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Datenschutz & Sicherheit

Wie Lärmschutz die Versammlungsfreiheit beschränkt


Er ist seit einer Protestaktion beim ARD-Sommerinterview bundesweit bekannt, aber Ordnungshütern wohl ein Dorn im Auge: Die Berliner Polizei nimmt offenbar die Anwesenheit des Protestbusses „Adenauer SRP+“ bei Versammlungen zum Anlass, diesen Demonstrationen besondere Lärmauflagen zu machen. So hatte die Berliner Versammlungsbehörde zuletzt am 2. August einer Demo gegen Rechtsextremismus und Verschwörungsideologie eine Lautstärkebegrenzung auferlegt. Im Auflagenbescheid an den Veranstalter hieß es:

Ein Lautstärkepegel von maximal 90 dB(A) am maßgeblichen Immissionsort (MIO) darf durch die zum Einsatz kommende Lautsprecheranlage nicht überschritten werden.

Diese Auflage hatte Auswirkungen auf die Teilnahme des Protestfahrzeuges vom Zentrum für politische Schönheit, das die Polizei – nicht nur in Berlin – seit Längerem auf dem Kieker hat. Im Verlauf der Versammlung stellte die Polizei mit ihrem Messgerät einen Verstoß gegen die Lärmauflage fest – und versuchte, die Lautsprecher des Fahrzeuges zu beschlagnahmen.

Später teilte die Polizei mit, dass ein Polizist durch die Lautstärke leicht verletzt worden sei. Insgesamt seien in den letzten Monaten durch das „Tatmittel Adenauer SRP+“ schon 26 Polizist:innen leicht verletzt worden, Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung würden laufen.

Nicht nur in Berlin

Die Maßnahme gegen den antifaschistischen Protestbus steht exemplarisch für die neueste Hürde für Veranstalter:innen von Demonstrationen. So berichtete auch das Bündnis „MyGruni“, das immer wieder Demos mit Tausenden Menschen im Berliner Villenviertel Grunewald abhält, dass die Polizei bei Aktionen angeordnet habe, dass die Lautsprecherwagen beispielsweise beim Vorbeifahren an Seniorenheimen heruntergedreht werden müssten. Warum ausgerechnet Senior:innen, die in der Regel ja schlechter hören, von den Inhalten eines Protestes abgeschirmt werden sollen, bleibt das Geheimnis der Polizei.

Kran der Polizei versucht Lautsprecher zu heben.
Um die Lautsprecher zu beschlagnahmen, fuhr die Berliner Polizei schweres Gerät auf. – Alle Rechte vorbehalten Zentrum für politische Schönheit

Berlin steht als Bundesland nicht allein, wenn es um solche Auflagen geht. Auch im sächsischen Dresden gilt seit vergangenem Jahr ein Richtwert von 90 Dezibel, in Bayern gibt es ähnliche Auflagen. Im nordrhein-westfälischen Düsseldorf setzte die Polizei bei einer Kundgebung – es war wieder der Adenauer-Protestbus – sogar die Lautstärke auf maximal 70dB fest, in Spitzen durfte sie 90dB nicht übersteigen. Um das abzusichern, erließ die Polizei sogar die Auflage (Dokument 1, Dokument 2), dass drei Polizeibeamte permanent im Bus sein sollten und zuvor vom Veranstalter in der technischen Bedienung des Fahrzeuges eingewiesen werden sollten.

Soweit so absurd und einschränkend. Doch was heißen eigentlich die Dezibel-Zahlen?

Wer in einer Diskothek feiert, ist auf der Tanzfläche oft Lautstärken von 90 bis 100 Dezibel ausgesetzt, manchmal auch mehr. Auf Dauer sind solche Lautstärken schädlich für das Gehör. Doch Lärmschutzauflagen auf 90 oder gar 70 Dezibel beschränken letztlich die Versammlungsfreiheit massiv.

Dazu muss man sich etwas näher anschauen, was es mit Dezibel auf sich hat und wie der Schall mit der Entfernung zu- beziehungsweise abnimmt: Die Skala, die den sogenannten Schalldruckpegel abbildet, verhält sich nicht linear, sondern logarithmisch. 10 Dezibel entsprechen etwa einer Verdopplung der empfundenen Lautstärke, gleichzeitig nimmt die Lautstärke bei einer Verdopplung des Abstandes zur Schallquelle um jeweils 6 Dezibel ab.

Etwas weiter entfernt nur noch ein Flüstern

Stehe ich bei einem Demo-Lautsprecher – der bei einem Meter Abstand die polizeilich erlaubten 90 Dezibel laut ist – in 64 Meter Entfernung, dann bleiben von den vorn lauten 90 Dezibel gerade noch 54 Dezibel übrig, was deutlich leiser ist als ein Fernseher auf Zimmerlautstärke oder die Geräuschkulisse in einem Büro – und in etwa der Lautstärke eines normalen Gesprächs zwischen zwei Menschen entspricht.

Bei der extremen Düsseldorfer Auflage mit den 70 Dezibel ist der Klang des Lautsprecherwagens in schon 32 Metern Entfernung nur noch als Flüstern mit etwa 40 Dezibel wahrzunehmen. Bei Umgebungsgeräuschen durch Verkehr oder dem Geraschel und Gemurmel von vielen versammelten Menschen, wird es dann schon schwierig, etwas von den politischen Inhalten zu verstehen.

Das hat Auswirkungen auf die Versammlungsfreiheit: Demonstrationen haben, gerade wenn sie laufen, oftmals eine Ausdehnung über mehrere Hundert Meter. Bei einer Lautstärkebeschränkung auf 90 Dezibel am Lautsprecher haben so viele der Teilnehmenden gar keine Chance, die Inhalte eines Lautsprecherwagens zu hören.

Und auch die Adressaten des Protests dürften durch so eine Regelung davon verschont werden, die Redebeiträge inhaltlich mitzubekommen. Demonstriere ich gegen eine Institution oder eine Veranstaltung, von der die Polizei den Lautsprecherwagen auf mehr als 50 Meter Abstand hält, dann dürfte der Adressat des Protests bei geschlossenen Fenstern nichts mehr vom Protest hören.

Eine allgemeine Beschränkung der Lautstärke widerspricht dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das Proteste laut Rechtsprechung in „Hör- und Sichtweite“ zum Adressaten ermöglichen soll. Proteste in Hörweite sind bei den üblichen Lautstärkebeschränkungen dann schon deutlich erschwert bis unmöglich.

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So laut sind verschiedene Lärmquellen – es kommt aber auf die Entfernung an. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Zoonar

Flüsterdemo wegen Arbeitsschutz der Polizei?

Der Lärmvorfall bei der Demo gegen Rechtextremismus in Berlin hat es nun bis ins Berliner Abgeordnetenhaus geschafft. Der grüne Innenpolitiker Vasili Franco ha eine parlamentarische Anfrage (PDF) mit vielen Fragen gestellt.

Spannend ist an der Antwort unter anderem, dass die Berliner Landesregierung die Lärmschutzauflagen in erster Linie mit dem Arbeitsschutz der eingesetzten Polizeibeamt:innen begründet, denn in der Regel dürften Demoteilnehmende oder Passant:innen gar nicht so nahe an den etwa drei Meter hoch hängenden Lautsprecher herankommen wie die messenden Polizist:innen.

Drei Polizisten stehen mit einem Lautstärke-Messgerät vor einem Lautsprecher
Drei Polizisten messen die Lautstärke am Adenauer-Bus. Einer von ihnen soll sich laut Polizeiangaben dabei wegen der hohen Lautstärke leicht verletzt haben. – Alle Rechte vorbehalten Zentrum für politische Schönheit

In der Antwort auf die parlamentarische Anfrage heißt es: Es habe die Gefahr bestanden, dass durch den Einsatz von Lautsprechern mit einer über 90 Dezibel A-Bewertung (dB(A)) hinausgehenden Lautstärke „Belange des Schutzes Dritter vor Lärm, des Schutzes der Gesundheit und der körperliche Unversehrtheit der Versammlungsteilnehmenden, der eingesetzten Dienstkräfte der Polizei Berlin und unbeteiligter Dritter sowie zu berücksichtigende Belange des Arbeitsschutzes“ verletzt würden. Eine längere Konfrontation mit einem Schalldruckpegel von mehr als 90 dB(A) könne Gehörschäden verursachen.

In der Anfrage an die Landesregierung hat Vasili Franco auch gefragt, warum denn die Polizeibeamt:innen beim Messen direkt am Lautsprecher keinen Gehörschutz getragen hätten. Hierzu antwortet die Innensenatorin:

Im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen ist es nicht möglich, dass Polizeibeamtinnen und -beamte während der Begleitung des Aufzuges einen über die Impulsschallgehörschutzstöpsel hinausgehenden Gehörschutz tragen. […] Das Tragen eines umfassenden Gehörschutzes ist daher mangels Effektivität nicht als milderes Mittel in Betracht zu ziehen (vgl. Verwaltungsgericht (VG) München, Urteil vom 24. Juli 2013 – 7 K 13.2850). Bei Versammlungen kann daher im Wege der Beschränkung eine Höchstlautstärke vorgegeben werden (siehe Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 10. November 2010 – 11 LA 298/10; Oberverwaltunsggericht Magdeburg, Beschluss vom 13. Februar 2012 – 3 L 257/10).

Den gesetzten Grenzwert von 90 Dezibel sieht die Berliner Innenverwaltung in Sachen Versammlungsfreiheit als unproblematisch an: Nach Meinung der Innenverwaltung würde der auferlegte Maximalwert das Schutzgut des Versammlungsgrundrechts aus Art. 8 GG als Recht zur kollektiven Meinungskundgabe wahren. Mit der angesetzten Lautstärke könnten laut der Landesregierung sowohl die eigenen Teilnehmenden als auch unbeteiligte Dritte erreicht werden, so dass die Binnen- und die Außenkommunikation gewährleistet war. Die Einwirkung auf den öffentlichen Meinungsbildungsprozess, die das Wesen einer jeden Versammlung ausmacht, sei damit möglich gewesen.

„Unverhältnismäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit“

Das sieht der grüne Innenpolitiker Franco anders. Er kritisiert, dass „Versammlungen von der Polizei nicht als demokratische Wahrnehmung von Grundrechten, sondern als Hort von Gefahren betrachtet werden“. Im Falle des Protestbusses dränge sich mittlerweile der Eindruck auf, dass die Berliner Polizei nach Vorwänden suche, den Bus aus dem Verkehr zu ziehen, so Franco weiter.

„Lärmauflagen und penible Kontrollen muten in der Gesamtschau als unverhältnismäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit an. Es ist schon verwunderlich, dass wiederholt Verletzungen von Polizist:innen durch die überschrittene Lautstärke angeführt werden, gleichzeitig jedoch keinerlei Beschwerden oder Verletzungen von Dritten oder Demonstrationsteilnehmenden zu verzeichnen sind“, sagt Franco gegenüber netzpolitik.org.

Die Polizei schaffe durch ihren Einsatz faktisch mutwillig selbst den Grund, die Versammlungsfreiheit einzuschränken. „Der Protest auf der Straße wird im Ergebnis unterdrückt, während die rechtsextreme Propaganda im Netz lauter als jeder Demobus den politischen Diskurs verschiebt.“

„Mittel, um Versammlungsleitungen zu gängeln“

Stefan Pelzer vom Zentrum für politischen Schönheit sagt gegenüber netzpolitik.org, dass er die Lautstärkebeschränkungen als willkürlich empfinde. „Sie dienen letztlich nur dazu, Demonstrationen jederzeit behindern zu können und Fahrzeuge wie unseren Bus von Demonstrationen ausschließen zu können.“

Kritik an Lärmauflagen hat auch der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV): „Versammlungen müssen wahrgenommen werden können. Lautstärkeauflagen erschweren die Außenwahrnehmung. Sie sind ein Mittel, um Versammlungsleitungen unnötig zu gängeln“, erklärt auch Rechtsanwalt Peer Stolle, Vorstandsmitglied des RAV.

„Derartige Auflagen sind Ausdruck eines behördlichen Verständnisses, Versammlungen als Störung wahrzunehmen und nicht als elementaren Ausdruck einer lebendigen Demokratie“, so Stolle weiter.

Nehmen die Lärmschutzauflagen in Berlin zu?

Wie oft die Berliner Versammlungsbehörde Demonstrationen in der Hauptstadt Lärmauflagen macht, ist nicht so leicht herauszubekommen. Die Berliner Polizei kann nach eigener Auskunft keine Angaben zur Entwicklung der Lärmschutzauflagen in den letzten Jahren machen oder sagen, ob es mehr werden. Bei der Polizei Berlin erfolge keine automatisierte Erfassung von Beschränkungen bei Versammlungen. „Deshalb ist ein Überblick dazu nicht möglich“, sagt ein Sprecher der Polizei gegenüber netzpolitik.org. In einer früheren kleinen Anfrage zum Thema antwortete die Senatsverwaltung, dass Lärmschutzauflagen immer eine Einzelfallbewertung voraussetzen würden.

Bei der Berliner Lauti-Gruppe, die seit vier Jahrzehnten etwa 50 Demonstrationen im Jahr mit einem Lautsprecherwagen unterstützt, heißt es, dass Lautstärkeauflagen bei Demonstrationen in Berlin noch die „absolute Ausnahme“ seien, aber immer wieder vorkämen.

„Wenn es dann aber doch willkürlich diese Auflagen gibt, stellt es eine starke Einschränkung der Demo dar, die ja den Zweck hat, gehört zu werden“, sagt Toni*, 39, die in der Gruppe mitarbeitet. „Sind solche Auflagen im Vorfeld bekannt, sollte man unbedingt rechtlich dagegen vorgehen“, so Toni weiter.

Lautstärkeauflagen in der Vergangenheit

Es ist nicht das erste Mal, dass die Frage von Lautstärke und Versammlungsfreiheit das Berliner Abgeordnetenhaus erreicht. Im Jahr 2023 gab es eine schriftliche Anfrage der Linkspartei (PDF) zum Thema. Schon damals wurde gefragt, auf welcher Grundlage eigentlich Lärmauflagen erteilt würden.

Hier antwortete die Senatsinnenverwaltung, dass der Behörde eine „einzelfallbezogene Bewertung der Zumutbarkeit“ vorbehalten bleibe. Die Versammlungsfreiheit beinhalte kein Recht, „musikalische Vorträge oder Redebeiträge in beliebiger Lautstärke abzuspielen“, hieß es dort weiter. Bei der Festsetzung von Grenzwerten würden „bei dem vorzunehmenden Rechtsgüterausgleich in praktischer Konkordanz die Zeit, Örtlichkeit und Teilnehmendenzahl der Versammlung und gegebenenfalls weitere Variablen miteinbezogen“.

Weiterhin wurde damals mit der öffentlichen Sicherheit argumentiert. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasse laut dem Innensenat u.a. die Individualrechtsgüter Leben und Gesundheit. Außerdem seien grundrechtlich relevante Belange wie beispielsweise Lärmschutz von Anwohnenden, Passantinnen und Passanten, aber auch die negative Versammlungsfreiheit anderer Personen in den Blick zu nehmen. Insgesamt sei es immer eine Einzelfallprüfung.

menschen laufen hinter einem Lautsprecherwagen her.
Fuckparade 2006. CC-BY 2.0 Nicor

Streitpunkt Musik- und Tanzdemos

Im Visier von Versammlungsbehörden und Polizeien sind seit Jahren Versammlungen, bei denen viel Musik gespielt wird. Hier gibt es immer wieder Auseinandersetzungen, ob Musik eine politische Meinungsbekundung ist. Der bekannteste Fall ist die „Fuckparade“, eine Demonstration, die gegen die Kommerzialisierung der Loveparade gestartet war. Hier stufte die Polizei im Jahr 2001 die Fuckparade nicht als Demonstration ein und verbot sie. Die Veranstalter:innen zogen bis vor das Bundesverwaltungsgericht, das ihnen im Jahr 2007 Recht gab und die Fuckparade als politische Versammlung anerkannte.

Ebenjener Fuckparade hatte die Berliner Polizei im Jahr 2023 allerdings strenge Lärmschutzauflagen gemacht, die den Charakter der politischen Musikparade stark veränderten, weil diese plötzlich ganz leise war. Unklar ist hier auch der unterschiedliche Umgang im Einzelfall. Während die Fuckparade starke Beschränkungen hinnehmen musste, sind bei der Musikdemo „Rave the Planet“, die seit 2022 in Berlin stattfindet, keine Lautstärkeeinschränkungen bekannt. Bei der Techno-Demo „Zug der Liebe“ hingegen setzte die Polizei wieder einen Höchstwert von 90 Dezibel fest.

Musik als Meinungskundgabe hat sich trotz mittlerweile längerer Tradition und zahlreichen Musik-Demonstrationen im ganzen Bundesgebiet noch nicht durchgesetzt. Jüngst hatte die Polizei Aachen der „Krachparade Aachen“, einer Demonstration aus Nachtleben und Subkultur, den Status als Demonstration abgesprochen und sie verboten. Die Veranstalter:innen hatten sich daraufhin gewehrt, waren aber sowohl vor dem Verwaltungsgericht Aachen als auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gescheitert.

Augsburg schießt den Vogel ab

Im bayerischen Augsburg hingegen reglementiert man Musik und Lautstärke maximal versammlungsfeindlich. Bei einer Demo zum Frauentag 2022 durften Lautsprecheranlagen und Megafone „nicht für reine Unterhaltungs-/Vergnügungszwecke, sondern nur für direkte Versammlungszwecke“ verwendet werden.

Weiterhin verfügte die Versammlungsbehörde, durch das „Rufen von Parolen, Benutzen von Lärm- und ähnlichen Geräten darf es zu keiner unzumutbaren Lärmbelästigung von Passanten und Anwohnern oder Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs kommen“. Zudem sollten „alle Reden und auch von Ton-/Bildträgern abgespielte Texte, Videos und Musikstücke“ den „öffentlichen Frieden“ wahren. So dürfe nicht zum „Hass gegen Bevölkerungsteile aufgestachelt werden oder zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen aufgerufen werden, indem Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“.

Die Veranstalterinnen fingen sich nach der Demo einen Strafbefehl in Höhe von 1.200 Euro ein, weil sie die Auflagen missachtet hätten. RAV-Vorstandsmitglied Peer Stolle  sagte damals gegenüber netzpolitik.org, solche rigiden Auflagen seien „mit einer liberalen Demokratie nicht zu vereinbaren“.

 

* Name der Redaktion bekannt



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Datenschutz & Sicherheit

EU-Kommission strebt offenbar Kahlschlag beim Datenschutz an [UPDATE]


Am 19. November will die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Generalüberholung ihrer Digitalregulierung vorstellen. Der „digitale Omnibus“, wie das Paket genannt wird, soll Regeln vereinfachen, überlappende Gesetze in Einklang bringen und Bürokratie abbauen. Derzeit verdichten sich die Hinweise, dass in diesem Rahmen auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erheblich aufgebohrt werden könnte.

Freie Fahrt für pseudonymisierte Daten

So berichtet heise online von jüngsten Äußerungen der mächtigen Kommissionsbeamtin Renate Nikolay. Als stellvertretende Generaldirektorin der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (DG Connect) verantwortet sie den digitalen Omnibus. Bei einer Veranstaltung des Bundesverbands Digitalwirtschaft (BVDW) habe sie unter anderem angekündigt, dass das Thema Online-Tracking künftig nicht mehr in der auch als „Cookie-Richtlinie“ bekannten ePrivacy-Richtlinie, sondern nur noch in der DSGVO geregelt werden soll. Bislang überschneiden sich die Regeln aus beiden Rechtsakten.

[Update am Ende des Textes: Euractiv berichtet, dass die Kommission das „legitime Interesse“ als Rechtsgrundlage für Online-Tracking etablieren will.]

Welche inhaltliche Richtung die Kommission hierbei konkret einschlagen will, sagte Nikolay nicht. Aufhorchen lässt in diesem Zusammenhang jedoch eine zweite Ankündigung: So will die Kommission offenbar die Nutzungsmöglichkeiten pseudonymisierter Daten ausweiten. Der Europäische Gerichtshof habe den Spielraum hierfür in seiner Rechtsprechung kürzlich erweitert, so Nikolay laut heise online.

Das Thema ist deshalb brisant, weil die Datenindustrie seit langem versucht, pseudonymisierte Daten beispielsweise beim Online-Tracking als harmlos darzustellen. Datenhändler bewerben Datensätze mit pseudonymisierten personenbezogenen Daten irreführend als „anonym“. Pseudonymisierung bedeutet in der Regel jedoch, dass bei der Profilbildung statt eines direkten Identifikationsmerkmales wie eines Namens oder einer Telefonnummer etwa ein Zahlenschlüssel vergeben wird.

Erst in dieser Woche demonstrierte eine Recherche von netzpolitik.org und internationalen Partnermedien, wie leicht sich pseudonymisierte Daten aus der Online-Werbeindustrie nutzen lassen, um auch hochrangiges Personal der EU auszuspionieren. Die EU-Kommission zeigt sich „besorgt“. Sollte sie nun tatsächlich den Schutz für pseudonymisierte Daten einschränken, könnte sie die von uns aufgedeckte illegale Massenüberwachung durch Werbe-Tracking und Datenhandel legalisieren.

Weniger Schutz für sensible Daten

Mehrere Quellen bestätigten netzpolitik.org, dass die Generaldirektion Connect auch plane, den Schutz von sensiblen Daten einzuschränken. Nach Artikel 9 der DSGVO sind Daten besonders geschützt, aus denen die „ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen“. Außerdem gehört dazu „die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person“.

Die Kommission will nun offenbar erreichen, dass sensible Daten enger definiert werden. Besonders geschützt wären dann nur noch jene Daten, aus denen oben genannte Informationen explizit hervorgehen. Als sensibel würde dann beispielsweise noch die Aussage einer Person gelten, dass sie sich wegen Suchtproblemen in Behandlung befinde. Standortdaten, aus denen Besuche in einer Suchtklinik ersichtlich sind, würden dann vermutlich nicht mehr darunterfallen.

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Dies steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, der in einem Urteil kürzlich eine weite Definition sensibler Daten bestätigt hatte. Explizit sagte das Gericht, dass auch abgeleitete Informationen unter Artikel 9 DSGVO fallen können.

KI-Training: Freifahrtschein für Tech-Konzerne

Auch bei anderen Themen deutet sich an, dass die Kommission Änderungen anstrebt, die einen Kahlschlag beim Datenschutz bedeuten könnten. So plane die EU-Kommission laut dem Nachrichtendienst MLex [hinter Paywall], die Verwendung personenbezogener Daten für das Training von KI-Modellen datenschutzrechtlich grundsätzlich zu erlauben.

Machine-Learning-Systeme, die heute hinter vielen KI-Anwendungen wie Chatbots oder Bildgeneratoren stehen, müssen mit großen Datenmengen trainiert werden. Milliardenschwere Tech-Unternehmen wie Google, Meta oder OpenAI sammeln hierfür massenweise Daten aus dem Internet oder bedienen sich an den Daten ihrer Nutzer:innen. Geht es nach der EU-Kommission, sollen sie Letzteres künftig tun können, ohne ihre Nutzer:innen vorab um Erlaubnis fragen zu müssen.

Erst vor wenigen Monaten hatte der Meta-Konzern für einen öffentlichen Aufschrei gesorgt, als er alle öffentlichen Daten seiner Nutzer:innen für das Training seiner Meta AI verwendet. Eine Widerspruchsmöglichkeit bot er nur versteckt an.

Als Rechtsgrundlage für ihr Vorgehen berufen sich Tech-Konzerne meist auf ihr „legitimes Interesse“. Diese Position ist rechtlich umstritten, wurde im Grundsatz jedoch von Datenschutzbehörden und in einem Eilverfahren auch von einem Verwaltungsgericht bestätigt. Um keinen Interpretationsspielraum mehr zu lassen, will die EU-Kommission nun offenbar gesetzlich festschreiben, dass das legitime Interesse als Rechtsgrundlage ausreicht.

„Vom Datenschutz wird nichts mehr übrigbleiben“, kommentiert der ehemalige Kommissionsdirektor Paul Nemitz den Bericht von MLex auf LinkedIn. Er ist einer der Gründerväter der Datenschutzgrundverordnung und lehrt heute Rechtswissenschaften am College of Europe. Das Vorhaben mache „das Leben von Menschen, ausgedrückt in personenbezogenen Daten, zum Gegenstand einer allgemeinen maschinellen Erfassung“ und verstoße gegen die Grundrechte-Charta der EU.

Bundesregierung will Auskunftsrecht einschränken

Laut MLex plant die EU-Kommission auch Betroffenenrechte einzuschränken. So sollen Menschen künftig weniger Möglichkeiten haben, bei Unternehmen oder Behörden zu erfragen, ob und für welche Zwecke diese ihre Daten verarbeiten.

Für die Beschneidung des Rechts auf Datenauskunft hatte sich kürzlich auch die deutsche Regierung ausgesprochen. In einem German Proposal for simplification of the GDPR, schlägt die Bundesregierung der EU-Kommission vor, Schutzmaßnahmen gegen „missbräuchliche Auskunftsersuchen“ einzurichten. So würden Einzelpersonen „ihre Unzufriedenheit mit dem Staat und seinen Institutionen zum Ausdruck bringen, indem sie Auskunftsverfahren nutzen, um künstlich langwierige und ressourcenintensive Streitigkeiten zu schaffen“.

Auch grundsätzliche Reformwünsche, die über den anstehenden digitalen Omnibus hinausgehen, richtet die Bundesregierung an die EU. So soll die Kommission überprüfen, ob die Datenschutzgrundverordnung tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil für europäische Unternehmen biete oder ob sie nicht sogar „Chilling Effects“ habe. Damit sind abschreckende Effekte gemeint, die europäische Unternehmen davon abhalten könnten, Prozesse zu digitalisieren.

Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD den Wunsch festgehalten, Ausnahmen der DSGVO für nicht-kommerzielle Akteure und für Datenverarbeitungen mit geringem Risiko zu schaffen. Diesen Wunsch wiederholt die Bundesregierung in dem Papier.

Gegen Ende des 19-seitigen Dokuments findet sich nur ein einziger Vorschlag, mit dem Schwarz-Rot den Datenschutz stärken will: Die Regierung regt an, auch Hersteller und Vertreiber von Software und Diensten haftbar zu machen, die bislang für Datenschutzverstöße ihrer Produkte keine Verantwortung übernehmen müssen.

Die Reformwelle rollt erst los

Ob und welche Ideen die Kommission tatsächlich zur Umsetzung vorschlagen wird, erfährt die Öffentlichkeit voraussichtlich erst am 19. November. In der Kommission kann die Generaldirektion Connect von Renate Nikolay nicht allein über den digitalen Omnibus entscheiden. Die Datenschutzgrundverordnung obliegt der Generaldirektion Justiz und Verbraucher.

Nach Veröffentlichung der Vorschläge werden das EU-Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten dann eigene Positionen zum Gesetzespaket vorlegen. Später in diesem Jahr wird die EU-Kommission ein weiteres Reformvorhaben vorlegen, das sogenannte Digital Package. Auch dieses könnte gravierende Änderungen an der Datenschutzgrundverordnung enthalten.



Update, 07.11.2025, 11:30 Uhr: Inzwischen kursiert ein Entwurf der EU-Kommission für den digitalen Omnibus.
Euractiv berichtet darüber [hinter Paywall] mit Blick auf den Datenschutz. Demzufolge könnten künftig auch nicht-notwendige Cookies auf Basis der Rechtsgrundlage des legitimen Interesses gesetzt werden. Nutzer:innen müssten dann nicht mehr vorab gefragt werden, bevor sie für Werbezwecke überwacht werden. Tracking-Firmen und Datenhändler dürften sich freuen.



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Datenschutz & Sicherheit

Rundmail warnt EU-Angestellte vor Gefahr durch Tracking


Dieser Text ist Teil der Recherche-Reihe zu den Databroker Files.

Handy-Standortdaten bedrohen nicht nur die Privatsphäre, sondern auch die Sicherheit der Europäischen Union. Angeblich ausschließlich für Werbezwecke erhoben, fließen sie über Smartphone-Apps in die Hände von Databrokern und von dort an alle, die sich dafür interessieren. Anhand von zwei kostenlosen Vorschau-Datensätzen mit 278 Millionen Handy-Ortungen konnte ein Recherche-Team um netzpolitik.org demonstrieren, wie leicht sich solche Daten für Spionage nutzen lassen.

Gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk, Le Monde aus Frankreich, L’Echo aus Belgien und BNR aus den Niederlanden fanden wir Bewegungsprofile von teils hochrangigem EU-Personal in den Daten. So konnte das Team etwa die Bewegungen einer Person verfolgen, die in einem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) unterstellten Bereich tätig ist – vom Arbeitsplatz bis zur Privatadresse.

Die EU-Kommission teilte mit: „Wir sind besorgt.“ Abgeordnete des EU-Parlaments forderten mit Nachdruck Konsequenzen, gerade mit Blick auf eine militärische Bedrohung durch Russland. In Reaktion auf unsere Presseanfragen zur Recherche habe die Kommission ihren Mitarbeitenden am 23. Oktober neue Richtlinien für Werbe-Tracking auf Dienst- und Privatgeräten vorgelegt. Außerdem habe sie weitere Einrichtungen der EU informiert.

Eine zentrale Anlaufstelle für Fragen der IT-Sicherheit in der EU ist der Cybersicherheitsdienst CERT-EU. Er soll dazu beitragen, die IT „aller Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU“ sicherer zu machen. Am 4. November, einige Stunden nach Veröffentlichung der Recherchen, erhielten mindestens Angestellte des EU-Parlaments eine Rundmail mit Empfehlungen des CERT-EU auf Englisch und Französisch. Thema: „Bewährte Verfahren für die Sicherheit mobiler Geräte“.

Die Empfehlungen handeln davon, wie sich Werbe-Tracking und Standortzugriffe am Handy einschränken lassen. Ausdrücklich werden auch private Geräte erwähnt. Hier veröffentlichten wir die E-Mail im Volltext.

Alle sollen personalisierte Werbung abschalten

Die Empfehlungen des Cybersicherheitsdiensts enthalten keine Hinweise auf die jüngsten Recherchen von netzpolitik.org und Partnermedien. Sie gehen nicht darauf ein, welche konkreten Gefahren hinter Standort-Tracking stecken – etwa, dass sich mit Handy-Standortdaten metergenaue Bewegungsprofile erstellen lassen. Aus solchen Profilen lassen sich oftmals mühelos Arbeitsplatz und Privatadressen ablesen, ebenso private Ausflüge sowie Besuche in Arztpraxen, Kitas, Restaurants oder gar Bordellen. Entsprechend hoch sind die Gefahren für Spionage sowie die Privatsphäre.

Stattdessen weist die E-Mail unscheinbar darauf hin, die Empfehlungen wurden „zur Unterstützung der IT-Sicherheit“ herausgegeben. Unsere Fragen zum Zusammenhang der E-Mail des CERT-EU mit den Databroker Files ließ die EU-Kommission unbeantwortet. Sie wollte auch nicht offenlegen, welche Rundmail zuvor Angestellte der EU-Kommission erhalten haben.

Sieben Wege, um deinen Standort vor Databrokern zu schützen

Im Wesentlichen decken sich die Empfehlungen des CERT-EU mit denen, die etwa netzpolitik.org im Zuge der Recherchen zu den Databroker Files veröffentlicht hat. Es geht darum, so wenigen Apps wie möglich Zugriff auf Standortdaten zu gewähren, und das nur, wenn es nötig ist. Mit wenigen Klicks sollen EU-Mitarbeitende zudem personalisierte Werbung abschalten, indem sie ihre Werbe-ID tilgen.

Diese sogenannte Mobile Advertising ID (MAID) ist wie ein Nummernschild fürs Handy. Von Databrokern verbreitete Handy-Standortdaten sind oftmals mit einer solchen Werbe-ID versehen, wodurch sich Geräte – und ihre Besitzer*innen – einfach ausspionieren lassen. Von der ursprünglich für Werbetreibende gedachten Kennung profitieren also auch Überwachungsfirmen. Google und Apple sind dafür verantwortlich, dass die verräterischen Werbe-IDs ab Werk aktiv sind.

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Berechtigungen nach jedem Update prüfen

Geht es nach dem Cybersicherheitsdienst der EU, sollten sich EU-Mitarbeitende zudem kontinuierlich und regelmäßig der IT-Sicherheit ihrer Handys widmen. Insgesamt sieben Empfehlungen handeln davon, etwas zu blockieren oder abzulehnen („disable“, „block“, „deny“, „turn off“). Nutzende sollten „monatlich und möglichst nach jedem Update“ die Zugriffsberechtigungen von Apps prüfen.

Nach eigenen Angaben arbeiten für die EU rund 60.000 Beamt*innen und sonstige Angestellte. Wie realistisch ist es, dass die meisten diesen Empfehlungen folgen?

Doch nicht nur EU-Personal ist von der Massenüberwachung durch Handy-Standortdaten betroffen, sondern potenziell alle, die ein Smartphone nutzen. Insgesamt leben in der Europäischen Union rund 450 Millionen Menschen. Sollten nicht auch sie „monatlich und möglichst nach jedem Update“ die Zugriffsberechtigungen ihrer Apps prüfen?

Fachleute aus Politik und Zivilgesellschaft fordern seit Jahren ein Verbot von Tracking und Profilbildung für Werbezwecke. Auf diese Weise würde Databrokern der Nachschub an Daten ausgehen und Nutzer*innen müssten nicht zu Expert*innen für digitale Selbstverteidigung werden, um ihr Grundrecht auf Privatsphäre zu schützen.

In Deutschland setzt sich etwa der Verbraucherzentrale Bundesverband für ein solches Verbot ein und verlangt entsprechende Regeln im kommenden Digital Fairness Act. In der Vergangenheit hatten sich Bestrebungen zur wirksameren Eindämmung von Tracking in der EU-Gesetzgebung nicht durchsetzen können. Nach wie vor sprechen sich EU-Abgeordnete vehement für ein Tracking-Verbot aus, zuletzt Alexandra Geese (Greens/EFA) gegenüber netzpolitik.org.

EU-Kommission will Datenschutz eher schwächen als stärken

Die EU-Kommission sieht mit Blick auf unsere Recherchen jedoch keinen Bedarf für strengere Gesetze. Vielmehr droht, dass die Kommission im Rahmen der Vereinfachung von Digitalgesetzen den europäischen Datenschutz weiter schwächt. Wenn es um den illegalen Handel mit Standortdaten geht, sollen Mitgliedstaaten die Datenschutzgrundverordnung über ihre Aufsichtsbehörden durchsetzen, wie die Kommission mitteilt.

Das Wichtigste zur Spionage-Gefahr durch Handy-Standortdaten in der EU

Unsere Recherchen zeigen jedoch, wie Datenschutzbehörden mit ihren bisherigen Bemühungen zum Datenhandel allenfalls an der Oberfläche kratzen. Im Ökosystem der Werbeindustrie können Daten auf so vielen Wegen abfließen, dass Behörden und Nutzer*innen wie vor einem dichten Dschungel stehen. Selbst auf Privatsphäre bedachte Nutzer*innen können sich nur bedingt schützen, wenn sie nicht auf einen Großteil populärer Dienste verzichten wollen.

Ein Verbot von Tracking und Profilbildung für Werbezwecke würde auch EU-Mitarbeitende vor Spionage schützen. Stattdessen haben sie eine Rundmail bekommen. Sie und andere Nutzer*innen müssen sich demnach selbst helfen – „monatlich und möglichst nach jedem Update“.


Rundmail: „Mobile device security good practice“

Dear colleague,

Mobile devices are now the main way in which we communicate, shop, bank, or check out social media. Increasingly, EU entities rely on services that staff can access from their personal devices. This complicates the enforcement of cybersecurity best practices and allows for the possibility of staff exposing personal data or accidentally leaking corporate data.

To help with IT security, the Cybersecurity Service for the Union institutions, bodies, offices and agencies (CERT-EU) has issued advice to staff for protecting their data and privacy. Therefore, we would like to bring to your attention the following recommendations addressing tracking prevention on mobile devices.

Location permissions and metadata

  • Disable location services when not needed and limit location tracking, including options like Significant Locations and Precise Location on iOS or Location accuracy on Android
  • Review app permissions regularly and cancel unnecessary permissions. Only allow location access for apps that need it to function, like maps or traffic apps, and only while using the app
  • Use Allow Once function: audit monthly and, if possible, after every update
  • Block all location requests to browsers
  • Block unnecessary notification requests from websites
  • Disable location history and geotagging. Clear your existing location history
  • Disable geotagging on your photos and videos to prevent apps from storing or sharing your location data. If geotagging is needed for personal use, then read the vendor’s documentation on how to clean GPS metadata from photos before sharing

Ad-tracking limiters

  • Turn off personalised ads. For iOS: Settings > Privacy & Security > Tracking. For Android: Setting > Security and privacy > More privacy settings > Ads (some versions or models may differ)

Fitness/social apps

  • Deny location to running, cycling or social apps if possible. Set exercise routes to private
  • Be cautious about social-media posts: avoid real-time location or check-ins and check the picture for any unintended background detail before you share

Bonnes pratiques en matière de sécurité des appareils mobiles

Cher collègue,

Les appareils mobiles sont désormais le principal moyen que nous utilisons pour communiquer, faire des achats, effectuer des opérations bancaires ou consulter les réseaux sociaux. Les entités de l’UE s’appuient de plus en plus sur des services auxquels le personnel peut accéder à partir de ses appareils personnels. Cela complique l’application des bonnes pratiques en matière de cybersécurité et augmente le risque que le personnel expose des données à caractère personnel ou divulgue accidentellement des données d’entreprise.

Afin de contribuer à la sécurité informatique, le service de cybersécurité des institutions, organes et organismes de l’Union (CERT-EU) a émis des conseils à l’intention du personnel pour protéger leurs données et leur vie privée. Nous souhaitons donc attirer votre attention sur les recommandations suivantes concernant la prévention du suivi sur les appareils mobiles.

Autorisations de localisation et métadonnées

  • Désactivez les services de localisation lorsque vous n’en avez pas besoin et limitez le suivi de localisation, notamment les options telles que «Lieux importants» et «Localisation précise» sur iOS ou «Précision de la localisation» sur Android.
  • Vérifiez régulièrement les autorisations des applications et supprimez celles qui ne sont pas nécessaires. N’autorisez l’accès à la localisation qu’aux applications qui en ont besoin pour fonctionner, comme les applications de cartographie ou de trafic, et uniquement pendant l’utilisation de l’application.
  • Utilisez la fonction «Autoriser une fois»: vérifiez-la tous les mois et, si possible, après chaque mise à jour
  • Bloquez toutes les demandes de localisation adressées aux navigateurs.
  • Bloquez les demandes de notification inutiles provenant de sites web.
  • Désactivez l’historique de localisation et la géolocalisation. Effacez votre historique de localisation existant.
  • Désactivez la géolocalisation sur vos photos et vidéos afin d’empêcher les applications de stocker ou de partager vos données de localisation. Si la géolocalisation est nécessaire pour un usage personnel, lisez la documentation du vendeur sur la manière de nettoyer les métadonnées GPS des photos avant de les partager.

Limiteurs de suivi publicitaire

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Datenschutz & Sicherheit

EU-Kommission will Datenschutzgrundverordnung und KI-Regulierung schleifen


Es geht um nicht weniger als eine Generalüberholung der europäischen Digitalregulierung: Am 19. November will die EU-Kommission einen umfassenden Gesetzesvorschlag vorstellen. Der „digitale Omnibus“, wie das Paket genannt wird, soll laut Kommission Regeln vereinfachen, überlappende Gesetze in Einklang bringen und Bürokratie abbauen.

Vier Regulierungsbereiche stehen im Fokus des umfangreichen Reformvorhabens: der Datenschutz, Regeln für die Datennutzung, der Umgang mit Cybersicherheitsvorfällen und die KI-Verordnung. Daher auch der Begriff Omnibus („für alle“) – er wird in der Gesetzgebung verwendet, wenn mehrere Rechtsakte zugleich geändert werden. Die Kommission hat ihre zahlreichen Pläne auf zwei getrennte Gesetzesvorschläge aufgeteilt.

Wir veröffentlichen einen Zwischenstand des Gesetzespakets.

Aus vier mach eins: der überarbeitete Data Act

Mit dem ersten „Digital-Omnibus“ plant die EU-Kommission eine umfassende Konsolidierung verschiedener Datengesetze.

Im Zentrum steht hier der vor rund zwei Jahren verabschiedete Data Act, der nach einer Übergangsfrist erst seit September EU-weit anwendbar ist und nun überarbeitet werden soll. Im neuen Data Act sollen gleich drei weitere Gesetze aufgehen: die Open-Data-Richtlinie, die Verordnung über den freien Fluss nicht-personenbezogener Daten und der Data Governance Act.

Die Kommission präsentiert das erste Omnibus-Gesetz als „eine ehrgeizige Liste technischer Änderungen an einem umfangreichen Korpus digitaler Rechtsvorschriften, die den breitesten Bereich digitaler Unternehmen abdecken.“ Ziel sei es, „Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen und Bürgern gleichermaßen sofortige Erleichterungen zu verschaffen“.

Kommission will die Datenschutzgrundverordnung aufbohren

Dabei will die Kommission auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufbohren und in Teilen zurückschneiden. So bestätigt das Dokumente Gerüchte aus den vergangenen Tagen, wonach der Schutz an mehreren Stellen deutlich zurückgefahren werden soll, um mehr Datennutzung zu ermöglichen.

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Das gilt etwa für das Training von KI-Systemen mit personenbezogenen Daten. Dies soll künftig auf Basis des berechtigten Interesses von Tech-Konzernen möglich sein. Die noch immer heftig geführte Debatte um möglicherweise notwendige Einwilligungen der Betroffenen hätte sich damit erledigt. Deutlich enger gefasst werden soll auch die Definition von pseudonymisierten Daten.

Im Fokus stehen zudem Online-Tracking und Cookies. Auch hier enthält der Vorschlag einen Passus, der den momentan bereits unzureichenden Schutz massiv aufweichen würde: Das Speichern und Auslesen von nicht-notwendigen Cookies auf dem Gerät der Nutzer:innen soll nämlich nicht wie bislang nur nach deren Einwilligung erlaubt sein. Stattdessen soll die ganze Palette der Rechtsgrundlagen eröffnet werden, die die DSGVO zu bieten hat. Dazu zählt auch: das berechtigte Interesse von Website-Betreibern und Tracking-Firmen. Nutzer:innen hätten dann nur noch die Möglichkeit zum nachträglichen Opt-Out.

Gleichzeitig will die Kommission der Cookie-Banner-Flut und der „Zustimmungsmüdigkeit“ bei den Nutzenden begegnen und „den Weg für automatisierte und maschinenlesbare Angaben zu individuellen Präferenzen und deren Berücksichtigung durch Website-Anbieter ebnen, sobald entsprechende Standards verfügbar sind“.

Konkret bedeutet das: Etwa Browser oder Betriebssysteme sollen Signale an Websites senden, die individuelle Entscheidungen der Nutzenden übermitteln, ob diese Cookies annehmen oder ablehnen wollen. Ausgenommen von dieser Regel sollen Medienanbieter (media service providers) sein – „angesichts der Bedeutung des unabhängigen Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft und um dessen wirtschaftliche Grundlage nicht zu untergraben“.

Weniger Schutz für sensible Daten

Darüber hinaus nimmt die Kommission Artikel 9 der DSGVO zu besonderen Kategorien von Daten ins Visier. Durch diesen Artikel sind Daten besonders geschützt, aus denen die „ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen“. Außerdem gehört dazu „die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person“.

Die Kommission will erreichen, dass sensible Daten enger definiert werden. Besonders geschützt wären dann nur noch jene Daten, die oben genannte Informationen explizit offenbaren. Das bedeutet: Gibt etwa eine Person in einem Auswahlfeld an, welche sexuelle Orientierung sie hat, wäre das weiterhin besonders geschützt. Schließt ein Datenverarbeiter aufgrund vermeintlicher Interessen oder Merkmale auf die mutmaßliche sexuelle Orientierung eines Menschen, würden bisherige Einschränkungen wegfallen.

Zugleich betont die Kommission, dass „der verstärkte Schutz genetischer Daten und biometrischer Daten aufgrund ihrer einzigartigen und spezifischen Merkmale unverändert bleiben sollte“.

KI-Verordnung soll aufgeweicht werden

Weitergehende Regelungen zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz finden sich im zweiten Gesetzespaket zur KI-Verordnung.

Die hier geplanten Änderungen begründet die Kommission damit, dass es bei der KI-Verordnung noch „Herausforderungen bei der Umsetzung“ gebe, „die das wirksame Inkrafttreten wichtiger Bestimmungen gefährden könnten“. Die Kommission schlägt daher „gezielte Vereinfachungsmaßnahmen vor, die eine zeitnahe, reibungslose und verhältnismäßige Umsetzung gewährleisten sollen“.

Konkret sieht der zweite Omnibus unter anderem vor, die KI-Aufsicht teilweise bei dem sogenannten AI Office zu bündeln, das direkt bei der Kommission angesiedelt ist. Davon wären vor allem sehr große Online-Plattformen (VLOPS) und Anbieter großer Suchmaschinen betroffen.

VLOPs sind laut dem Digital Services Act (DSA) solche Angebote, die monatlich mehr als 45 Millionen Nutzer:innen in der EU erreichen. Dazu zählen große soziale Netzwerke und Marktplätze wie Facebook, Instagram oder Amazon.

Außerdem will die Kommission es Anbietern und Betreibern von KI-Systemen „erleichtern“, Dateschutzgesetze einzuhalten, wenn sie personenbezogene Daten verarbeiten. Zudem will sie Sonderregeln für kleine und mittlere Unternehmen schaffen, um sie von bestimmten Verpflichtungen etwa bei Dokumentation und Monitoring auszunehmen.

Unklar ist derzeit offenbar noch, ob die weitere Umsetzung der KI-Verordnung in Teilen aufgeschoben wird. Eine solche Verschiebung wäre im Sinne der Bundesregierung. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) wirbt seit Monaten dafür. Als Grund führt der Minister an, dass die technischen Standards noch nicht vorlägen.

Update, 16:30 Uhr: Wir haben den Text um weitere Aspekte ergänzt.



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