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Razor Group meldet Fusion von US-Tochter mit Infinite Commerce


Die Unternehmen bündeln ihre Kräfte und wollen so mehr Effizienz schaffen. Zuletzt gab es wenig gute Nachrichten aus dem Segment der Amazon-Seller.

Die Razor-Tochter Whele LLC hat sich mit der ebenfalls US-amerikanischen Firma Infinite Commerce zusammengeschlossen. Das soll, laut Medienberichten, länger schon diskutiert worden sein.
Comezora; Getty/ Razor Group

Es war recht still geworden um die Aggregatoren. Nun aber gibt es eine News von der Razor Group aus Berlin: Ihre US-Tochterfirma Whele LLC hat sich mit der ebenfalls US-amerikanischen Firma Infinite Commerce zusammengeschlossen. Durch die Fusion soll ein globaler Aggregator für Online-Marktplatzhändler entstehen, heißt es in einer Pressemitteilung, der künftig unter der Marke Razor operiert und Standorte in Berlin und Boston haben wird.

Ziel sei es, Effizienzen zu steigern: Die Unternehmen bündeln ihre Kompetenzen für Produktentwicklung, Supply Chain und Marktplatzmanagement. Infinite-CEO Steve Neufer übernimmt die Rolle des Executive Chairmans, während Razor weiterhin von CEO Max Biller geführt wird.

Geht es nach der Razor Group, war das nicht der letzte Merger: Das fusionierte Unternehmen sei „einzigartig positioniert, um die Konsolidierung im Bereich der E-Commerce-Aggregatoren weiter voranzutreiben“, heißt es weiter in der Pressemitteilung. „Gestützt auf eine starke Bilanz und engagierte Stakeholder wird Razor durch aggressive, aber umsichtige Fusionen und Übernahmen im FBA-Bereich weiteres Wachstum vorantreiben und neue Maßstäbe für den skalierten E-Commerce setzen.“

Hintergrund zum boomenden Aggregatoren-Geschäft

Razor wurde 2020 gegründet, im Zuge einer FBA-Seller-Welle, die dem Erfolg des US-Unternehmens Thrasio gefolgt war: Das hatte zwei Jahre zuvor damit angefangen, kleinere Amazon-Händler aufzukaufen und sich so in kurzer Zeit zu einem E-Commerce-Riesen mit Milliardenumsatz zu entwickeln.

In Deutschland kamen 2020 SellerX und Razor mit demselben Vorhaben auf den Markt. Und beide schafften es binnen weniger Monate zum Unicorn aufzusteigen.

Die 113-Millionen-Euro-Finanzierungsrunde (125 Millionen Dollar), die Razor zum Einhorn machte, wurde von bestehenden und neuen Investoren getragen. Darunter die Fortress Investment Group, 468 Capital der Szeneköpfe Alexander Kudlich und Florian Leibert, Blackrock, Jebsen Capital, Redalpine und Global Founders Capital und das Investmentvehikel der Samwer-Brüder.

Mit dem Kapital hat die Razor Group nicht nur als Markenaggregator zahlreiche kleine Amazon-Händler übernommen. Zuletzt erwarb Razor auch andere Aggregatoren, unter anderem die deutsche Stryze Group, die lateinamerikanische Valoreo-Plattform sowie den US-Konkurrenten Perch – hierfür wurde ein Teil des Geschäfts in die USA verlagert.

Zeitgleich mit der Perch-Übernahme hat die Razor Group eine Series-D-Finanzierungsrunde in Höhe von umregerechnet 90,3 Millionen Euro (100 Millionen Dollar) abgeschlossen. Medienberichten zufolge konnte der Berliner Shop-Aufkäufer durch die Finanzierungsrunde seinen Unicorn-Status zementieren. Die Unternehmensbewertung soll auf 1,54 Milliarden Euro (1,7 Milliarden Dollar) gestiegen sein.

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Berichte über nötige Sanierungsmaßnahmen

Allerdings: Auch Razor hatte zwischenzeitlich mit Problemen zu kämpfen. Im März 2025 berichtete das Nachrichtenportal Bloomberg unter Berufung auf Insider, die Razor Group stecke in einer Liquiditätskrise, die durch neue Darlehen und Überbrückungsfinanzierungen, unter anderem von BlackRock und Presight Capital, abgefedert werden sollte. Die Firma soll zuvor bereits von andern Kreditgebern wie Victory Park Capital Advisors und Eigenkapitalinvestoren, darunter Christian Angermayers Presight Capital, Überbrückungsfinanzierungen bekommen haben.

Parallel, berichtete das Magazin schon damals, liefen Gespräche mit Infinite Commerce über eine mögliche Fusion. Sie seien Teil der „Sanierungsbemühungen“, hieß es in dem Bericht.

Gründe für die Branchenkrise

Das Aggregatoren-Modell, das während des E-Commerce-Booms in der Pandemie als erfolgversprechend galt, geriet in der Krise, als die Verbrauchernachfrage einbrach. Steigende Zinsen und mangelnder Zugang zu frischem Kapital sorgen seit 2022 für Umstrukturierungen und Entlassungen in dem Segment.

Auch das Branchenvorbild Thrasio meldete Anfang 2024 Insolvenz an. In Deutschland kam SellerX vergangenes Jahr ins Schlingern: Nachdem das Berliner Unternehmen einen 500-Millionen-Dollar-Kredit von Blackrock nicht mehr bedienen konnte, hatte die weltgrößte Investmentgesellschaft angekündigt, SellerX versteigern zu lassen.

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Die Auktion wurde dann allerdings in letzter Minute abgesagt. Eigentlich sollten die Firmenanteile des ehemaligen Unicorns nach dem Zahlungsausfall gegenüber Blackrock und Victory Park Capital als Sicherheit verwertet werden. Gründe für die Absage wurden nicht genannt, ein mögliches Kalkül hinter der Aktion scheint aber gewesen zu sein, dass die Gläubiger die Anteile selbst übernehmen wollten. Blackrock tauschte damit quasi Schulden gegen Anteile.

Perspektiven des Geschäftsmodells

E-Commerce-Experten sehen das Aggregatoren-Modell nicht grundsätzlich am Ende, aber die Versprechen vom „Unilever des Internets“ haben sich als schwer einlösbar erwiesen. Entscheidend sei, ob Marken tatsächlich integriert und weiterentwickelt werden können.

Noch im Rennen ist neben der Razor Group auch immer noch die Berlin Brands Group – ebenfalls 2021 zum Unicorn geworden. Das E-Commerce-Startup verkauft selbst entwickelte Produkte unter mittlerweile 34 Eigenmarken über eigene Webshops, darunter Musikanlagen-Anbieter Auna und Küchengeräte-Hersteller Klarstein. Seit Ende 2020 kauft die Berlin Brands Group (BBG) erfolgreiche Onlinehändler des Amazon Marketplace in Deutschland auf. Inzwischen will das Unternehmen von Peter Chaljawsky auch Marken in den USA und Großbritannien übernehmen. 

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