Datenschutz & Sicherheit
Streit um Facebook-Seiten der Bundesregierung geht weiter
Die Bundesdatenschutzbeauftragte will im Streit um Facebook-Seiten der Bundesregierung nicht nachgeben. Daher legt sie Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln ein, wie die Behörde am Freitag in einer Pressemitteilung mitteilte. Ziel sei eine Klärung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen staatliche Stellen offizielle Profile in Sozialen Medien betreiben dürfen.
Im Juli hatte das Kölner Gericht entschieden, dass keine gemeinsame datenschutzrechtliche Verantwortung zwischen Meta und dem Bundespresseamt (BPA) für die Datensammlungen des Social-Media-Betreibers bestehe. Entsprechend sei allein Meta für die rechtssichere Verarbeitung und Einholung der Einwilligung von Betroffenen verantwortlich. Das BPA dürfe deshalb weiter die Facebook-Seite der Bundesregierung mit derzeit etwa einer Million Follower:innen betreiben.
„Selbstverständlich sehen wir, wie wichtig es für den Staat geworden ist, auf sozialen Netzwerken zu kommunizieren“, heißt es von der amtierenden Bundesdatenschutzbeauftragten Louisa Specht-Riemenschneider zu der Berufung. „Welche Bedingungen dafür gelten, ist aber bislang völlig unklar und kann nur entweder durch den Gesetzgeber oder durch ein letztinstanzliches Urteil festgelegt werden.“
Fast 15 Jahre Rechtsunsicherheit
Das Gerichtsverfahren geht zurück auf eine Entscheidung von Specht-Riemenschneiders Amtsvorgänger Ulrich Kelber. Dieser hatte nach langem Mahnen und Warnen im Jahr 2022 dem Bundespresseamt den Betrieb der Facebook-Seite der Bundesregierung untersagt. Dagegen sind sowohl das BPA als auch Meta gerichtlich vorgegangen.
Hintergrund sind die umfangreichen Datensammlungen des Meta-Konzerns, der das Verhalten seiner Nutzer:innen auf den eigenen Plattformen und darüber hinaus auswertet. Mit den gewonnenen Informationen betreibt der Konzern unter anderem seine hyperpersonalisierten Empfehlungsalgorithmen, bietet zielgerichtete Werbung an und entwickelt KI-Dienste.
Seit langem gibt es zahlreiche Rechtsstreits darum, ob Metas Verhalten datenschutzkonform ist. Insgesamt wurde der Konzern wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung bereits zu mehreren Milliarden Euro Bußgeld verdonnert. Im Zentrum der aktuellen Auseinandersetzung steht die Frage: Inwiefern tragen die Betreiber offizieller Facebook-Seiten, die früher „Fanpages“ hießen, eine Mitverantwortung für Datenschutzverstöße?
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Bereits Anfang der 2010er-Jahre hatte die Datenschutzbehörde von Schleswig-Holstein die Schließung einer Facebook-Fanpage angeordnet, weil die Seitenbetreiber nicht sicherstellen konnten, dass Facebook sich an den Datenschutz hält. Der Fall ging bis vor den Europäischen Gerichtshof, der eine gemeinsame Verantwortung 2018 weitgehend bejahte.
Praktische Konsequenzen hatte das allerdings kaum. Meta stellte Seitenbetreibern 2019 ein „Addendum“ zur gemeinsamen Verantwortung zur Verfügung. Nach Auffassung der Datenschutzbehörden löste dies die Probleme allerdings nicht. Auch dass das BPA die Bereitstellung von Statistiken durch Facebook abstellte, hielt Kelber für unzureichend, wie er 2021 an die Bundesregierung schrieb.
Handreichung: Social Media immer nur als Parallelmedien
Für öffentliche Stellen ist das ein Dilemma, weil sie nicht nur ein Eigeninteresse haben, mit Bürger:innen zu kommunizieren, sondern dazu auch verfassungsrechtlich angehalten sind. Specht-Riemenschneider betont deshalb, dass sie Behörden nicht für die Nutzung von Sozialen Medien abstrafen wolle. Vielmehr sei es das Anliegen der BfDI, „die bislang weder gesetzlich noch höchstrichterlich geklärten Bedingungen für rechtskonforme Nutzung abschließend und unmissverständlich zu klären und dabei digitale Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen“.
Um vor einer endgültigen Klärung der Frage nach der gemeinsamen Verantwortung eine möglichst datenschutzkonforme Nutzung sozialer Medien durch öffentliche Stellen zu ermöglichen, veröffentlichte die Datenschutzbeauftragte mit der Berufungsankündigung eine eher allgemein gehaltene Handreichung für Behörden.
So sollen Behörden in Sozialen Medien beispielsweise Transparenz über die eigene Verarbeitung von Daten herstellen und eine Datenschutzfolgenabschätzung vornehmen, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Außerdem sollten Behörden, soweit es ihnen möglich ist, für Privacy by default sorgen. Dazu könnten Maßnahmen wie die Abschaltung der Statistik-Funktion und falls möglich eine Deaktivierung der Datennutzung für KI-Training gehören. Verarbeitungsintensive Zusatzfunktionen wie Gewinnspiele, Direktwerbung und Widgets sollten gar nicht genutzt werden.
Und: „Soziale Medien dürfen von öffentlichen Stellen des Bundes nur als Parallelmedium genutzt werden.“ Bürger:innen müssten immer die Möglichkeit haben, Informationen auch über andere Kanäle zu erhalten. Das gelte ebenfalls für Stellenanzeigen und Veranstaltungsankündigungen.