Connect with us

Datenschutz & Sicherheit

Dänemark nimmt Abstand von verpflichtender Chatkontrolle


Internet-Dienste sollen nicht zur Chatkontrolle verpflichtet werden, die Kommunikation ihrer Nutzer aber freiwillig durchsuchen dürfen. Das schlägt die dänische Ratspräsidentschaft vor.

Seit über drei Jahren streiten die EU-Institutionen über eine verpflichtende Chatkontrolle. Die Kommission will Internet-Dienste verpflichten, die Inhalte ihrer Nutzer auf Straftaten zu durchsuchen und diese bei Verdacht an Behörden zu schicken. Das Parlament bezeichnet das als Massenüberwachung und fordert, nur unverschlüsselte Inhalte von Verdächtigen zu scannen.

Keine Verpflichtung

Im Rat ist bisher kein Vorschlag zustimmungsfähig. Auch der bislang letzte Versuch scheiterte, unter anderem wegen Widerstand aus Deutschland. Gestern hat Dänemark einen neuen Vorschlag verschickt.

In einem Schreiben, das wir aus Quellenschutzgründen derzeit nicht veröffentlichen können, schreibt Dänemark: „Dieser Ansatz sieht keine Aufdeckungsanordnungen vor, sondern behält die freiwillige Regelung für Technologieunternehmen zur Rückverfolgung von Material über sexuellen Kindesmissbrauch bei.“

Der dänische Justizminister Peter Hummelgaard bestätigt gegenüber Medien: „Die Aufdeckungsanordnung wird nicht Teil des neuen Kompromissvorschlags der EU-Präsidentschaft sein. Die Suche nach Material über sexuellen Kindesmissbrauch bleibt für Technologiekonzerne freiwillig.“

Ein EU-Beamter hat diese Angaben gegenüber netzpolitik.org bestätigt. Die dänische Ratspräsidentschaft und das dänische Justizministerium haben auf unsere Anfrage von gestern bisher nicht geantwortet.

Vorschlag schonmal abgelehnt

Schon Polen hatte vorgeschlagen, die Chatkontrolle freiwillig zu erlauben statt verpflichtend zu machen. Dieser Vorschlag fand keine Mehrheit, die Mehrheit der EU-Staaten beharrte auf der Verpflichtung.

Ob derselbe Vorschlag jetzt eine Mehrheit findet, nur weil er von Dänemark statt Polen kommt, ist völlig offen. Selbst wenn sich die EU-Staaten auf diesen Kompromiss einigen sollten, geht das Gesetzgebungsverfahren danach im Trilog weiter. Dort verhandeln Kommission, Parlament und Rat über einen Kompromiss ihrer drei Positionen.

Der neue Vorschlag von Dänemark ist ein wichtiger Etappensieg, aber die Chatkontrolle ist noch lange nicht vom Tisch.

Freiwillige Chatkontrolle

Eigentlich ist eine freiwillige Chatkontrolle verboten. Laut Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation dürfen Internetdienste die Inhalte ihrer Nutzer:innen nicht „mithören, abhören, speichern oder auf andere Arten abfangen oder überwachen“.

Manche Anbieter wie Google, Apple und Meta tun das jedoch bereits freiwillig. Um das zu legalisieren, gibt es seit vier Jahren eine vorübergehende Ausnahme der Vertraulichkeit der Kommunikation. Diese Ausnahme will Dänemark jetzt dauerhaft machen.

Die temporäre Ausnahme der Datenschutzrichtlinie, die eine freiwillige Chatkontrolle erlaubt, läuft im April 2026 aus. Dass das neue Gesetz bis dahin in Kraft ist, ist unwahrscheinlich.

Breite Ablehnung

Die freiwillige Chatkontrolle wird massiv kritisiert. Der Europäische Datenschutzbeauftragte warnt vor flächendeckender Überwachung privater Kommunikation und hohen Fehlerquoten. Ein Betroffener sexueller Gewalt klagt gegen die freiwillige Chatkontrolle von Facebook. Sogar die EU-Kommission hat erhebliche rechtliche Bedenken und lehnt eine freiwillige Speicherung ab.

Die EU-Kommission ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Verhältnismäßigkeit der freiwilligen Chatkontrolle zu belegen. Anfang September hätte sie einen Bericht mit Statistiken vorlegen müssen. Das hat sie bis heute nicht getan. Die Kommission scheitert, die Verhältnismäßigkeit der Chatkontrolle zu belegen.

Weitere Probleme

Neben der Chatkontrolle enthält der Gesetzentwurf weitere problematische Regeln. Internet-Zugangs-Anbieter sollen Netz-Sperren einführen, um einzelne Internet-Inhalte zu sperren. Internet-Dienste sollen das Alter ihrer Nutzer überprüfen, was eine anonyme oder pseudonyme Nutzung gefährdet. Auch die freiwillige Chatkontrolle kann auf andere Inhalte ausgeweitet werden.

Neben der CSA-Verordnung bedrohen andere Gesetzesvorhaben vertrauliche Kommunikation. Die Europäische Strategie für die innere Sicherheit „ProtectEU“ fordert einen „Technologiefahrplan für Verschlüsselung“. Sicherheitsbehörden fordern Zugang zu verschlüsselten Inhalten, auch bei „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“. Die Forderung könnte in weiteren Gesetzen wieder aufkommen.

Die Auseinandersetzung um die Chatkontrolle geht weiter.



Source link

Datenschutz & Sicherheit

Unsere Einnahmen und Ausgaben und verschiedene Hüte



Kürzlich waren wir in einem Kernkraftwerk nördlich von Berlin. Ein Betriebsausflug zu Beginn unserer dreitägigen Klausur in Brandenburg. Die Anlage ist schon lange stillgelegt und wird seit nunmehr 30 Jahren zurückgebaut.

Wir bekamen rote Bauhelme aufgesetzt und eine Führung durch die Ruine. Schwere Stahltüren, Kontrollräume mit längst erloschenen Signalleuchten, an jeder Ecke verblichene Hinweisschilder. Am Ende dann der Blick durch ein gläsernes Bullauge, dahinter, in grüngelbem Zwielicht, der leere Reaktorkern.

Rund 130 Menschen arbeiten noch im Kernkraftwerk. Der Rückbau sei kompliziert und kleinteilig, sagte man uns. Und die Anträge zögen sich hin, auch wegen des Naturschutzgebiets drumherum. Vor 2040 werde man hier nicht fertig. Am Ende soll da, wo jetzt noch Beton in den Himmel ragt, grüne Wiese sein.

Auf der Klausur haben wir uns dann imaginäre Hüte aufgesetzt und nach vorn geschaut: Wer im Team hat welchen Hut auf, trägt also für was Verantwortung? Und wie viel Beteiligung wünscht sich das Team bei welchen Entscheidungen?

Um darauf Antworten zu finden, haben wir „Delegationspoker“ gespielt. Der Name führt in die Irre, weil es nicht ums Bluffen geht, sondern darum, besser Entscheidungen im Team zu treffen. Und am Ende gewinnt auch nicht eine Person den begehrten „Pot“, sondern wir alle mehr Klarheit darüber, wie wir zusammenarbeiten wollen.

Ein wenig Kopfzerbrechen bereitete uns der Blick auf unsere Spendenentwicklung. Das Jahr startete erstaunlich gut, dann aber flacht die Kurve ab. Schlagen sich hier Verteuerung, Konjunkturkrise oder gar politische Resignation nieder? Ausgerechnet jetzt, wo allerorten Grundrechte geschliffen und Überwachung massiv ausgebaut werden? Oder ist es doch nur eine zufällige Delle?

Genauer wissen wir das wohl erst nach dem vierten Quartal und unserer Jahresendkampagne. Vielleicht machen wir uns ja nur unnötigerweise einen Kopf und sagen am Ende all unseren Spender:innen: „Dankeschön, Chapeau und Hut ab!“

Die harten Zahlen

Und damit zu den harten Zahlen des dritten Quartals dieses Jahres.

Von Juli bis September lagen wir bei den Spendeneinnahmen deutlich unter unseren Erwartungen. Insgesamt haben uns in den drei Monaten etwas mehr als 182.800 Euro an Spenden erreicht. Damit sind wir fast 35.700 Euro beziehungsweise 16,3 Prozent unter dem Plan.

Das liegt vor allem daran, dass ihr uns im vergangenen Jahr zum 20. Geburtstag sehr viele Spendengeschenke gemacht habt. Wir hatten gehofft, dass sich einige dieser Geschenke nicht einmalig, sondern über die nächsten Jahre auspacken lassen. Wie ihr wisst, stehen wir auf Dauerspenden.

Wir sind ein spendenfinanziertes Medium

Unterstütze auch Du unsere Arbeit mit einer Spende.

Nun richten wir unseren Blick erwartungsvoll auf die Jahresendkampagne, die wir derzeit vorbereiten. Wir bauen darauf, dass wir uns mit eurer Unterstützung am Ende des Jahres nicht mehr an das Kopfzerbrechen von heute erinnern.

Unsere Spendeneinnahmen

Der Anteil der Einnahmen aus Spenden beträgt im dritten Quartal 93,8 Prozent unserer Gesamteinnahmen, die sich auf fast 195.000 Euro belaufen.

Wie im Transparenzbericht zum 2. Quartal beschrieben, reichen unsere Einnahmen zwischen Februar bis Mitte November in der Regel nicht dazu aus, um unsere Ausgaben zu decken. Zur Finanzierung dieses „Spendentals“ halten wir jedes Jahr eine größere Spendensumme aus der vorangegangen Jahresendkampagne zurück.

Wir wollen diese Situation langfristig aber verbessern und bitten euch deshalb regelmäßig um Dauerspenden. Diese richtet ihr entweder als Lastschrift über unsere Spendenseite oder als Dauerauftrag über euer Bankkonto ein.

Vielleicht habt ihr unsere letzte Dauerspendenkampagne „30 – 300 -3000“ gesehen. Wir wollten in 30 Tagen, 300 Menschen gewinnen, die uns dauerhaft monatlich 10 Euro spenden. Mit einer Beteiligung von 188 Spender:innen haben wir das angepeilte Ziel zwar nicht erreicht. Dennoch werten wir das Ergebnis als Erfolg, weil viel mehr Menschen eine Dauerlastschrift eingerichtet haben als in vielen anderen Monaten. Das verschafft uns ab dem Herbst zusätzliche jährliche Einnahmen in Höhe von 26.000 Euro und damit größere Planungssicherheit. Herzlichen Dank dafür!

Unsere Ausgaben im 3. Quartal

Bei den Ausgaben bewegen sich die Personalkosten im dritten Quartal bei rund 220.600 Euro. Trotz der neuen Volontariatsstelle, die wir Anfang September mit Timur besetzen konnten, haben wir fast 10.000 Euro weniger verausgabt, als im Stellenplan kalkuliert. Das liegt nach wie vor am Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, dessen Ergebnis wir bei der Budgetrechnung zu Jahresanfang höher angesetzt haben, als er dann für 2025 eingetroffen ist.

Bei den Sachkosten haben wir für das dritte Quartal 66.800 Euro ausgegeben, rund 5.500 Euro weniger als gedacht. Hier sind so gut wie alle Ausgabenbereiche unauffällig oder liegen unter dem Plan. Im Bereich Spendenverwaltung sind Gebühren fällig geworden, die halbjährlich abgerechnet werden. In unseren Planungen haben wir diese Kosten als Monatsdurchschnitt berechnet. Deshalb ist dieser Bereich über dem Plan. Diese Entwicklung reguliert sich im Jahresverlauf.

Für Umbaumaßnahmen in unseren Büroräumen haben wir etwas mehr als 5.000 Euro ausgegeben. Der Umbau war nötig, um neue Arbeitsplätze für die neuen Stellen im Volontariat und im Projekt Reichweite zu schaffen.

Unser Projekt Reichweite hatten wir im letzten Quartalsbericht vorgestellt. Wir haben 200.000 Euro zurückgelegt für diese Maßnahmen – einen Relaunch unserer Website, eine höhere Verbreitung unserer Inhalte in den sozialen Medien sowie eine neue Software, um mehr und schnelleren Überblick zu unseren Spendeneinnahmen zu bekommen. Seit dem Sommer läuft die Arbeit an dem Relaunch; und seit Anfang September kümmert sich Fio in unserem Team um unsere Reichweite in den sozialen Medien.

Unterm Strich haben wir für Personalkosten und Sachkosten im dritten Quartal rund 287.400 Euro verausgabt. Das sind knapp 15.600 Euro weniger, als wir kalkuliert haben.

Das vorläufige Ergebnis

Im Jahresverlauf haben wir Einnahmen in Höhe von 655.700 Euro erzielt und liegen zum Ende des dritten Quartals mit 27.200 Euro knapp über dem Plan. Grund sind vor allem die sehr guten Spendeneinnahmen zu Jahresbeginn. Da unsere Ausgaben in Höhe von 860.500 Euro unter den kalkulierten Kosten liegen, fällt unser derzeitiges Ergebnis von minus 204.800 Euro immerhin um 72.700 Euro geringer aus als erwartet. Trotz der Delle in den Spendeneinnahmen im dritten Quartal bleiben wir optimistisch. Das Jahr kann so gut ausgehen, wie es angefangen hat!

Wenn ihr uns unterstützen möchtet, findet ihr hier alle Möglichkeiten. Am besten ist eine monatliche Dauerspende. Damit können wir langfristig planen.

Inhaber: netzpolitik.org e.V.
IBAN: DE62430609671149278400
BIC: GENODEM1GLS
Zweck: Spende netzpolitik.org

Wir freuen uns auch über Spenden via Paypal.

Wir sind glücklich, die besten Unterstützer:innen zu haben.

Unseren Transparenzbericht mit den Zahlen für das 2. Quartal 2025 findet ihr hier.

Vielen Dank an euch alle!



Source link

Weiterlesen

Datenschutz & Sicherheit

Internationaler Strafgerichtshof kickt Microsoft aus seiner Verwaltung


Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) will Microsoft-Anwendungen aus seiner Verwaltung verbannen und stattdessen die Open-Source-Lösung openDesk nutzen. Entwickelt hat diese das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) in Deutschland, eine GmbH des Bundes, die 2022 auf Initiative des Bundesinnenministeriums gegründet wurde.

Die Entscheidung des IStGH hängt laut einem Bericht des Handelsblatts mit einem Vorfall im Mai zusammen. Damals konnte der Chefankläger Karim Khan nicht mehr auf sein E-Mail-Postfach zugreifen, das Microsoft bereitstellte. Microsoft-Präsident Brad Smith widersprach daraufhin Anschuldigungen, wonach der US-Konzern Dienstleistungen für den IStGH eingestellt oder ausgesetzt habe.

Wenige Wochen zuvor, im Februar dieses Jahres, hatte US-Präsident Donald Trump US-Sanktionen gegen Khan erlassen. Hintergrund sind Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und dessen früheren Verteidigungsminister Joaw Gallant, die der Gerichtshof beantragt hatte.

EU-Initiative für öffentlich genutzte Software

Die Entscheidung des IStGH wirft ein Licht auf ein seit Jahrzehnten bestehendes Problem: die Abhängigkeit der digitalen öffentlichen Infrastruktur von IT-Konzernen wie Microsoft, Oracle, Google und Amazon. Vor allem Microsofts Bürosoftware ist für Behörden meist die erste Wahl: Outlook für E-Mails, Teams für Videokonferenzen und Word als Schreibprogramm.

Um der Dominanz von Microsoft-Produkten vor allem in öffentlichen Behörden etwas entgegenzusetzen, arbeiten Frankreich, die Niederlande, Italien und Deutschland schon länger zusammen. Sie wollen europäische IT-Lösungen als Teil einer gemeinsamen IT-Infrastruktur mit offenen Standards fördern. Am Mittwoch bestätigte die EU-Kommission die Gründung eines „Digital Commons European Digital Infrastructure Consortium“ (EDIC), mit dem die Partnerländer in digitale Gemeingüter investieren wollen.

In Deutschland arbeiten die Sovereign Tech Agency und das ZenDiS an diesem Ziel. Auch die Bundesregierung unterstützt die Initiative. Thomas Jarzombek, Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung, begrüßte die Entscheidung der Kommission: „Wir fördern offene Technologien und bauen eine gemeinsame digitale Infrastruktur.“ Nicht nur die an dem Konsortium beteiligten Länder sind von openDesk überzeugt. Auch die Schweiz, Tschechien und weitere EU-Nachbarn haben Interesse geäußert.

Bundesregierung hält sich zurück

Die Bundesregierung selbst setzt openDesk bislang kaum ein. Dabei ist gerade die Bundesverwaltung stark von Microsoft-Anwendungen abhängig. Dass der IStGH nun openDesk nutzt, könnte dies ändern. Zumindest zeige der Fall, dass es Lösungen gibt, sagt Sonja Lemke, Sprecherin für Digitale Verwaltung und Open Government der Bundestagsfraktion Die Linke. Sie fordert die Bundesregierung dazu auf, die eigene Verwaltung konsequent flächendeckend auf openDesk umzustellen.

Gleichzeitig mahnt Lemke an, endlich den Beitritt der Länder zum ZenDiS zu ermöglichen. Damit könnten auch die Landes- und kommunalen Verwaltungen openDesk nutzen. Bislang hat der Bund eine Länderbeteiligung nicht zugelassen, obwohl Schleswig-Holstein, Berlin und Thüringen schon im September 2022 Beitrittsgesuche gestellt hatten.

Am Ende würde die Verwaltung auch viel Geld für Lizenzkosten sparen, so Lemke. „Das Auftragsvolumen für das bundeseigene ZenDiS bewegt sich im einstelligen Millionenbereich.“ Für Microsoft-Lizenzen zahlen allein der Deutsche Bundestag sowie sämtliche Ministerien jährlich rund 200 Millionen Euro.



Source link

Weiterlesen

Datenschutz & Sicherheit

Menschenrechtsorganisation reicht Beschwerde bei EU-Kommission ein



Das Irish Council for Civil Liberties (ICCL) hat am 28. Oktober eine formale Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Darin kritisiert die Menschenrechtsorganisation die Ernennung von Niamh Sweeney zur Leiterin der irischen Data Protection Commission (DPC). Die Berufung stelle die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde infrage.

Bereits vergangene Woche hatten mehrere Nichtregierungsorganisationen der irischen Regierung einen Beschwerdebrief übergeben, in dem sie die Ernennung Sweeneys kritisieren. Als Grund führen sie zum einen an, dass diese mehr als sechs Jahre als Lobbyistin für den Tech-Konzern Meta tätig war. Meta ist eines der Unternehmen, das die DPC überwacht.

Zum anderen kritisieren die NGOs das Auswahlverfahren selbst. Dafür stellte das Unternehmen publicjobs ein Gremium aus fünf Personen zusammen. Darunter war auch Leo Moore. Der Anwalt der Kanzlei William Fry hat mit mehreren Big-Tech-Unternehmen zusammengearbeitet. Neben Moore gehörte außerdem ein Vertreter des irischen Justizministeriums dem Auswahlgremium an: Deputy Secretary General Doncha O’Sullivan.

Irland: Liebling der Tech-Branche

In seiner Beschwerde betont das ICCL, dass die DPC eine Schlüsselposition bei der Durchsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einnehme. Außerdem müsse die irische Datenschutzkommission laut EU-Recht vollkommen unabhängig gegenüber jeglichen Weisungen von außen agieren – auch gegenüber möglicher Einflussnahme der irischen Regierung.

Viele Technologiekonzerne haben ihren europäischen Hauptsitz in Irland, darunter Meta, Google, Apple, Microsoft und TikTok. Die Unternehmen tragen einen erheblichen Teil zu Irlands Wirtschaft bei. Und Meta allein zahlte im Jahr 2023 mehr als 280 Millionen Euro Steuern an die irischen Behörden.

Derweil geriet die Durchsetzung der DSGVO in Irland den vergangenen Jahren immer wieder ins Stocken. Im Jahr 2022 klagte die DPC sogar gegen eine Entscheidung des ihr übergeordneten European Data Protection Board, um keine weitergehenden Ermittlungen zu Metas Datenverarbeitung aufnehmen zu müssen.

Die Berufung Sweeneys zur dritten Datenschutzkommissarin lässt den ICCL an der Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde zweifeln. In ihrer Beschwerde an die EU Kommission schreibt die Organisation:

„Angesichts der bisherigen Bilanz der irischen Datenschutzkommission und der begründeten Zweifel an ihr hätte Irland sich über jeden Vorwurf [der Parteilichkeit] erheben müssen, unter anderem durch die Einführung von Verfahrensgarantien für die Ernennung der Mitglieder seiner Behörde.“

EU-Kommission will offenbar nicht eingreifen

Bei einer Pressekonferenz der EU-Kommission am 29. Oktober erkundigte sich eine Journalistin bei einem Kommissionssprecher, ob die Kommission die Beschwerde des ICCL annehmen werde. Der Sprecher antwortete, dass die europäischen Mitgliedstaaten für die Besetzung ihrer jeweiligen Datenschutzbehörde zuständig seien.

Die Kommission sei nicht in das Auswahlverfahren involviert gewesen und habe auch keine Kompetenzen einzuschreiten. Zugleich versuche die Kommission „immer sicherzustellen […], dass alle europäischen Datenschutzbehörden die Mittel und Unabhängigkeit haben, um ihrer Arbeit nachzugehen“.

Die Reaktion der EU-Kommission kritisiert Domínguez de Olazábal vom Verband europäischer Digitalorganisationen European Digital Rights (EDRi): „Die Kommission kann nicht weiter wegschauen, während eine nationale Regulierungsbehörde die Grundsätze der Union untergräbt“, sagt de Olazábal gegenüber netzpolitik.org. „Der Schutz personenbezogener Daten und Grundrechte ist Teil dessen, wofür die EU steht – und die Kommission muss entsprechend handeln.“

De Olazábal betont, dass die Beschwerde des ICCL nicht nur auf das Auswahlverfahren, sondern auch auf die Unabhängigkeit der DPC beziehe. Daher liege das Verfahren durchaus im Zuständigkeitsbereich der Kommission. „Die Kommission konzentriert sich offenbar auf das Auswahlverfahren und übersieht dabei das tieferliegende Problem: die anhaltende mangelnde Unabhängigkeit der irischen Datenschutzbehörde, die durch diese Ernennung offengelegt wird“.



Source link

Weiterlesen

Beliebt