Künstliche Intelligenz
Bundesregierung: Deutschland ist in Technologiebereichen von US-Firmen abhängig
Nach Einschätzung der Bundesregierung gibt es „einige Technologiebereiche, in denen Deutschland von einzelnen ausländischen Anbietern abhängig ist“. Das gelte etwa bei Cloud-Infrastruktur, Betriebssystemen und Netzwerktechnik, schreibt das federführende Digitalministerium in einer jetzt veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion. Diese Abhängigkeit will die Exekutive demnach „reduzieren und europäischen Unternehmen die Chance geben, sich stärker im Wettbewerb um sichere und leistungsstarke Infrastrukturen zu positionieren“.
Die Regierung ist sich laut dem Bescheid auch bewusst, dass auf dem deutschen und dem europäischen Markt für Cloud-Lösungen einige US-Konzerne als Hyperscaler hohe Marktanteile verzeichnen. Daraus ergäben sich auch Abhängigkeiten von diesen Anbietern. Diese brächten, solange sie einseitig bestünden, „Risiken mit sich“. Daher sieht es die Exekutive als ihre Aufgabe an, diese Gefahren zu adressieren und zu vermeiden.
Selbst sind die Regierungsressorts aber eifrige Nutzer insbesondere von Cloud-Diensten von Amazon Web Services (AWS) und Microsoft, wie aus einer früheren Antwort der Exekutive auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Selbst sensible Bereiche wie die dem Innenministerium unterstellte Bundespolizei sind hier vertreten. Zudem hat das Beschaffungsamt erst unlängst vier Rahmenvereinbarungen mit Hyperscalern geschlossen, aus denen die Regierungsbehörden nun vereinfacht Cloud-Services von Amazon, Google und Microsoft beziehen können.
Neue Rahmenvereinbarungen mit Hyperscalern
Die Sicherheit der in den Rechnerwolken gespeicherten Daten gilt bei den genannten US-Unternehmen nicht grundsätzlich als gegeben. Denn diese sind vor allem durch den Cloud Act verpflichtet, die auch im Ausland verarbeiteten Kundeninformationen auf Anfrage den US-Sicherheitsbehörden zur Verfügung zu stellen. Ein richterlicher Beschluss ist dafür nicht nötig. Erkenntnisse, ob Daten deutscher Firmen auf Speicherplätzen der Hyperscaler hierzulande liegen, unter Bezug auf den Cloud Act etwa an US-amerikanische Polizeibehörden oder Geheimdienste gingen, hat die Regierung nach eigenen Angaben nicht.
Trotz der neuen Rahmenvereinbarungen betont die Regierung: „Die Stärkung der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas, gerade auch im Bereich der digitalen Infrastruktur, ist ein Kernanliegen des Koalitionsvertrags und der Bundesregierung.“ Das schwarz-rote Bündnis hat sich vorgenommen: „Unsere Digitalpolitik ist ausgerichtet auf Souveränität.“ Dabei gehe es um „Machtpolitik“. Gefragt sei ein „digital souveränes Deutschland“. Kanzler Friedrich Merz und Digitalminister Karsten Wildberger (beide CDU) betonten wiederholt diesen Aspekt.
OpenDesk und OpenCode als Vorzeigeprojekte
Für das Haushaltsjahr 2025 sind der Antwort zufolge eine Reihe von Maßnahmen, Projekten und Investitionen vorgesehen oder bereits beauftragt, die „zur Stärkung der digitalen Souveränität geeignet sind“. Konkret verweist das Digitalministerium auf die Weiterentwicklung und Etablierung der cloudbasierten Lösung OpenDesk, die als Alternative für das Office-Paket Microsoft 365 gilt, den Grundbetrieb der Plattform OpenCode sowie eine Machbarkeitsstudie zur Integration der Deutschen Verwaltungscloud in dieses Portal zum Austausch von Open-Source-Software.
Im Zuständigkeitsbereich des Forschungsministeriums erfolgten Investitionen im Rahmen der KI-Servicezentren, der Initiative der AI Factories sowie des Ausbaus des Hoch- und Höchstleistungsrechnens, führt die Regierung weiter aus. Mittel für künftige Investitionen des Ressorts würden im Rahmen des laufenden Haushaltsaufstellungsverfahrens festgelegt. Das Wirtschaftsministerium bereite zudem ein „Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse“ für Edge-Compute-Infrastruktur (IPCEI-ECI) vor, für das im laufenden Haushaltsverfahren Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaschutz bereitgestellt werden sollen. Ferner werde die Förderung im Rahmen des IPCEI-Cloud fortgesetzt. Dessen Ziel ist es, Softwarelösungen für Cloud-Infrastrukturen zu entwickeln und weitgehend als Open Source zur Verfügung zu stellen.
Die Open Source Business Alliance (OSBA) und andere deutsche Akteure fordern seit Längerem dringend Alternativen zu ausländischen IT-Diensten und -Infrastrukturen, „die wir kontrollieren und gestalten können“. Sie sehen die Bundesregierung in der Pflicht, mit Hochdruck daran zu arbeiten. Wirtschaftsprüfer verwiesen schon 2019 in einer Studie für das Innenressort auf „Schmerzpunkte bei der Bundesverwaltung“ aufgrund von Abhängigkeiten von Microsoft-Produkten.
(nie)