Künstliche Intelligenz

25 Jahre „Deus Ex“: Mach doch, was du willst!


Ion Storm war eine verfluchte Firma. Aufgebaut auf einem Traum namens „Design Is Law“ haben die Entwickler rund um John Romero und Tom Hall alles versucht, perfekte Spielerlebnisse zu erschaffen – indem sie solide Ideen so lange mit Geld bewarfen, bis sie darunter erstickten. Mit Ergebnissen wie dem Ego-Shooter „Daikatana“ (überambitioniert, überfrachtet, überflüssig), dem Action-Rollenspiel „Anachronox“ (sehr unterhaltsam und clever, aber mit bemerkenswerter Konsequenz am Markt vorbei entwickelt), und dem Echtzeit-Strategiespiel „Dominion: Storm Over Gift 3“, das außer seinem Erschaffer Todd Porter wirklich niemand anfassen wollte.

Wenn die tragische Geschichte um den schnellen Aufstieg und den noch schnelleren Fall der Firma eine gute Seite hatte, dann war es die Gründung des Tochterunternehmens „Ion Storm Austin“. Denn da entstand unter der Führung des Origin- und Looking-Glass-Veteranen Warren Spector (sowie emotionale Sicherheit bietende 200 Meilen vom Wahnsinn der Hauptfirma entfernt) ein düsterer Klassiker, der das Action- und Rollenspielgenre auf alle Zeiten verändern sollte: „Deus Ex“, das vor 25 Jahren in den Handel kam.

Eine „Deus Ex Machina“ ist ein Hilfsmittel aus der Dramaturgie, eine plötzliche, unerwartete Wendung in einer Geschichte, bei der ein scheinbar aus dem Nichts kommendes Ereignis oder eine super-kompetente Figur auftaucht, um ein Problem zu lösen, das vorher unlösbar schien. Ein Allheilmittel für faule Autoren, wenn man möchte, weil es eine schnelle Lösung für ein schwerwiegendes Problem anbietet und damit gerne mal die innere Logik der Handlung schwächt. Eben ein „Gott aus der Maschine“, wie die direkte Übersetzung des Ausdrucks bedeutet.


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JC Denton, Agent der UNATCO, Held des Spiels, und Fan der Lack-und-Leder-Optik des ersten „Matrix“-Films. (Bild:

heise online

)

Lässt man das „Machina“ weg, verwirrt man nicht nur viele Nicht-Lateiner („ich hätte gern Djuuu-Sex“ war nur eine der Phrasen, die man im Jahr 2000 sehr oft in Spieleläden gehört hat), sondern hat auch ein Spiel, das sich beharrlich weigert, sich in eine typische Genre-Schublade stopfen zu lassen. Denn wie Warren Spector bereits mehrfach zu Protokoll gegeben hat: er ist einfach nicht der Typ dafür, seinen Spielern eine Shotgun in die Hand zu drücken, ihnen auf die Schulter zu klopfen und sie mit den Horden der Hölle allein zu lassen. Stattdessen sieht sich in der Pflicht, den Spielern alle möglichen Werkzeuge in die Hand zu drücken, um sie selbst entscheiden zu lassen, wie sie vorgehen möchten. Das war bereits im von ihm produzierten 1994er-Hit „System Shock“ der Fall, wurde dann aber in „Deus Ex“ zur Perfektion getrieben.

Denn hier gibt es nicht die eine richtige Vorgehensweise, den einen korrekten Weg zum Ziel. Stattdessen bietet jedes Problem mehrere Lösungsansätze, die sich alle entsprechend auf den weiteren Spielverlauf auswirken. Erledigt man seine Gegner lautstark (und riskiert damit schussgewaltigen Nachschub) oder knipst man sie mit einer gut gezielten Tränengasgranate sowie dem strategischen Einsatz des Gummiknüppels aus? Wählt man den direkten Weg oder improvisiert man sich aus Tischen und Kisten eine Leiter zusammen, um einen Lüftungsschacht zu erreichen, der einem schleichende Umgehungen ermöglicht?

Natürlich kann man jedes Problem mit der MG oder dem Laserschwert in der Hand lösen. Man kann ihm aber aus dem Weg gehen – oder es gar mit den entsprechenden Skill aus der Welt hacken, indem man in Sicherheitssysteme eindringt, und da Überwachungskameras und Selbstschussanlagen deaktiviert. Dieser unerwartete (und für das Jahr 2000 auch noch sehr ungewöhnliche) Grad an spielerischer Freiheit führte dann folgerichtig zu drei sehr unterschiedlichen Enden, was natürlich dem Wiederspielwert von “Deus Ex” enorm zugute kam.



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