Künstliche Intelligenz
Kein neues Betriebssystem: FSFs LibrePhone-Projekt will Android befreien
Die Free Software Foundation hatte im Zuge ihres 40. Geburtstags das LibrePhone-Projekt angekündigt. Bislang war über die neue Initiative bekannt, dass mit dieser eine Alternative zu den dominierenden Mobile-Plattformen von Apple und Google basierend auf freier Software erschaffen werden soll. Nun hat die FSF weitere Details genannt.
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Weder Smartphone-OS, noch Hardware
Wie die FSF in einem Blogbeitrag und einer FAQ-Seite erläutert, verfolgte die Foundation nicht das Ziel, ein freies Betriebssystem für Smartphones, geschweige denn eigene Hardware zu entwickeln. Die FSF sehe keine Notwendigkeit darin, an einem eigenen OS zu arbeiten, da es bereits viele Projekte gebe, die sich mit Mobiltelefonen befassen, von denen viele weitgehend freie Software seien.
Stattdessen möchte die FSF mit der Initiative auf den bestehenden Projekten aufbauen und „ihren derzeitigen Freiheitsgrad verbessern“. „Obwohl Android viele proprietäre Bibliotheken und andere Dateien enthält, konzentriert sich dieses Projekt auf Binär-Blobs“. Bei Binär-Blobs handelt es sich um kompilierte, proprietäre Software-Komponenten ohne verfügbaren Quellcode, die etwa für Hardware-Funktionen wie WLAN, Bluetooth oder Grafik zuständig sind.
Raus mit proprietärer Software
Damit will LibrePhone darauf abzielen, „die letzten Lücken zwischen bestehenden Distributionen des Android-Betriebssystems und Softwarefreiheit zu schließen“. Dafür habe die FSF den Entwickler Rob Savoye (DejaGNU, Gnash, OpenStreetMap und mehr) engagiert, um das technische Projekt zu leiten. Dies hatte die FSF bereits im Zuge der Ankündigung publik gemacht. Unklar war allerdings, woraus seine Arbeit bestehen werde. Im Blogbeitrag heißt es nun, dass er „den Stand der Geräte-Firmware und Binär-Blobs in anderen Projekten zur Freiheit von Mobiltelefonen“ untersuche. Dabei lege er seinen Schwerpunkt auf die „Arbeit an freier Software, die vom nicht vollständig freien Mobiltelefon-Betriebssystem LineageOS geleistet wird“.
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Finanziert wird die Initiative zunächst durch eine Spende von John Gilmore, Vorstandsmitglied der FSF, der erklärte: „Ich nutze seit Jahren gerne ein Mobiltelefon mit LineageOS, MicroG und F-Droid, wodurch die Spyware und Kontrolle, die Google in Standard-Android-Smartphones einbaut, eliminiert werden.“ Er stellte jedoch fest, dass die LineageOS-Distribution wichtige proprietäre Binärmodule enthält, die aus der Firmware von Smartphones kopiert wurden. „Anstatt diese traurige Situation zu akzeptieren, suchte ich nach Mitstreitern, um diese proprietären Module per Reverse Engineering zurückzuentwickeln und durch vollständig freie Software zu ersetzen, zumindest für ein modernes Telefon.“
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Auf der FAQ-Seite erklärt die FSF den ersten groben Zeitplan: In den ersten etwa sechs Monaten wolle man sich auf die Recherche und Definition des Projekts konzentrieren. Zudem sollen gängige, nicht-freie Blobs in aktuellen (größtenteils) freien Software-Betriebssystemen analysiert werden und anhand dieses Wissens – und anderen Faktoren – nutzen, „um das beste Gerät für die Entwicklung zu identifizieren und zu dokumentieren, wie diese proprietären Blobs vom Linux-Kernel verwendet werden, um zu verstehen, was erforderlich wäre, um sie mit Clean-Room-Techniken (bei denen ein Team die Software analysiert und ein anderes sie neu implementiert, ohne direkten Kontakt zum Original-Code) legal zurückzuentwickeln“, um Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Gegenüber The Register konkretisierte Savoye, dass er sich zunächst auf Blobs für Radio-Funktionen (Mobilfunk, Wi-Fi, Bluetooth) konzentrieren wird, danach auf GPU-Funktionen und den Touchscreen.
Zudem stellt die FSF weiter klar, dass die Arbeit an diesem Projekt kein Sprint, sondern ein Marathon sei und mehrere Jahre in Anspruch nehmen werde. Für die Fortführung des Projekts seien Spenden notwendig, um die Entwicklung zu finanzieren. Ferner suche man nach Freiwilligen für die Mitarbeit. Hauptentwickler Rob Savoye blickt optimistisch auf das Projekt:“Die Entwicklung einer vollständig freien Software für ein modernes kommerzielles Telefon wird weder schnell noch einfach oder billig sein, aber unser Projekt profitiert davon, dass wir auf den Schultern von Giganten stehen, die den größten Teil der Arbeit bereits geleistet haben.“
(afl)