Künstliche Intelligenz

Antennagate: 20 Bytes Code lösten iPhone-4-Skandal aus


Der Software-Ingenieur und Designer Sam Henry Gold hat nach 15 Jahren das Rätsel gelöst, wie Apple den Antennagate-Skandal des iPhone 4 softwareseitig behob. Wie Gold auf X (ehemals Twitter) detailliert dokumentiert, waren es lediglich 20 geänderte Bytes in einer Lookup-Tabelle, die den dramatischen Balkenabfall bei der Signalstärkeanzeige korrigierten.

Das iPhone 4 sorgte im Sommer 2010 für Schlagzeilen, als Nutzer entdeckten, dass die Signalbalken beim normalen Halten des Geräts während eines Telefonats drastisch einbrachen. Apple reagierte zunächst defensiv – Steve Jobs konterte gereizt, die Nutzer würden das Telefon falsch halten. Später räumte das Unternehmen ein, dass die Formel zur Berechnung der Signalstärke fehlerhaft sei und in vielen Fällen zwei Balken mehr anzeigte als tatsächlich vorhanden. Das Unternehmen verteilte daraufhin kostenlose Bumper-Hüllen und legte einen Rechtsstreit mit einer außergerichtlichen Einigung bei, bei der betroffene US-Kunden 15 Dollar Entschädigung erhielten.

Gold lud jetzt zwei Firmware-Versionen – vor und nach dem Update auf iOS 4.0.1 – herunter und analysierte das CoreTelephony-Framework. Im Binary CommCenter fand er die relevante Lookup-Tabelle, die Signalstärkewerte in Balken umrechnet. Die ursprüngliche Tabelle war nach seinen Angaben extrem optimistisch kalibriert: Nutzer sahen fast immer vier oder fünf Balken, selbst bei schwachem Empfang. Beim Greifen des Geräts, wodurch die Antenne gedämpft wurde, kam es zu einem abrupten Absturz von fünf auf zwei Balken.

Die Berechnung selbst ist simpel: CommCenter lädt jeden Schwellenwert aus dem Speicher und vergleicht ihn, bis der passende Bereich gefunden ist. Das Problem lag nicht im Code, sondern in den Schwellenwerten der Lookup-Tabelle. In iOS 4.0.1 änderte Apple diese Werte zu einer deutlich sanfteren Kurve. Auf einem Diagramm dargestellt zeigt sich: Es braucht nun einen viel größeren Signalverlust, um von fünf auf null Balken zu fallen. Fünf Balken werden seltener angezeigt, aber der dramatische Einbruch ist verschwunden.

Gold entdeckte zudem einen psychologischen Kniff: Apple erhöhte in der aktualisierten Version die Höhe der Signalbalken, sodass ein oder zwei Balken nicht mehr ganz so schwach aussahen. Diese visuelle Anpassung sollte die Wahrnehmung der Nutzer zusätzlich verbessern, auch wenn die tatsächliche Signalstärke identisch blieb.

Während Apple die Antenne im Nachfolgemodell iPhone 4S hardwareseitig verbesserte, war das eigentliche Problem beim iPhone 4 primär softwarebasiert. Die fehlerhafte Anzeige suggerierte einen starken Empfang, wo keiner war – der physische Effekt des Antennendämpfens durch Berührung existierte zwar, wurde aber durch die unrealistische Balkenanzeige dramatisiert. Mit der Korrektur der 20 Bytes in der Lookup-Tabelle löste Apple das Wahrnehmungsproblem elegant, ohne die Hardware ändern zu müssen.

Die Antennagate-Affäre bleibt ein Lehrstück für die Bedeutung realistischer Nutzer-Interfaces. Während Apple heute mit eigenen 5G-Modems die Kontrolle über die gesamte Funktechnik übernommen hat, zeigt der Fall von 2010 beispielhaft, wie stark die Darstellung technischer Parameter die Wahrnehmung der Nutzer beeinflussen kann.


(mki)



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