team of One im Marketing. Doch sie denkt von Beginn an schon an die Strukturen und Regeln, die sie im Team etablieren will. Wie wird Feedback gegeben? Wie laufen One-on-Ones? Was wird dokumentiert, was nicht?
In früheren Stationen – etwa in der Gaming- und E-Sports-Branche – hat sie gelernt, wie wichtig klare Prozesse sind, selbst in dynamischen Umfeldern. Dort hat sie bei 30 bis 40 Content-Pieces pro Tag erlebt, wie viel Struktur kreatives Arbeiten braucht. Gleichzeitig weiß sie: Nicht alles lässt sich vorplanen – und das sei auch gut so.
Schnelligkeit ist willkommen
Im Startup-Alltag läuft vieles spontan. Termine entstehen kurzfristig, Entscheidungen müssen schnell fallen. „Es kommen sehr viele Ad-hoc-Anfragen rein – das finde ich angenehm, weil es mit einer gewissen Geschwindigkeit kommt“, sagt Wienken. Dieses Tempo spornt sie an, doch sie muss auch immer wieder darauf achten, den Überblick zu behalten.
Für sie ist wichtig, offen für Neues zu bleiben und gleichzeitig ihre Struktur nicht zu verlieren. Dabei helfen ihr klare Regeln und das Bewusstsein, wo ihre Grenzen liegen. „Man muss sich auch selbst disziplinieren“, sagt sie. Gerade im Unterschied zum Konzernumfeld komme es darauf besonders an.
Rituale für den Kopf
Wienken beginnt und beendet jeden Tag auf die gleiche Weise, mit einem Hunde-Spaziergang. „Das ist meine Zeit für mich selbst und um zu reflektieren“, sagt sie.
Solche Rituale helfen ihr, gedanklich abzuschalten. „Ich bin sehr strikt in meiner Work-Life-Balance – man performt nicht gut, wenn man ausgelaugt ist, und davor muss man sich selbst und sein Team schützen.“ Allerdings weiß Wienken auch, dass ihr Beruf sie oft gedanklich begleitet – sei es beim Plakat auf der Straße oder einem Werbespot, der zur Inspiration wird.
Eigenverantwortung statt Präsenzpflicht
Wienken vertraut darauf, dass jeder im Team selbst Verantwortung übernimmt. „Ich finde absolut, man darf zum Friseur in der Arbeitszeit gehen“, sagt sie. Am Ende muss das Outcome einfach stimmen. Für sie zählt Eigenverantwortung, nicht Kontrolle.
Diese Haltung lebt sie auch im Team. Sie selbst arbeitet an fünf Tagen pro Woche aus dem Büro, weil es für sie gut funktioniert. Kollegen mit vielen Kundenterminen arbeiten häufiger remote. Entscheidend ist für sie, dass alle offen kommunizieren und sich gut abstimmen.
Wienken richtet ihren Tag nach dem, was ihr wann leichtfällt. Vormittags arbeitet sie operativ – sie „hat den Drang, morgens alle E-Mails und To-dos abzuarbeiten“. Der Nachmittag gehört den größeren Gedanken: Strategien entwickeln, Kampagnen planen, kreativ arbeiten. Diese Aufteilung hilft ihr, fokussiert zu bleiben, auch wenn es stressig wird.
Kultur beginnt bei sich selbst
Führung heißt für Wienken vor allem eines: Vorleben. „Ich finde es sehr wichtig, eine Kultur vorzuleben – mit Verantwortung und Grenzen.“ Deshalb kommuniziert sie transparent und gibt Orientierung, aber lässt gleichzeitig auch Raum für Eigeninitiative.
Wichtiger als Regeln seien ihr Haltung und Werte. In früheren Rollen hat sie spielerische Elemente wie „Team Health Tracker“ oder visuelle Check-ins in Miro eingebaut – um Austausch zu fördern, ohne ihn zu erzwingen.