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Deal: EU und Microsoft einigen sich auf neue Vorgaben für Videosoftware Teams


Die EU-Kommission und Microsoft haben sich nach jahrelangem Ringen auf neue, rechtsverbindliche Verpflichtungen rund um das Office-Paket geeinigt. Diese sollen die Bedenken der EU rund um die Integration von Microsoft Teams in Office 365 und Microsoft 365 ausräumen. Die Kommission hatte im Vorfeld nach Eingaben von Konkurrenten moniert, dass der US-Konzern seine marktbeherrschende Stellung bei Geschäftsanwendungen missbraucht, indem er Teams standardmäßig an seine Office-Pakete koppelt. Dies habe den Wettbewerb auf dem Markt für Kommunikations- und Kollaborationssoftware eingeschränkt und Konkurrenten benachteiligt.

Um die Bedenken der Kommission auszuräumen, hat sich Microsoft zu mehreren wesentlichen Schritten verpflichtet. Dazu gehört vor allem die Entbündelung der Softwarepakete. Microsoft muss ab sofort Versionen seiner cloudgestützten Office-Pakete ohne die Videokonferenzlösung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu einem „deutlich geringeren Preis“ anbieten. Zu der Freihandelszone gehören neben den EU-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen.

In einem ersten Schritt brachte Microsoft vor zwei Jahren eigenständige Teams-Lizenzen auf den Markt. Kleine und mittlere Unternehmen zahlen dafür zirka 45 Euro netto jährlich je Nutzer. Bei Office 365 und Microsoft 365 ist die Konferenzsoftware aber nach wie vor enthalten. Wer Teams nicht will, zahlte bislang trotzdem den vollen Preis. Was die Pakete ohne Teams kosten werden, ist noch nicht bekannt.

Zudem wird es nun für Kunden mit bestehenden Langzeitlizenzen einfacher, auf eine dieser entbündelten Versionen umzusteigen und den Einsatz solcher Pakete in Rechenzentren weltweit zu ermöglichen. Um diese Verpflichtung zu stärken, hat Microsoft nach zusätzlichen Verhandlungen nach seiner ersten Offerte den Preisunterschied zwischen den Paketen mit und ohne Teams nachträglich um 50 Prozent erhöht. Das gilt auch für Angebote, die sich an Geschäftskunden richten.

Weiter hat das Softwarehaus zugesagt, Kunden im EWR wiederholt die Möglichkeit zu geben, auf Pakete ohne Teams umzusteigen. Dabei will es klar angeben, dass auf Microsoft-Websites, auf denen ein Angebot für Software mit Teams beworben wird, auch eine entsprechende Offerte für ein entsprechendes Paket ohne das Videokonferenzsystem angezeigt wird.

Ferner geht es um eine Verbesserung der Interoperabilität: Microsoft muss sicherstellen, dass konkurrierende Kommunikations- und Kollaborationsdienste wie Slack, Zoom, Cisco Webex oder OpenTalk reibungslos mit Microsoft-Produkten wie Word, Excel und Outlook zusammenarbeiten können. Kunden müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Daten aus Teams einfach zu exportieren und in Anwendungen von Wettbewerbern zu nutzen. Der Konzern will zudem auf all seinen einschlägigen Entwickler-Webseiten Informationen über Interoperabilität und Datenübertragbarkeit veröffentlichen.

Die Verpflichtungen von Microsoft gelten sieben Jahre lang. Eine Ausnahme besteht für die Zusagen zum Zusammenspiel mit externen Lösungen und Datentransfers, die zehn Jahre laufen. Die Einhaltung soll von einem Treuhänder überwacht werden, der auch bei Streitigkeiten zwischen Microsoft und Dritten vermitteln kann. Sollten Bedenken Dritter fortbestehen, wird die betreffende Streitigkeit laut der Kommission in einem „beschleunigten Schiedsverfahren“ behandelt. Der Treuhänder soll der Kommission auch regelmäßig Bericht erstatten.

Die Kommission ist auf dieser Basis zum Schluss gekommen, dass die endgültigen Verpflichtungen von Microsoft „ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken in Bezug auf das Verhalten“ des Tech-Giganten angemessen ausräumen. Die Zusagen gelten damit als rechtsverbindlich. Mit der Einigung vermied Microsoft eine mögliche, langwierige Gerichtsauseinandersetzung, die zu einer empfindlichen Geldbuße hätte führen können. Sollte das Unternehmen die Auflagen nicht einhalten, drohen vergleichsweise hohe Strafen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

Durch diese Maßnahmen soll der Markt für Anbieter von Kommunikations- und Kollaborationsanwendungen in Europa fairer und offener werden, was letztendlich den Wettbewerb stärkt und den Kunden zugutekommt.

Die Brüsseler Wettbewerbshüter leiteten ihre Untersuchung im Juli 2023 nach Beschwerden von Unternehmen wie Slack Technologies und Alfaview ein. Die Kommission stellte fest, dass Microsoft durch die Bündelung von Teams einen unfairen Vorteil erlangte, da Teams durch die automatische Integration leichter einen starken Marktanteil gewinnen konnte. Dies habe den Wettbewerb eingeschränkt und andere Anbieter benachteiligt. Mitte Mai leitete die Kommission einen Markttest der Verpflichtungsangebote von Microsoft ein, der einen Monat lang lief. Im Anschluss daran zogen Slack und Alfaview ihre Eingaben zurück.

Überall in Europa und der Welt verließen sich die Menschen darauf, für die Zusammenarbeit Tools etwa für Videokonferenzen und Chats nutzen zu können, betonte Teresa Ribera, Kommissionsvizepräsidentin für einen wettbewerbsfähigen Wandel. Dies gelte besonders seit der Corona-Pandemie. Mit dem Beschluss bringe die EU mehr Konkurrenz „auf diesen wichtigen Markt: Unternehmen sollen das Kommunikations- und Kollaborations-Instrument wählen können, das ihren Bedürfnissen am besten entspricht.“

Nanna-Louise Linde, Vizepräsidentin für europäische Regierungsangelegenheiten bei Microsoft, erklärte: „Wir schätzen den Dialog mit der Kommission, der zu dieser Vereinbarung geführt hat.“ Sie sagte eine „rasche und vollständige Umsetzung dieser neuen Verpflichtungen zu“.


(nen)



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