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Bundesnetzagentur: Private Speicher sollen am Energiemarkt teilnehmen


Über 17 Gigawattstunden Batteriespeicherkapazität steht in deutschen Haushalten, genutzt werden sie fast ausschließlich auf eine Weise: Tagsüber speichern sie Überschüsse, nachts geben sie Energie für Verbraucher im Haus ab. Ganz anders arbeiten Batteriegroßspeicher, von denen es bisher nicht einmal 3 Gigawattstunden in Deutschland gibt. Sie werden unter anderem für Arbitragehandel eingesetzt, laden also in Zeiten niedriger (oder negativer) Börsenstrompreise und entladen bei hohen Preisen wieder ins Netz. Einerseits verdient der Betreiber Geld, andererseits dient diese Verschiebung von Energiemengen dem Netz – deshalb gibt es eine Befreiung von Netzentgelten, die sonst für jede Kilowattstunde anfällt. Für private Betreiber, die Batteriespeicher meist zusammen mit einer PV-Anlage betreiben, war das bisher nicht gestattet. Es gilt das Prinzip: Keinesfalls darf nicht-grüner (also nicht aus der PV-Anlage stammender) Strom ins öffentliche Netz fließen.

Diese Regelung könnte demnächst fallen, wenn es nach der Bundesnetzagentur geht, die eine sogenannte Festlegung mit dem Titel „Marktintegration Speicher und Ladepunkte“ (MiSpeL) zur Konsultation veröffentlicht hat. Es handelt sich also um einen Vorschlag, noch nicht um eine fertige Regelung. Wenn MiSpeL wie vorgeschlagen in Kraft tritt, würde es Speicherbesitzern und auch E-Auto-Fahrern neue Optionen eröffnen. „Mit dieser Festlegung legen wir einen Grundstein für die Flexibilisierung der kleinen und großen Stromspeicher: Sie können sich künftig zugleich aktiv am Strommarkt beteiligen und weiterhin für die Optimierung des eigenen Verbrauchs verwendet werden. Bislang ging nur eines von beidem“, lässt sich BNetzA-Präsident Klaus Müller zitieren.

Damit ein privater Betreiber die beschriebenen Szenarien nutzen kann, sind einige Voraussetzungen erforderlich: Es braucht digitale Stromzähler, die Im- und Export getrennt im 15-Minuten-Raster erfassen können. Das ist für die Auswertung am Jahresende entscheidend. Außerdem braucht es einen dynamischen Stromtarif für den Bezug sowie dynamische Einspeisetarife über einen Direktvermarkter, beide nach Day-Ahead-Börsenpreis im Viertelstundenraster.

Für das konkrete Messkonzept unterbreitet die Bundesnetzagentur zwei Optionen, die parallel angeboten werden sollen: die Abgrenzungsoption und die Pauschaloption. Erstere erfordert ein wesentlich komplexeres Zählerkonstrukt aus zwei Zweirichtungszählern, bei dem ein Zähler nur die Batterie abgrenzt. Für Anlagen mit Hybridwechselrichter, der PV-Strings und Batterie versorgt, dürfte das gar nicht umzusetzen sein – und für alle anderen Anlagen erfordert es einen größeren Eingriff in den Zählerschrank. Dafür kann für jede Viertelstunde ermittelt werden, in welche Richtung wie viel Energie geflossen ist und so kann mit einem Blick auf die jeweiligen Börsenstrompreise spitz abgerechnet werden.



Die Abgrenzungsoption: Der Speicher wird separat mit einem Zweiwegezähler abgegrenzt und Energiemengen werden im Viertelstundenraster abgerechnet.

(Bild: Bundesnetzagentur)

Einfacher und für private Betreiber mutmaßlich attraktiver ist die Pauschaloption, die mit einem Zähler auskommt. Der zählt, wie viel Energie pro Viertelstunde ins Haus oder aus dem Haus ins Netz geflossen ist, es kann aber nicht ermittelt werden, wo die herkam. Daher werden ein paar Annahmen getroffen, um zu ermitteln, wie viel Marktprämie für eingespeiste Energie aus der PV-Anlage gezahlt werden muss: Pro installiertem Kilowatt Peak wird angenommen, dass 500 Kilowattstunden im Jahr ins Netz fließen können (und etwa 300 im Haus verbraucht werden). Für eine Anlage mit 10 kW geht man also von 5000 kWh im Jahr aus.



Die Pauschaloption: Der Speicher braucht keinen eigenen Zähler, es werden pauschale Annahmen zur Verrechnung getroffen.

(Bild: Bundesnetzagentur)

Diese Menge gilt als förderfähig und es wird die Marktprämie ausgeschüttet, die bereits heute für Direktvermarktung bezahlt wird – allerdings nur in Zeiten, in denen der Börsenpreis nicht negativ ist. Auch für den Stromhandel (Arbitragehandel), also Einkauf bei günstigen und Verkauf bei hohen Strompreisen, gibt es eine einfache Annahme, damit der private Betreiber keine Netzentgelte auf Energie bezahlen muss, die er zum Zweck des späteren Verkaufs bezogen hat: Wenn am Ende des Jahres die Einspeisung höher ist als die Energiemenge, die von der PV-Anlage zu erwarten sind, wird davon ausgegangen, dass dieser Strom für den Energiehandel gekauft und zwischengespeichert wurde. Beispiel: In einer Anlage mit 10 kW sind 5000 kWh erwartbar, am 31.12. stehen aber 8000 kWh auf dem Zähler. Dann wird angenommen, dass 3000 kWh zum Handeln eingekauft wurden – für diese Menge wird das Netzentgelt nicht erhoben.

Auch E-Autos in Kombination mit bidirektional arbeitenden Wallboxen berücksichtigt die BNetzA in ihrem Vorschlag. Sie sollen wie andere Batteriespeicher behandelt werden. Soll heißen: Wenn der Autohersteller Akkukapazität zum Ausspeichern freigibt, kann künftig auch das Auto als Speicher für den Stromhandel eingesetzt werden.

Mit ihrem Entwurf eröffnet die BNetzA Speicherbesitzern und künftig auch E-Auto-Fahrern neue Möglichkeiten, ihren Speicher wirtschaftlicher zu nutzen und setzt Anreize, die Einspeisung in Zeiten hoher Preise zu verlagern. Das dürfte auch das Geschäftsmodell für Speicher- und Wechselrichterhersteller verändern – denn sinnvoll funktioniert der Arbitragehandel nur, wenn das Energiemanagementsystem von Speicher oder Wechselrichter anhand von Prognosen und Börsenstrompreisen entscheidet, wann ein- und ausgespeichert werden soll.

Voraussetzung für die Umsetzung sind in jedem Fall intelligente Messsyteme mit Smart-Meter-Gateway, die ihre Messwerte im Viertelstundenraster übertragen können. Und deren Ausbau stockt in Deutschland bekanntermaßen seit Jahren.


(jam)



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