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Gericht: Auch kleine Plattformen müssen gegen Urheberrechtsverstöße vorsorgen
Jenseits von YouTube, Facebook & Co. können auch kleine und mittlere Online-Plattformen für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer verantwortlich gemacht werden. Das zeigt ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Landgerichts Köln vom 24. Juli (Az.: 14 O 343/23). Die Entscheidung verschärft die Haftungsregeln für Host-Provider und ist ein wichtiger Fingerzeig für die gesamte Branche.
Der Fall: Ein Foto, ein Pilot, ein Vermittlungsportal. Ein professioneller Fotograf stellte fest, dass eines seiner Luftbilder ohne seine Erlaubnis auf einer Plattform für private Flugangebote hochgeladen worden war. Ein Pilot nutzte das Foto, um für seinen Flug zu werben.
Obwohl der Plattformbetreiber die Aufnahme nach einer Abmahnung entfernte, weigerte er sich, eine rechtlich bindende Unterlassungserklärung abzugeben. Begründung: Als reiner Vermittler von Inhalten sei er nicht für Urheberrechtsverletzungen von Nutzer haftbar. Eine proaktive Kontrolle aller hochgeladenen Bilder sei technisch und wirtschaftlich auch gar nicht machbar.
Das Landgericht sieht die Sache anders. Es verurteilte die Beklagte zur Unterlassung, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200 Euro und zur Übernahme der Anwaltskosten. Die 14. Zivilkammer stellte dabei fest, dass die Plattform nicht alle zumutbaren technischen und organisatorischen Maßnahmen ergriffen habe, um Urheberrechtsverstöße zu verhindern. Damit handelte sie nach Ansicht des Gerichts selbst als „täterschaftliche“ Rechtsverletzerin.
Haftungsprivileg greift nicht
Das Urteil basiert auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs. Beide Instanzen haben die Haftung von Plattformbetreibern in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich verschärft. Es geht dabei vor allem um die Unterscheidung, ob ein Portal eine neutrale, passive Rolle spielt oder aktiv an Rechtsverletzungen mitwirkt.
Die Kölner Richter entschieden, dass die Plattform sich nicht auf das Host-Provider-Privileg berufen kann. Das Löschen des umstrittenen Fotos reiche nicht aus. Eine Plattform müsse glaubwürdige und wirksame Vorkehrungen gegen Urheberrechtsverletzungen ergreifen.
Proaktiv gegen Plattformen vorgehen
Das Gericht hob auch hervor, der Betreiber habe gewusst, dass es auf seiner Seite zu Urheberrechtsverstößen kommen könne. Er habe sogar einen entsprechenden Warnhinweis beim Hochladen von Bildern eingeblendet. Trotzdem habe er keine vorbeugenden Schritte unternommen. Das Argument der Unzumutbarkeit, weil die Plattform klein sei, ließ die Kammer nicht gelten. Sie verwies auf technisch machbare Alternativen wie Bildersuchfunktionen, die hochgeladene Fotos mit bereits im Internet veröffentlichten Werken abgleichen. Solche Lösungen seien auch für kleinere Betreiber umsetzbar.
Aus dem Beschluss geht zudem hervor, dass das Urheberrechts-Dienstanbieter-Gesetz die Haftung nicht abschließend regelt. Allgemeine Grundsätze der Verantwortlichkeit gälten weiterhin, wenn eine Plattform durch ihr Geschäftsmodell aktiv zur Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte beitrage.
IT-Rechtsanwalt Jens Ferner sieht mit dem Urteil die Rechtsschutzmöglichkeiten von Fotografen, Künstlern und anderen Urhebern gestärkt. Sie müssten nicht mehr warten, bis ihre Werke illegal genutzt werden. Vielmehr könnten sie bereits gegen Plattformen vorgehen, wenn diese keine ausreichenden Schutzmechanismen eingeführt hätten.
(vbr)