Datenschutz & Sicherheit
Daten von 153 Millionen Fluggästen landen 2024 beim BKA
Wer in letzter Zeit von oder in die EU geflogen ist, dessen Daten hat das Bundeskriminalamt mit hoher Wahrscheinlichkeit analysiert.
Die Daten von 153 Millionen Fluggästen haben die Fluggesellschaften im zurückliegenden Jahr an die Fluggastdatenzentralstelle im Bundeskriminalamt übermittelt. Insgesamt waren es 548 Millionen Datensätze. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor. Gegenüber dem Vorjahr sind es etwa 94 Millionen mehr Datensätze und 28 Millionen mehr betroffene Passagiere.
Das BKA gleicht die Daten der Flugreisenden automatisch mit polizeilichen Datenbanken ab und sucht nach Mustern, „um Personen zu identifizieren, die mit terroristischen Straftaten oder schwerer Kriminalität in Zusammenhang stehen könnten“, so die Website des BKA.
Die maschinelle Prüfung erzielte im vergangenen Jahr auf diese Weise über 200.000 Datensatztreffer und rund 6.800 Mustertreffer. Nach einer händischen Überprüfung haben BKA-Mitarbeitende nur rund 90.000 von ihnen als echt-positive Treffer bestätigt.
Im Vergleich zum Vorjahr waren es deutlich weniger automatische Treffer. Dennoch konnten die Fahnder*innen nach ihrer Überprüfung mehr Treffer bestätigen als vergangenes Jahr.
Aus diesen Treffern ergaben sich wiederum lediglich 10.426 polizeiliche Maßnahmen, wenn beispielsweise die angetroffenen Flugreisenden mit den gesuchten Personen tatsächlich übereinstimmten. In ungefähr einem Fünftel der Fälle ging es um Aufenthaltsermittlungen. Mehr als 1.500 Menschen wurden festgenommen. Am häufigsten haben die Beamt*innen die angetroffenen Fluggäste durchsucht.
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Damit geht die Tendenz der letzten Jahre weiter: Die Menge der erfassten und übermittelten Daten wächst, ohne dass sich damit mehr Treffer erzielen lassen. Der Anteil der für die Grenzbehörden interessanten Personen an allen betroffenen Fluggästen ist und bleibt verschwindend gering.
Immer mehr Datenflut
Nicht nur wächst die Menge der erfassten Daten, der Anteil der betroffenen Passagiere am gesamten Flugaufkommen in Deutschland ist auch größer geworden. Aktuell sind es ungefähr 90 Prozent aller Flugreisenden, deren Daten das BKA verarbeitet (Stand August 2025). Das ist die überwältigende Mehrheit. Im vergangenen Jahr waren es noch 72 Prozent.
Denn immer mehr Luftfahrtunternehmen übermitteln die Daten ihrer Fluggäste an die Fluggastdatenzentralstelle. Aktuell sind es 391 Unternehmen, die an das Fluggastdateninformationssystem angeschlossen sind. Das sind 160 mehr als im Vorjahr. Welche und wie viele Unternehmen an das System noch angebunden werden müssen, wollte die Bundesregierung nicht beantworten.
Zugelassen waren im vergangenen 1710 ausländische und 101 deutsche Fluggesellschaften, so das Luftfahrt-Bundesamt.
Begehrte Daten
Beim Fluggastdatensatz handelt es sich um Daten, die bei der Buchung des Fluges anfallen. Dazu gehören der Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, alle Arten von Zahlungsinformationen einschließlich der Rechnungsanschrift sowie Informationen zum Gepäck, zum Tarif, zur Zahlungsweise und zu Mitreisenden. Auch Angaben zum Reisebüro und zur Sachbearbeiter*in sind enthalten.
Die Fluglinien sind gesetzlich verpflichtet, die Daten aller Flüge über EU-Außengrenzen sowie für ausgewählte Strecken innerhalb der EU an die Fluggastdatenzentralstelle weiterzugeben und tun dies in Deutschland seit 2018.
Als wesentlich stichhaltiger gelten die sogenannten API-Daten (Advance Passenger Information-Daten), die über den normalen Geschäftsverlauf hinausgehen und viel detailliertere Informationen enthalten: neben der Flugverbindung sind es Daten aus den mitgeführten Identitätsdokumenten, unter anderem Ausstellungsland und Ablaufdatum des Dokuments, Staatsangehörigkeit, Familienname, Vorname, Geschlecht sowie Geburtsdatum. Da EU-Gesetzgebende diese Daten als „verifiziert“ betrachten, müssen die Fluggesellschaften nun auch sie in Kombination mit den Fluggastdatensätzen erheben und an Behörden übermitteln. Anfang dieses Jahres sind zwei EU-Verordnungen dazu in Kraft getreten.
Die EU richtet dafür einen zentralen Router ein, von dem aus die Daten an die zuständigen Behörden in jeweiligen EU-Ländern übermittelt werden. Fluggesellschaften müssen ihre automatisierten Systeme daran anschließen.
Bisher erhoben die Flugunternehmen diese Daten in unterschiedlicher Tiefe und auch nicht in einem standardisierten Format. An Behörden mussten sie vorab nur „etwaige erhobene“ API-Daten weiterleiten, weitere Vorschriften fehlten bis dahin.
Neues Bundespolizeigesetz
Seit 2008 fordert auch die Bundespolizei API-Daten zu bestimmten Flügen an, um sie vor Eintreffen des Fliegers zu prüfen. Im Zuge des neuen Bundespolizeigesetzes soll diese Einschränkung auf ausgesuchte Flüge entfallen. Im Gesetzesentwurf heißt es, dass nun die API-Daten aller Flüge über EU-Außengrenzen von und nach Deutschland an die Bundespolizei übermittelt werden müssen.
Wer also beispielsweise aus Großbritannien nach Deutschland fliegt, deren Daten landen sowohl bei der Fluggastdatenzentralstelle des BKA als auch bei der Bundespolizei, noch bevor man das Flugzeug betreten hat.
Von der anlasslosen Flugdatenspeicherung sind nicht alle Flugreisenden betroffen. Privatflüge sind vom Anwendungsbereich des Fluggastdatengesetzes nicht erfasst und fliegen unter dem BKA-Radar. Diese Behörde wertet die Daten aller anderen Passagiere nicht nur aus, sondern speichert sie für fünf Jahre. Datenelemente, die eine Identifizierung ermöglichen, werden sechs Monate nach ihrer Übermittlung unkenntlich gemacht, so die Website des Innenministeriums.