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Nach US-Stablecoin-Gesetzen: EU will sich mit dem digitalen Euro beeilen


Die EU will ihre Pläne für den digitalen Euro beschleunigen, wie die Financial Times unter Berufung auf Insider schreibt. Demnach seien sogar öffentliche Kryptowährungs-Blockchains wie Ethereum oder Solana als technische Basis für das digitale Zentralbankgeld im Gespräch. Hintergrund dafür sei die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit einer EU-Digitalwährung angesichts der kürzlich in den USA verabschiedeten Stablecoinregelungen.

Dabei handelt es sich um den sogenannten Genius Act, den die US-Regierung unter Präsident Donald Trump im Juli verabschiedet hat. Darin ist unter anderem festgelegt, dass Anbieter, die an den Dollar gekoppelte Stablecoins herausgeben wollen, diese zu mindestens 100 Prozent mit Bargeld, kurzfristigen US-Staatsanleihen oder Geldmarktfonds besichern müssen. Stablecoins sind meist in mehreren Kryptowährungsnetzwerken aufgelegte Tokens, die sich 1:1 an einen Basiswert wie US-Dollar, Euro oder auch andere Kryptowährungen binden.

Stablecoins kamen früher vor allem im Kryptowährungshandel als US-Dollar-Äquivalent zum Einsatz, könnten langfristig aber auch beim Zahlungsverkehr eine größere Rolle spielen. Die größten Anbieter sind derzeit Tether und Circle, wobei letztere auch einen Euro-Stablecoin mit einer Marktkapitalisierung von rund 200 Millionen Euro betreiben.

Laut Coinmarketcap hat das gesamte Stablecoin-Ökosystem derzeit einen Wert von umgerechnet 245 Milliarden Euro, wobei sich die meisten Coins an den US-Dollar binden. Viele Marktbeobachter erwarten einen Boom der Stablecoin. US-Finanzminister Scott Bessent geht davon aus, dass der Markt bis 2030 auf einen Wert von 3,7 Billionen US-Dollar anwachsen wird. Unter anderem sollen US-Großbanken wie JPMorgan Chase und Citi eigene Stablecoins planen.

Die rasche Verabschiedung des US-Gesetzes habe nun bei den EU-Verantwortlichen für Verunsicherung gesorgt, schreibt die Financial Times. EU-Beamte befürchteten, dass die neue US-Gesetzgebung den ohnehin schon positiven Trend der an den Dollar gebundenen Token weiter ankurbeln wird. Ein digitaler Euro sei jetzt notwendig, um die Dominanz des Euros auf dem heimischen Kontinent zu schützen. Die entsprechenden Pläne müssten beschleunigt werden. Auch die Verwendung einer öffentlichen Blockchain werde jetzt verstärkt diskutiert, wobei deren Einsatz in der EU aber auf Datenschutzprobleme stoßen dürfte – Blockchainzahlungen sind nämlich öffentlich einsehbar und die Nutzer im Regelfall nur durch pseudonyme Adressen geschützt.

Piero Cipollone, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), hatte bereits im April vor den US-Stablecoins gewarnt. Seiner Ansicht bietet die Förderung US-Dollar gedeckter Stablecoins durch die US-Regierung Anlass zur Sorge um die Finanzstabilität und strategische Autonomie Europas. Cipollone befürchtet, dass Euro-Einlagen in die USA verlagert werden und die Rolle des Dollars im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zu Ungunsten des Euros weiter gestärkt wird.

Aktuell befindet sich der digitale Euro immer noch in der Vorbereitungsphase. Seit Jahren tüfteln die Währungshüter im Euroraum an einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung, um den bei digitalen Zahlungen vorherrschenden US-Anbietern Paroli bieten zu können. Die EU-Kommission hat 2023 einen Rechtsrahmen vorgeschlagen, eine finale Gesetzgebung ist aber noch in Arbeit. Und zur möglichen technischen Basis des Ganzen gibt es auch noch keine Entscheidung, wie die EZB der Financial Times erklärte. Man erwäge sowohl zentralisierte Ansätze als auch dezentrale Blockchaintechnik.

Kritik am Vorhaben der EU gibt es allerdings reichlich. Die meisten Banken und Sparkassen in Deutschland stehen der Einführung eines digitalen Euro kritisch gegenüber. Aus ihrer Sicht ist bislang nicht klar, welchen konkreten Zusatznutzen der digitale Euro gegenüber bestehenden Zahlungsmethoden wie der Echtzeitüberweisung bieten soll. Zudem fürchten die Banken auch um ihr Einlagengeschäft. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC wäre die Einführung des digitalen Euros auch reichlich teuer. Hochgerechnet auf den gesamten Euroraum könnten die Gesamtkosten je nach Szenario zwischen 18 und 30 Milliarden Euro liegen. Banking-Apps, Online-Bankings, Bezahlkarten, Terminals – all das müsste angepasst werden.


(axk)



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