Künstliche Intelligenz

Interview: Das Bundesportal – eines für alle Behördengänge?


Die Bundesdruckerei, deren Historie bis in die Kaiserzeit reicht, hat sich mittlerweile ein umfangreiches Know-how in Bezug auf Sicherheitstechnologien und Digitale Identität aufgebaut. Das Unternehmen, das sich hundertprozentig in Bundeshand befindet, setzt damit Grundlagen für die Digitalisierung in Deutschland um. Eins der Grundlagen-Projekte ist das Bundesportal, mit dem die Bundesdruckerei im Auftrag des Bundes verschiedene Behördendienstleistungen für Bürger und Unternehmen online unter unter www.bund.de bereitstellt.

Über die vereinheitlichte Plattform sind Informationen zu allen Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online verfügbar und über 400 Antragsverfahren des Bundes können auch direkt im Bundesportal abgewickelt werden. Im Interview gibt Dorothea Schneider Auskunft über Status und Zukunft des Projekts, das sie unter anderem mit ihrem Team von Solution Managern in der Bundesdruckerei vorantreibt.



Dorothea Schneider arbeitet in der Funktionsbereichsleitung Solution Management Digital Government der Bundesdruckerei Gruppe. In dieser Position ist sie für die Entwicklung und Umsetzung digitaler Lösungen im Verwaltungsbereich zuständig. Das folgende Gespräch behandelt den aktuellen Stand des Projekts sowie technische und organisatorische Aspekte der Plattform.

(Bild: Bundesdruckerei GmbH)


iX: Frau Schneider, wann und in welchem Kontext wurde denn die Entwicklung des Bundesportals angestoßen?

Schneider: Das Bundesportal existierte bereits in einer Betaversion, als das Innenministerium 2018 auf die Bundesdruckerei zukam, um die Webseite zu einem Portal weiterzuentwickeln. Die Betaversion war eher ein Proof of Concept, eine Sammlung von Verwaltungsdienstleistungen zu Informationszwecken, jedoch ohne die Möglichkeit, Online-Anträge einreichen zu können. 2019 starteten wir nach einer Analysephase dann mit der Weiterentwicklung.

iX: Welche Rückmeldung hören Sie von Nutzern des Bundesportals? Welche Dienstleistungen nehmen sie häufig in Anspruch, welche Kritik kommt von Nutzerseite?

Schneider: Dafür muss man kurz erläutern, aus welchem Rahmen das Projekt stammt: Das Bundesportal entstand aus der Umsetzung des Onlinezugangsschutzgesetzes, im Zuge dessen Bund, Länder und Kommunen ihre Verwaltungsdienstleistungen – meist individuell – digitalisierten. Auch deshalb finden wir heute eine sehr heterogene Landschaft für digitale Behördendienstleistungen vor. Für Leistungen vom Bund gab es die Möglichkeit, das zentrale Portal des Bundes – also das Bundesportal – als Digitalisierungsplattform für die Antragsverfahren des Bundes zu nutzen.

Bei Länder- und Kommunalleistungen kann das Bundesportal die User häufig nur auf die entsprechende Seite verweisen. Das ist ein Kritikpunkt, denn Bürger kommen viel häufiger mit Leistungen des Landes oder der Kommune in Kontakt, beim Elterngeld oder BaföG zum Beispiel. Es sind vor allem Unternehmen, die das Bundesportal für Anträge an den Bund nutzen. Trotzdem steigen unsere Nutzerzahlen kontinuierlich, sie liegen aktuell monatlich zwischen 900.000 und 2 Millionen.

iX: Welche Bundesleistungen beziehen Unternehmen häufig über das Bundesportal?

Schneider: Sehr gefragt sind zum Beispiel die Angebote der Bundesnetzagentur, zum Beispiel zur Beantragung von Funklizenzen oder auch Standorten für Telekommunikationsmasten. Beim Luftfahrtbundesamt können beispielsweise Berufspilotenlizenzen beantragt werden. Auch die Künstlersozialkasse bietet einige Antragsverfahren für Selbstständige an.

iX: Und was sind die Hürden dabei, Landes- und der Kommunenleistungen in das Portal aufzunehmen?

Schneider: Außer bei speziellen Leistungen, mit zum Beispiel sehr hohen Sicherheitsanforderungen wie etwa in Bezug auf Gesundheitsdaten, gibt es technisch eigentlich keine Hürden. Das ist auch unsere Kernbotschaft: Bürger wünschen sich Einheitlichkeit und möchten sich keinen Kopf darüber machen, ob die für sie wichtige Leistung nun vom Bund, Land oder einer Kommune kommt. Zusammen mit dem Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung sprechen wir zurzeit verstärkt Länder und Kommunen an, ob sie von eigenen Insellösungen mit in das zentrale Bundesportal wechseln wollen. Zudem gehen wir auch auf Bundesbehörden zu, die heute noch auf individuelle Fachportale setzen. Für sie wäre die Mitnutzung des Bundesportals sogar kostenlos, weil das BMDS für den Bund aktuell die Kosten für Betrieb und Pflege übernimmt.

iX: Und wie funktioniert die Anbindung? Wer ist für die Vereinheitlichung zuständig, durch die Behörden Anträge durch das Bundesportal erhalten können?

Schneider: Da muss man unterscheiden zwischen den Vorgängen vom Bürger bis zum Behördenschreibtisch – dem Frontend sozusagen –, sowie ab Antragsbearbeitung in einer Behörde, dem Backend. Wir sind für Ersteres zuständig, also der Schnittstelle zum Nutzer – und somit für die digitale Übermittlung der Antragsdaten an die Behörde. Auch wenn wir für die Fachverfahren in den Behörden nicht zuständig sind, so regen wir Behörden auch an, bei der Digitalisierung der Anträge gleich die Prozesse dahinter mitzudenken, und bieten allen Kunden eine digitale Schnittstelle für ihre Fachverfahren an. Vereinfacht gesagt fungiert das Bundesportal als digitaler Postbote zwischen Behörde und Bürger, in beide Richtungen.

iX: Hat die Bundesdruckerei das Bundesportal denn in Eigenregie entwickelt oder war ein externes Unternehmen dafür zuständig?

Schneider: Zuständig für Entwicklung war die Bundesdruckerei im Auftrag des Bundesinnenministeriums. Viele Menschen glauben noch immer, wir stellen ausschließlich Banknoten und Ausweisdokumente her. Dabei hat die Bundesdruckerei als Technologieunternehmen des Bundes tatsächlich mittlerweile einen starken Fokus auf Digitalisierungsprojekte. Der IT-Fokus begann eigentlich nach dem 11. September 2001, als aus Sicherheitsgründen Chips in Pässen und später auch in Personalausweisen eingebaut werden sollten, und ging mit der Vernetzung der rund 6.000 Meldebehörden in Deutschland weiter. So entstand mit der Zeit das größte ressortübergreifende Bundesunternehmen mit rund 4.500 Mitarbeitenden. Mitarbeiter aus unserer Innovationsabteilung veröffentlichten zum Beispiel letztens zu Quantum Machine Learning im nature Magazine (hier einsehbar, Anm. d. Red.).

iX: Und das Bundesportal ist auch selbstgehostet, es gibt keine Verträge mit Cloud-Anbietern?

Schneider: Ja, wir betreiben ein eigenes Rechenzentrum in Berlin, das eine eigene Cloud-Infrastruktur hostet. Seit 2020 ist das Bundesportal live. Das Bundesportal pflegen und entwickeln wir weiter und berücksichtigen dabei Wünsche der Behörden sowie der Bürger und Unternehmen.

iX: Und was sind die Wünsche von Behörden und Bürgern? Wie sieht die Roadmap aus?

Schneider: Wir wollen den Komfort erhöhen: So ist beispielsweise eine Unternehmensschnittstelle für maschinell erstellte Anträge angedacht. Ferner sehen wir perspektivisch das Bundesportal auch als One-Stop-Shop für Verwaltung, Wirtschaft und Bürger. Es ist das ideale Ökosystem für die EUDI-Wallet.

Generell sprechen wir uns für eine grundlegende Konsolidierung von Behördenportalen aus, was über eine Nachnutzung der Bundesportal-Technologie erfolgen kann. Der Bund hat das Bundesportal finanziert, und in diesem Sinne sollten möglichst viele Synergien genutzt werden. Das Projekt wandert nun zum BMDS und wir hoffen, dass das Portal dort bei einer zentralen, standardisierten Bereitstellung von digitalen Verwaltungsdiensten unterstützen kann.

iX: Was wäre an dem Projekt in Bezug auf die Verwaltungsdigitalisierung besonders hervorzuheben?

Schneider: Außergewöhnlich ist tatsächlich die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Innern und nun mit dem BMDS. Das Thema Agile Softwareentwicklung wurde hier wirklich gut auf- und angenommen. Alle Projektleitungen und Referenten über die Jahre waren dem gegenüber offen und haben in dem Rahmen sehr gut mit den Entwicklern zusammengearbeitet. Zwar hat das Schlagwort Agile Entwicklung im IT-Kontext etwas an Strahlkraft verloren. Dennoch sind wir ein wenig stolz: Im Verwaltungskontext war das eines der ersten Großprojekte, die der Bund tatsächlich agil umgesetzt hat. Das macht das Bundesportal zu einem echten Leuchtturmprojekt.

iX: Frau Schneider, danke für das Gespräch.


(kki)



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