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Falschparkerfotograf als Datensünder: Ein Grundsatzurteil, das keines ist


Dürfen Bürger Falschparker fotografieren und das Bild anschließend per Apps wie „weg.li“ nicht nur an die Behörden weiterleiten, sondern auch veröffentlichen? Das Oberlandesgericht Dresden hat dabei in einem nun vorliegenden Endurteil (4 U 464/25) im September Datenschutzverstöße identifiziert, für die der Nutzer verantwortlich ist. Doch die Umstände des Falles sind sehr speziell – und die Begründung ebenfalls.

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Geklagt hatte der Beifahrer eines Fahrzeuges, das bei einem angeblichen Parkverstoß im Bereich einer Bushaltestelle fotografiert wurde. Das Foto war unverpixelt, das Kennzeichen des Leipziger Fahrzeuges war klar sichtbar und auch der Beifahrer erkennbar. In Verbindung mit den Metadaten wie Uhrzeit, Ort und Automobil sei damit nicht nur der Personenbezug gegeben, sondern auch der Bereich der schützenswerten Privatsphäre eröffnet.

Das Gericht sah in der Speicherung und Veröffentlichung durch weg.li zudem eine Auftragsdatenverarbeitung – die habe im Auftrag des Falschparkfotografen gehandelt. Weil er als Privatperson gehandelt habe, könne er sich nicht auf die Ausnahme für Strafverfolgungszwecke berufen, auch die Haushaltsausnahme greife nicht. Diese sei laut der Richter nicht einschlägig, „da die Anfertigung eines Fotos im öffentlichen Raum und deren Übermittlung an staatliche Stellen zur Verfolgung von Parkverstößen keine ausschließlich persönlich-familiäre Tätigkeit darstellt.“ Auch ein berechtigtes Interesse des Fotografierenden sei nicht erkennbar und auch das Argument, dass es in öffentlichem Interesse oder zur Wahrung berechtigter Interessen gehandelt worden sei, überzeugte den vierten Zivilsenat in Dresden nicht.

Für die Richter ist klar: „Einer Verarbeitung des Beweisfotos durch den Beklagten steht entscheidend das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Gestalt des Rechts am eigenen Bild entgegen.“ Sach- und Zweckdienlichkeit würden den Verstoß gegenüber einem Dritten nicht rechtfertigen können. Im Dresdner Verfahren ging es stets um den Beifahrer und nicht um den Fahrer des Automobils.

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Und auch für den Beifahrer hat sich der Aufwand wenig gelohnt. Denn neben dem Löschungsanspruch wollte er auch Schadenersatz zugesprochen bekommen – was die Richter bejahten. 100 Euro Schadenersatz seien unter den Umständen des Falles und angesichts des vorgetragenen Kontrollverlustes „angemessen, aber auch ausreichend“, so die Dresdner Richter.

Mit der Summe kann der Kläger wenig anfangen: 9 Prozent der Verfahrenskosten vor Gericht muss er selbst tragen – was angesichts von zwei Instanzen und umfangreichen Schriftwechseln den Betrag überschreiten dürfte. Deutlich teurer sind die vorgerichtlichen Anwaltskosten und die übrigen 91 Prozent der weiteren Prozesskosten, die er nun tragen muss. Eine Revision zum Bundesgerichtshof hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen.

Was der Fall bei allen Spezifika zeigt: Auch wer sich im Recht sieht, muss spätestens dann, wenn ein Foto weitergegeben oder gar im Internet veröffentlicht werden soll, auch die Rechte anderer respektieren und Vorkehrungen treffen. Dass damit allerdings die Nutzung von Falschparkerapps oder spezialisierter Plattformen aus Datenschutzgründen generell verboten wäre, lässt sich aus dem Urteil 4 U 464/25 hingegen nicht ableiten.


(mack)



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