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Druck auf Bundesregierung: Schleswig-Holstein drängt auf Digitalabgabe


Schleswig-Holstein will frischen Wind in die zuletzt abgeflaute Debatte zur Digitalabgabe bringen. Mit einer Initiative im Bundesrat will das Land sehr große Online-Dienste wie Alphabet oder Meta zur Kasse bitten, um mit den Einnahmen die heimische Medienlandschaft zu fördern, gab gestern die Staatskanzlei bekannt.

„Die immer weiter zunehmende Marktdominanz internationaler Großplattformen stellt unsere lokalen und regionalen Medien vor existenzielle Herausforderungen“, sagte Dirk Schrödter (CDU), Digitalminister und Chef der Staatskanzlei, in einer Pressemitteilung. Gerade auch die jüngste Entscheidung der EU-Kommission im Fall Google, der wichtigsten Unternehmenstochter von Alphabet, habe einmal mehr gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht, so Schrödter.

Vergangene Woche hat Brüssel eine knapp 3 Milliarden Euro schwere Geldbuße gegen den US-Werbekonzern verhängt, zudem muss Google binnen 60 Tagen seine Interessenskonflikte auf dem Markt für Online-Werbung auflösen – womöglich sogar durch eine Entflechtung, wie EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera angedeutet hatte. Laut EU-Kommission hat der Konzern über ein Jahrzehnt lang seine Marktmacht missbraucht und damit dem Wettbewerb und letztlich auch den Medien geschadet, die sich traditionell über Anzeigen finanzieren.

Übermächtige Digitalkonzerne

Alphabet zählt zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt und hat allein im vergangenen Quartal einen Gewinn von über 31 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von fast 97 Milliarden US-Dollar eingefahren. Wie viele andere große Digitalkonzerne bedient sich Alphabet nicht nur fragwürdiger Geschäftspraktiken, sondern zahlt auch unterdurchschnittlich wenig Steuern. Auf eine faire Besteuerung solcher Unternehmen konnte sich die EU jedoch schon vor Jahren nicht einigen. Seitdem sind einzelne EU-Länder, darunter Frankreich, Österreich und Italien, mit eigenen Modellen vorgeprescht und besteuern etwa Online-Werbeanzeigen.

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Mit Verweis auf den österreichischen Ansatz hat Kulturstaatsminister Wolfram Weimer im Mai einen Vorstoß in Richtung einer Digitalabgabe gestartet. Zur Debatte steht ein Abgabesatz von 10 Prozent für große Tech-Unternehmen, welcher der deutschen Medienbranche zugutekommen soll. Innerhalb der Regierung war der Anlauf jedoch offenkundig nicht abgestimmt: Es hagelte Absagen unter anderem von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD). Öffentlich hält der parteilose Konservative Weimer bislang an einer zweckgebundenen Digitalabgabe fest, ein konkreter Gesetzentwurf soll im Herbst vorgestellt werden.

Digitalabgabe für sehr große Unternehmen

Von einem Gesetz ist die Initiative aus Schleswig-Holstein noch weit entfernt, könnte aber zumindest den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Inhaltlich enthält der gestern im Bundesrat eingebrachte Entschließungsantrag, der netzpolitik.org vorliegt, jedenfalls nicht mehr als die Pressemitteilung der Staatskanzlei. Grundsätzlich soll sich die Abgabe an bestimmten EU-Vorgaben orientieren, insbesondere was die davon erfassten Anbieter betrifft: Gelten soll die Abgabe ausschließlich für sehr große Plattformen, sogenannte VLOPs (Very Large Online Plattforms) beziehungsweise VLOSEs (Very Large Online Search Engines) mit monatlich mehr als 45 Millionen Nutzer:innen in der EU.

Wann genau die Länderkammer den Antrag behandeln wird, ist noch nicht bekannt. Unklar ist auch, ob und wie viele Länder sich dem nördlichen Bundesland anschließen werden. Auf Anfrage gibt sich die Staatskanzlei optimistisch und sieht den weiterführenden Beratungen im Bundesrat „positiv“ entgegen, teilt ein Pressesprecher mit. „Alle Bundesländer haben ein großes Interesse daran, die Medienvielfalt in Deutschland zu erhalten“, so der Sprecher.

Die Debatte spielt sich vor dem Hintergrund des weiter andauernden Zollstreits mit der US-Regierung von Donald Trump ab. Zwar hat sich die EU im Sommer auf ein Abkommen mit dem rechtsnationalistischen US-Republikaner geeinigt, inzwischen steht dieses jedoch wieder auf der Kippe – nicht zuletzt wegen der jüngsten Kartellstrafe gegen Alphabet, die laut Trump „nicht fair“ sei und US-Investitionen sowie Jobs bedrohe. Ob die unilateral von Trump verhängten und erneut angedrohten Zölle überhaupt legal sind, bleibt derweil offen: Ein Gerichtsverfahren ist mittlerweile vor dem Supreme Court gelandet, eine Anhörung vor dem Verfassungsgericht soll Anfang November stattfinden.



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