Datenschutz & Sicherheit
Automatisierte Datenanalyse: Der grüne Palantir-Spagat
Das Land Baden-Württemberg hat mehr als 25 Millionen Euro ausgegeben, um eine Lizenz für Software des US-Konzerns Palantir zu kaufen, die in der Polizeiarbeit zum Einsatz kommen soll. Doch die Polizei hat rechtlich noch gar keine Befugnis, sie auch zu nutzen. Denn ein neues Polizeigesetz ist gerade erst auf dem Weg durch den Landtag in Stuttgart, um eine solche Befugnis zu schaffen.
Doch es regt sich erheblicher Widerstand, auch in Form einer öffentlichen Landtagspetition. Die Petition fordert unter anderem, den Palantir-Vertrag offenzulegen und ihn „rückabzuwickeln“.
In Baden-Württemberg sind solche Online-Petitionen eine ganz neue Beteiligungsform, die es erst seit dem Sommer gibt. 13.473 Menschen haben ihren Namen unter die Petition gegen den Einsatz der Palantir-Software gesetzt. Das Quorum von 10.000 Stimmen war damit erreicht, so dass gestern die erste öffentliche Online-Anhörung des Petitionsausschusses folgte.
Grüne auf den Barrikaden
Der Petent Sebastian Müller, der die Sache ins Rollen brachte, setzte sich in seiner Rede vor dem Ausschuss dafür ein, dass die Polizei in Baden-Württemberg nicht mit der Palantir-Software ausgestattet wird. Sich von diesem abgründigen US-Konzern abhängig zu machen, sei eine falsche Weichenstellung. Die Vereinigten Staaten seien insgesamt kein verlässlicher Partner mehr.
In der Rede vor dem Petitionsausschuss regt er an, von Experten rechtlich prüfen zu lassen, „welche Optionen es zum Kündigen der Verträge [mit Palantir] gibt“. Das Gesetzesvorhaben, das die polizeiliche automatisierte Datenanalyse erlauben würde, sieht Müller ebenfalls kritisch.
Das Problem heißt nicht nur Palantir
Der Petent ist langjähriger Umweltaktivist und aktives Grünen-Mitglied. Er trägt sein Anliegen auch innerhalb der grünen Landespartei vor und unterstützt eine Urabstimmung dazu. Nun werden Unterschriften gesammelt, um den Palantir-Einsatz zu verhindern. Wenn fünf Prozent der Grünen-Mitglieder zustimmen, wird ein Mitgliederentscheid fällig.
Weil die Grünen in Baden-Württemberg bekanntlich regieren und den Ministerpräsidenten stellen, könnte der Palantir-Protest im anstehenden Wahlkampf eine Rolle spielen. Denn im März 2026 will Cem Özdemir gern das Amt von Winfried Kretschmann übernehmen.
Zwar ist der zuständige Innenminister Thomas Strobl von der CDU, aber die für den Palantir-Einsatz notwendige Polizeigesetzänderung ist eine gemeinsame Sache der grün-schwarzen Koalition, die Kretschmann in seiner dritten Amtszeit als Ministerpräsident anführt. Auf der anstehenden Landesdelegiertenkonferenz ab 12. Dezember 2025, auf der das Landtagswahlprogramm festgezurrt werden soll, könnte Palantir zum Thema werden.
Beamte in Strobls Ministerium hatten im Sommer den Vertrag mit Palantir geschlossen, ohne den grünen Koalitionspartner vorab zu konsultieren. Die Grünen reagierten irritiert. Und es erzürnte auch die grüne Basis, die jetzt gern noch ein Wörtchen mitreden würde. Mehrere grüne Kreisverbände haben sich bereits gegen den Einsatz von Palantir positioniert. Dazu gehören Ulm, Tübingen, Mannheim und Karlsruhe.
Die grüne Landtagsfraktion hingegen trägt nach einem Kompromiss mit der CDU den Palantir-Einsatz mit, wenn auch mit Unmut. Der Süddeutschen Zeitung sagte Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz, man habe Bedenken und Sorgen aufgegriffen. Doch das Innenministerium habe den Palantir-Vertrag geschlossen, das könne man nicht mehr ändern.
Die Anhörung im Petitionsausschuss könnte nun mehr Grüne auf die Barrikaden bringen. Petent Müller sagte der Schwäbischen Zeitung, er wolle, „dass die Entscheidung noch gedreht wird“. Gegenüber netzpolitik.org zeigte sich Müller nach der Anhörung überrascht davon, dass viele Abgeordnete konkrete Regelungen im Polizeigesetz „gar nicht zu kennen schienen“.
Wie autoritäre Tech-Netzwerke die europäische Souveränität gefährden
Ein grüner Spagat
Rückenwind könnte nun von den Grünen im Bund kommen. Denn die veröffentlichten heute einen Sechs-Punkte-Plan mit dem Titel: Das Internet befreien! Freiheit im Internet garantieren! Darin wenden sie sich ausdrücklich auch gegen Palantir: „Wir lehnen jede Form digitaler Massenüberwachung ab, von der Chatkontrolle über die anlasslose Vorratsdatenspeicherung und öffentliche Gesichtserkennung bis hin zum Einsatz von Palantir-Software.“ Solche Vorhaben „schwächen unsere Freiheit und unsere Souveränität“, heißt es in dem Papier.
Digitale Unabhängigkeit
Wir berichten seit Jahren unter dem Stichwort Digitale Souveränität über Abhängigkeiten von Technologien, vor allem aus dem Nicht-EU-Ausland. Unterstütze unsere Arbeit!
Iniitiert wurde der Beitrag von der Bundesvorsitzenden Franziska Brantner und grünen Innenexperten wie dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Konstantin von Notz. Auch die Europaabgeordneten Alexandra Geese und Sergey Lagodinsky unterstützen ihn. Wie auch der Petent fordern die Spitzengrünen mehr „Unterstützung für freie und offene Software als Alternative zu den proprietären Anbietern“, zu denen auch Palantir mit seiner geschlossenen Software gehört. Die hohen Kosten für die Lizenzen könne man sich sparen.
Die Grünen auf Bundesebene positionieren sich damit klar gegen die automatisierte Rasterfahndung in den Polizeidatenbanken mit Palantir. Doch im Bund ist die Partei in der Opposition. Wie der Spagat funktionieren soll, dass die Regierungspartei in Baden-Württemberg zur selben Zeit die gesetzliche Grundlage für die automatisierte Datenanalyse schafft und Palantir auch ganz praktisch einzusetzen plant, müssen die Grünen erklären.
Landesdatenschutzbeauftragter bleibt kritisch
Der in den Ausschuss eingeladene Landesdatenschutzbeauftragte, Tobias Keber, ist schon Monate in die Beratungen zu Palantir und zum Polizeigesetz einbezogen. Er kritisierte, dass ihm die flankierende Verwaltungsvorschrift noch immer nicht vorgelegt worden sei. Diese sei jedoch „entscheidend“, um etwa Zugriffsrechte und weitere Details der praktischen Umsetzung bewerten zu können.

Generell sieht Keber die neue Vorschrift zum Data Mining im Polizeigesetz nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das sich 2023 im Palantir-Urteil mit den Polizeigesetzen Hessens und Hamburgs auseinandergesetzt hatte. Die Paragraphen zur automatisierten Datenanalyse des hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und des hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei waren nicht verfassungsgemäß und teilweise nichtig.
Das Gericht stellte die enorm hohe Streubreite und Intensität der Grundrechtseingriffe fest. Im Urteil wurden detailreiche Anforderungen formuliert, wie eine automatisierte Datenanalyse überhaupt rechtmäßig sein kann.
Keber hatte seine Kritikpunkte am neuen Polizeigesetz bereits in einer schriftlichen Stellungnahme ausgeführt und im Innenausschuss dargelegt. Er fasste sie im Petitionsausschuss nochmal zusammen. Er forderte Änderungen und vor allem Präzisierungen. Denn die Regelungen seien in mehrfacher Hinsicht zu unbestimmt: Der Polizei selbst und nicht dem Gesetzgeber sei es teilweise überlassen, darüber zu bestimmen, welche Daten in die Analyse einflössen.
Die Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung durch die Datenanalyse seien tief. Beschuldigte und Verdächtige dürften nicht ohne rechtliche Schutzmaßnahmen mit unbeteiligten Dritten, Opfern oder Zeugen in einen Topf geworfen werden. Mehrere Regelungen seien mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar.
Landespolizeipräsidentin sieht in Palantir den „technologischen Marktführer“

Die Landespolizeipräsidentin von Baden-Württemberg, Stefanie Hinz, verteidigte im Ausschuss die Entscheidung für den US-Konzern. Sie nannte Palantir den „technologischen Marktführer“ bei der Datenanalyse im Sicherheitsbereich. Es gebe „nach unserem Wissen keine vergleichbaren Produkte, die zeitnah funktionsbereit wären und alle fachlichen Anforderungen erfüllen“. Dem widersprechen Palantir-Konkurrenten vehement.
Man wolle die Software dennoch nur für fünf Jahre nutzen und strebe dann eine deutsche oder europäische Lösung an, so Hinz. Das betonte auch Innenminister Strobl bereits mehrfach.
Die Polizei in Baden-Württemberg nutzt nach Angaben der Polizeivertreter im Ausschuss hessische Infrastruktur, um Palantir anzuwenden. Die hessischen Landesrechenzentren der Polizei seien Partner. Der Rahmenvertrag, den das Bundesland Bayern mit einer deutschen Tochter von Palantir schloss, ermöglichte Baden-Württemberg, auf eine eigene Ausschreibung zu verzichten und den Vertragsschluss damit erheblich zu beschleunigen.
Petitionsausschuss entscheidet geheim
Die ursprünglich vorgesehene Stunde zur öffentlichen Besprechung des Anliegens des Petenten wurde durch die zahlreichen Fragen der Abgeordneten deutlich überschritten. Was aber der Petitionsausschuss entscheiden wird, bleibt der Öffentlichkeit vorenthalten. Denn das wird in nicht-öffentlicher Sitzung beraten.
Der Ausschuss könnte zwar Vorschläge machen, etwa zur Rückabwicklung des Palantir-Vertrages im Sinne des Petenten, die das Parlament dann berücksichtigen kann. Landespolizeipräsidentin Hinz gab aber bereits einen Hinweis, wie es ausgehen könnte. Zwar als Vertreterin der Exekutive geladen, nahm sie sich dennoch die Freiheit, das Anliegen der Petition insgesamt zu beurteilen. Die Juristin beendete schon ihr Eingangsstatement mit der Bemerkung, dass „der Petition nicht abgeholfen werden“ könne.
Datenschutz & Sicherheit
EU-Kommission will Datenschutzgrundverordnung und KI-Regulierung schleifen
Es geht um nicht weniger als eine Generalüberholung der europäischen Digitalregulierung: Am 19. November will die EU-Kommission einen umfassenden Gesetzesvorschlag vorstellen. Der „digitale Omnibus“, wie das Paket genannt wird, soll laut Kommission Regeln vereinfachen, überlappende Gesetze in Einklang bringen und Bürokratie abbauen.
Vier Regulierungsbereiche stehen im Fokus des umfangreichen Reformvorhabens: der Datenschutz, Regeln für die Datennutzung, der Umgang mit Cybersicherheitsvorfällen und die KI-Verordnung. Daher auch der Begriff Omnibus („für alle“) – er wird in der Gesetzgebung verwendet, wenn mehrere Rechtsakte zugleich geändert werden. Die Kommission hat ihre zahlreichen Pläne auf zwei getrennte Gesetzesvorschläge aufgeteilt.
Wir veröffentlichen einen Zwischenstand des Gesetzespakets.
Aus vier mach eins: der überarbeitete Data Act
Mit dem ersten „Digital-Omnibus“ plant die EU-Kommission eine umfassende Konsolidierung verschiedener Datengesetze.
Im Zentrum steht hier der vor rund zwei Jahren verabschiedete Data Act, der nach einer Übergangsfrist erst seit September EU-weit anwendbar ist und nun überarbeitet werden soll. Im neuen Data Act sollen gleich drei weitere Gesetze aufgehen: die Open-Data-Richtlinie, die Verordnung über den freien Fluss nicht-personenbezogener Daten und der Data Governance Act.
Die Kommission präsentiert das erste Omnibus-Gesetz als „eine ehrgeizige Liste technischer Änderungen an einem umfangreichen Korpus digitaler Rechtsvorschriften, die den breitesten Bereich digitaler Unternehmen abdecken.“ Ziel sei es, „Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen und Bürgern gleichermaßen sofortige Erleichterungen zu verschaffen“.
Kommission will die Datenschutzgrundverordnung aufbohren
Dabei will die Kommission auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufbohren und in Teilen zurückschneiden. So bestätigt das Dokumente Gerüchte aus den vergangenen Tagen, wonach der Schutz an mehreren Stellen deutlich zurückgefahren werden soll, um mehr Datennutzung zu ermöglichen.
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Das gilt etwa für das Training von KI-Systemen mit personenbezogenen Daten. Dies soll künftig auf Basis des berechtigten Interesses von Tech-Konzernen möglich sein. Die noch immer heftig geführte Debatte um möglicherweise notwendige Einwilligungen der Betroffenen hätte sich damit erledigt. Deutlich enger gefasst werden soll auch die Definition von pseudonymisierten Daten.
Im Fokus stehen zudem Online-Tracking und Cookies. Auch hier enthält der Vorschlag einen Passus, der den momentan bereits unzureichenden Schutz massiv aufweichen würde: Das Speichern und Auslesen von nicht-notwendigen Cookies auf dem Gerät der Nutzer:innen soll nämlich nicht wie bislang nur nach deren Einwilligung erlaubt sein. Stattdessen soll die ganze Palette der Rechtsgrundlagen eröffnet werden, die die DSGVO zu bieten hat. Dazu zählt auch: das berechtigte Interesse von Website-Betreibern und Tracking-Firmen. Nutzer:innen hätten dann nur noch die Möglichkeit zum nachträglichen Opt-Out.
Gleichzeitig will die Kommission der Cookie-Banner-Flut und der „Zustimmungsmüdigkeit“ bei den Nutzenden begegnen und „den Weg für automatisierte und maschinenlesbare Angaben zu individuellen Präferenzen und deren Berücksichtigung durch Website-Anbieter ebnen, sobald entsprechende Standards verfügbar sind“.
Konkret bedeutet das: Etwa Browser oder Betriebssysteme sollen Signale an Websites senden, die individuelle Entscheidungen der Nutzenden übermitteln, ob diese Cookies annehmen oder ablehnen wollen. Ausgenommen von dieser Regel sollen Medienanbieter (media service providers) sein – „angesichts der Bedeutung des unabhängigen Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft und um dessen wirtschaftliche Grundlage nicht zu untergraben“.
Weniger Schutz für sensible Daten
Darüber hinaus nimmt die Kommission Artikel 9 der DSGVO zu besonderen Kategorien von Daten ins Visier. Durch diesen Artikel sind Daten besonders geschützt, aus denen die „ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen“. Außerdem gehört dazu „die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person“.
Die Kommission will erreichen, dass sensible Daten enger definiert werden. Besonders geschützt wären dann nur noch jene Daten, die oben genannte Informationen explizit offenbaren. Das bedeutet: Gibt etwa eine Person in einem Auswahlfeld an, welche sexuelle Orientierung sie hat, wäre das weiterhin besonders geschützt. Schließt ein Datenverarbeiter aufgrund vermeintlicher Interessen oder Merkmale auf die mutmaßliche sexuelle Orientierung eines Menschen, würden bisherige Einschränkungen wegfallen.
Zugleich betont die Kommission, dass „der verstärkte Schutz genetischer Daten und biometrischer Daten aufgrund ihrer einzigartigen und spezifischen Merkmale unverändert bleiben sollte“.
KI-Verordnung soll aufgeweicht werden
Weitergehende Regelungen zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz finden sich im zweiten Gesetzespaket zur KI-Verordnung.
Die hier geplanten Änderungen begründet die Kommission damit, dass es bei der KI-Verordnung noch „Herausforderungen bei der Umsetzung“ gebe, „die das wirksame Inkrafttreten wichtiger Bestimmungen gefährden könnten“. Die Kommission schlägt daher „gezielte Vereinfachungsmaßnahmen vor, die eine zeitnahe, reibungslose und verhältnismäßige Umsetzung gewährleisten sollen“.
Konkret sieht der zweite Omnibus unter anderem vor, die KI-Aufsicht teilweise bei dem sogenannten AI Office zu bündeln, das direkt bei der Kommission angesiedelt ist. Davon wären vor allem sehr große Online-Plattformen (VLOPS) und Anbieter großer Suchmaschinen betroffen.
VLOPs sind laut dem Digital Services Act (DSA) solche Angebote, die monatlich mehr als 45 Millionen Nutzer:innen in der EU erreichen. Dazu zählen große soziale Netzwerke und Marktplätze wie Facebook, Instagram oder Amazon.
Außerdem will die Kommission es Anbietern und Betreibern von KI-Systemen „erleichtern“, Dateschutzgesetze einzuhalten, wenn sie personenbezogene Daten verarbeiten. Zudem will sie Sonderregeln für kleine und mittlere Unternehmen schaffen, um sie von bestimmten Verpflichtungen etwa bei Dokumentation und Monitoring auszunehmen.
Unklar ist derzeit offenbar noch, ob die weitere Umsetzung der KI-Verordnung in Teilen aufgeschoben wird. Eine solche Verschiebung wäre im Sinne der Bundesregierung. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) wirbt seit Monaten dafür. Als Grund führt der Minister an, dass die technischen Standards noch nicht vorlägen.
Update, 16:30 Uhr: Wir haben den Text um weitere Aspekte ergänzt.
Datenschutz & Sicherheit
Supply-Chain-Attacken: Fast jedes dritte Unternehmen betroffen
Angriffe auf die Lieferkette entwickeln sich zu einem erheblichen Sicherheitsrisiko für deutsche Unternehmen: Knapp 28 Prozent der Firmen waren innerhalb von zwölf Monaten von Cyberangriffen auf ihre Zulieferer betroffen oder hatten einen entsprechenden Verdacht. Das geht aus einer aktuellen Studie des Digitalverbands Bitkom hervor, für die mehr als 1000 Unternehmen quer durch alle Branchen befragt wurden.
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Konkret gaben 9 Prozent der befragten Firmen an, dass ihre Zulieferer nachweislich Opfer von Industriespionage, Sabotage oder Datendiebstahl wurden. Weitere 19 Prozent hatten einen entsprechenden Verdacht. Die Angreifer nutzen dabei eine klassische Schwachstelle: Auch wenn ein Unternehmen selbst hohe Sicherheitsstandards implementiert hat, können über vernetzte IT-Systeme oder bei Zulieferern liegende Geschäftsunterlagen – zum Beispiel Konstruktionspläne – Angriffsvektoren entstehen.
Die Auswirkungen sollten Firmen laut Bitkom auf keinen Fall unterschätzen: 41 Prozent der Unternehmen, deren Zulieferer attackiert wurden, spürten konkrete Folgen. Diese reichen von Produktionsausfällen über Lieferengpässe bis hin zu Reputationsschäden. Bei knapp der Hälfte (49 Prozent) blieben die Angriffe auf Zulieferer ohne direkte Auswirkungen auf das eigene Geschäft.
„Angreifer suchen sich die schwächste Stelle aus. Gerade bei besonders gut geschützten Unternehmen sind das häufig weniger gut geschützte Zulieferer“, erklärt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Zur Verbesserung der Cybersicherheit müssten Geschäftspartner entlang der Lieferkette sensibilisiert, Schutzmaßnahmen vereinbart und gemeinsam implementiert werden.
Ebenfalls kritisch: 15 Prozent der befragten Unternehmen wissen nicht, ob ihre Zulieferer angegriffen wurden – oder wollten keine Angaben dazu machen. Lediglich 4 Prozent arbeiten nicht mit Zulieferern zusammen. Die übrigen 53 Prozent gaben an, dass es keine bekannten Angriffe auf ihre Zulieferer gab. Die Studie findet sich als PDF in der Mitteilung des Bitkom.
(fo)
Datenschutz & Sicherheit
EU-Kommission will Datenschutzgrundverordnung und KI-Regulierung aufbohren
Es geht um nicht weniger als eine Generalüberholung der europäischen Digitalregulierung: Am 19. November will die EU-Kommission einen umfassenden Gesetzesvorschlag vorstellen. Der „digitale Omnibus“, wie das Paket genannt wird, soll laut Kommission Regeln vereinfachen, überlappende Gesetze in Einklang bringen und Bürokratie abbauen.
Vier Regulierungsbereiche stehen im Fokus des umfangreichen Reformvorhabens: der Datenschutz, Regeln für die Datennutzung, der Umgang mit Cybersicherheitsvorfällen und die KI-Verordnung. Daher auch der Begriff Omnibus („für alle“) – er wird in der Gesetzgebung verwendet, wenn mehrere Rechtsakte zugleich geändert werden. Die Kommission hat ihre zahlreichen Pläne auf zwei getrennte Gesetzesvorschläge aufgeteilt.
Wir veröffentlichen einen Zwischenstand des Gesetzespakets.
Aus vier mach eins: der überarbeitete Data Act
Mit dem ersten „Digital-Omnibus“ plant die EU-Kommission eine umfassende Konsolidierung verschiedener Datengesetze.
Im Zentrum steht hier der vor rund zwei Jahren verabschiedete Data Act, der nach einer Übergangsfrist erst seit September EU-weit anwendbar ist und nun überarbeitet werden soll. Im neuen Data Act sollen gleich drei weitere Gesetze aufgehen: die Open-Data-Richtlinie, die Verordnung über den freien Fluss nicht-personenbezogener Daten und der Data Governance Act.
Die Kommission präsentiert das erste Omnibus-Gesetz als „eine ehrgeizige Liste technischer Änderungen an einem umfangreichen Korpus digitaler Rechtsvorschriften, die den breitesten Bereich digitaler Unternehmen abdecken.“ Ziel sei es, „Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen und Bürgern gleichermaßen sofortige Erleichterungen zu verschaffen“.
Wir sind ein spendenfinanziertes Medium
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Kommission will die Datenschutzgrundverordnung aufbohren
Dabei will die Kommission auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufbohren. Im Fokus stehen hier unter anderem Cookies und pseudonymisierte Daten.
Um der Cookie-Banner-Flut und der „Zustimmungsmüdigkeit“ bei den Nutzenden zu begegnen, will die Kommission „den Weg für automatisierte und maschinenlesbare Angaben zu individuellen Präferenzen und deren Berücksichtigung durch Website-Anbieter ebnen, sobald entsprechende Standards verfügbar sind“.
Konkret bedeutet das: Etwa Browser oder Betriebssysteme sollen Signale an Websites senden, die individuelle Entscheidungen der Nutzenden übermitteln, ob diese Cookies annehmen oder ablehnen wollen. Ausgenommen von dieser Regel sollen Medienanbieter (media service providers) sein – „angesichts der Bedeutung des unabhängigen Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft und um dessen wirtschaftliche Grundlage nicht zu untergraben“.
Darüber hinaus will die Kommission Artikel 9 der DSGVO zu besonderen Kategorien von Daten aufbohren. Durch diesen Artikel sind Daten besonders geschützt, aus denen die „ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen“. Außerdem gehört dazu „die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person“.
Die Kommission will erreichen, dass sensible Daten enger definiert werden. Besonders geschützt wären dann nur noch jene Daten, die oben genannte Informationen explizit offenbaren. Das bedeutet: Gibt etwa eine Person in einem Auswahlfeld an, welche sexuelle Orientierung sie hat, wäre das weiterhin besonders geschützt. Schließt ein Datenverarbeiter aufgrund vermeintlicher Interessen oder Merkmale auf die mutmaßliche sexuelle Orientierung eines Menschen, würden bisherige Einschränkungen wegfallen.
Zugleich betont die Kommission, dass „der verstärkte Schutz genetischer Daten und biometrischer Daten aufgrund ihrer einzigartigen und spezifischen Merkmale unverändert bleiben sollte“. Auch die Verwendung personenbezogener Daten für das Training von KI-Modellen auf Grundlage des berechtigten Interesses soll nach den Plänen der EU-Kommission künftig grundsätzlich erlaubt sein.
KI-Verordnung soll aufgeweicht werden
Weitergehende Regelungen zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz finden sich im zweiten Gesetzespaket zur KI-Verordnung.
Die hier geplanten Änderungen begründet die Kommission damit, dass es bei der KI-Verordnung noch „Herausforderungen bei der Umsetzung“ gebe, „die das wirksame Inkrafttreten wichtiger Bestimmungen gefährden könnten“. Die Kommission schlägt daher „gezielte Vereinfachungsmaßnahmen vor, die eine zeitnahe, reibungslose und verhältnismäßige Umsetzung gewährleisten sollen“.
Konkret sieht der zweite Omnibus unter anderem vor, die KI-Aufsicht teilweise bei dem sogenannten AI Office zu bündeln, das direkt bei der Kommission angesiedelt ist. Davon wären vor allem sehr große Online-Plattformen (VLOPS) und Anbieter großer Suchmaschinen betroffen.
VLOPs sind laut dem Digital Services Act (DSA) solche Angebote, die monatlich mehr als 45 Millionen Nutzer:innen in der EU erreichen. Dazu zählen große soziale Netzwerke und Marktplätze wie Facebook, Instagram oder Amazon.
Außerdem will die Kommission es Anbietern und Betreibern von KI-Systemen „erleichtern“, Dateschutzgesetze einzuhalten, wenn sie personenbezogene Daten verarbeiten. Zudem will sie Sonderregeln für kleine und mittlere Unternehmen schaffen, um sie von bestimmten Verpflichtungen etwa bei Dokumentation und Monitoring auszunehmen.
Unklar ist derzeit offenbar noch, ob die weitere Umsetzung der KI-Verordnung in Teilen aufgeschoben wird. Eine solche Verschiebung wäre im Sinne der Bundesregierung. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) wirbt seit Monaten dafür. Als Grund führt der Minister an, dass die technischen Standards noch nicht vorlägen.
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