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Linux: Debian 13 kommt als Trixie


Am Samstag wollen die Debian-Entwickler das nächste Release der Linux-Distribution veröffentlichen. Wie üblich holt Debian mit der Aktualisierung auf Version 13 „Trixie“ im Hinblick auf die enthaltenen Software-Versionen auf. Bei Upgrades auf die neue Distribution sind dieses Mal wenig Überraschungen zu erwarten. Voraussetzung ist, dass vor dem Umstieg auf Trixie die letzten Updates des Vorgängers Debian 12 „Bookworm“ installiert sind.

Die Unterstützung für i386 als reguläre Debian-Plattform entfällt. Es gibt weder Kernel noch einen Installer für die 32-Bit-x86-Welt. Eine abgespeckte Auswahl an i386-Paketen ist allerdings weiterhin erhältlich für Chroot-Umgebungen und Multiarch-Installationen, die auf einer 64-Bit-Installation 32-Bit-Code ausführen können.

Eine größere Umstellung betrifft temporäre Dateien. Das /tmp-Verzeichnis wird zukünftig als tmpfs-Dateisystem angebunden, die Dateien landen also im Hauptspeicher. Sollten große Dateien dort angelegt werden, kann so der Hauptspeicher ausgehen. Standardmäßig knappst Debian maximal 50 Prozent des Hauptspeichers ab. Das in anderen Distributionen übliche automatische Löschen älterer, temporärer Dateien müssen Debianer in Trixie nach einem Upgrade erst aktivieren; in Neuinstallationen ist es aktiv: Dateien in /tmp werden nach 10 Tagen, Dateien in /var/tmp nach 30 Tagen gelöscht.

Bei einigen Paketen warnen die Entwickler vor Problemen, die nach Upgrades eventuell auftreten: OpenSSH lässt sich auch mit Konfigurationsoptionen nicht mehr überrumpeln, DSA-Verbindungen aufzubauen; mit openssh-client-ssh1 gibt es ein spezielles Paket, mit dem das für den Zugriff auf Altgeräte aber noch möglich ist. MariaDB-Nutzer sollen vor dem Upgrade sicherstellen, dass die Datenbanken in einem konsistenten Zustand sind. Betreiber eines Dovecot-E-Mail-Servers müssen sich auf ein neues Konfigurationsformat durch den Wechsel von Version 2.3 auf 2.4 einstellen.

Einige Standardprogramme aus dem util-linux-Paket wie etwa „last“ zur Anzeige der letzten Logins entfallen, weil die Originale nicht Jahr-2038-fest sind – sie reservieren nicht hinreichend Speicher, um Datumsangaben jenseits dieser Grenze zu verarbeiten. Ping läuft jetzt ohne root-Rechte. Bei einigen Programmen haben sich Änderungen bei der Verteilung auf Pakete ergeben, so etwa bei Samba und libvirt.

Wer dm-crypt und nicht LUKS verwendet, um Geräte zu verschlüsseln, muss eventuell die Konfiguration vervollständigen, weil Trixie andere Standardverfahren nutzt und so danebengreift. Für das automatische Mounten von verschlüsselten Platten ist jetzt systemd-cryptsetup zuständig – das Paket sollte mit systemd mitinstalliert sein. In jedem Fall lohnt ein Blick in die Release-Notes.


(vbr)



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KI-Branche fürchtet größte jemals zugelassene US-Sammelklage zum Copyright


KI-Branchenverbände fordern das US-Berufungsgericht für das Nördliche Kalifornien auf, eine Sammelklage wegen Copyright-Verletzungen gegen das KI-Unternehmen Anthropic zu blockieren. Sie monieren, dass dieses juristische Verfahren, dem sich potenziell bis zu sieben Millionen Kläger anschließen könnten, die gesamte US-amerikanische Industrie für Künstliche Intelligenz finanziell ruinieren und die technologische Wettbewerbsfähigkeit der USA gefährden könnte.

Die ursprüngliche Klage reichten die drei Buchautoren Andrea Bartz, Charles Graeber und Kirk Wallace Johnson voriges Jahr ein. Sie behaupten, Anthropic habe ihre geschützten Werke zum Training seiner KI-Modelle wie Claude verwendet. Nachdem ein Bundesbezirksgericht die Eingabe als Sammelklage im Juni zumindest teilweise zuließ, legte Anthropic vor Kurzem Berufung ein. Das Unternehmen argumentiert, der federführende, schon seit rund 50 Jahren im Silicon Valley Recht sprechende Richter William Alsup, habe bei seiner Entscheidung keine gründliche Analyse durchgeführt und die potenziellen Risiken des Falls unterschätzt.

Sollte die Sammelklage zugelassen werden, befürchtet Anthropic Forderungen in Höhe von Hunderten Milliarden US-Dollar an Schadensersatz binnen weniger Monate. Angesichts dieses existenziellen Risikos könnte das Unternehmen gezwungen sein, sich auf einen Vergleich einzulassen, argumentiert es. Dabei habe die Firma prinzipiell das Recht, die Vorwürfe zu bestreiten. Der Claude-Betreiber warnt: Eine kostspielige außergerichtliche Einigung würde einen beunruhigenden Präzedenzfall für die ganze Branche der generativen KI schaffen.

IT-Verbände wie die Consumer Technology Association (CTA) und die Computer and Communications Industry Association (CCIA) unterstützen Anthropic in einer am Donnerstag eingereichten Stellungnahme an das Gericht. Auch sie zeigen sich alarmiert, dass „die fehlerhafte Sammelklage“ des Bezirksgerichts immensen Schaden „nicht nur für ein einzelnes KI-Unternehmen“ schaffen würde. Generell gälten Copyright-Auseinandersetzungen als ungeeignet für Sammelklagen, da jeder einzelne Autor das Eigentum an seinen Werken nachweisen müsse.

Sogar Autorenvertretungen und Bürgerrechtsorganisationen wie die Authors Alliance, die American Library Association, die Association of Research Libraries, die Electronic Frontier Foundation (EFF) und Public Knowledge unterstützen die Berufung von Anthropic. Sie weisen darauf hin, der Fall Google Books habe gezeigt, dass der Nachweis des Eigentums an Nutzungs- und Verwertungsrechten alles andere als einfach sei.

Die Fürsprecher der Kreativwirtschaft kritisieren, dass Richter Alsup die Identifizierung von bis zu sieben Millionen Rechteinhabern als zu einfach angesehen habe. In Wahrheit sei es extrem kompliziert, die Eigentumsverhältnisse bei so vielen Werken zu klären, da Verlage nicht mehr existieren könnten, Rechte an einzelne Personen vererbt worden seien oder es sich potenziell um „verwaiste Werke“ ohne klare Rechteinhaber handele.

Laut der entsprechenden Eingabe gibt es „keinen realistischen Weg“, diese Probleme auf kollektive Weise zu lösen. Ein unzulängliches Benachrichtigungssystem für potenzielle Kläger und die immense Komplexität der Rechteklärung würden das Verfahren unkontrollierbar machen. Die Organisationen warnen, dass eine Fortführung der Klage die Unsicherheit über KI-Training mit urheberrechtlich geschütztem Material nur weiter verstärken würde. Zudem könnten einige Autoren nie erfahren, dass die Klage überhaupt geführt wird. Dies würde verhindern, dass sie den ihnen zustehenden Schadenersatz geltend machen. Es wäre daher besser, das Verfahren zu stoppen.

Laut dem Urteil der ersten Instanz ist die Nutzung von Buchkopien zum KI-Training zulässig, der Download elektronischer Bücher von „Piratenseiten“ aber illegal. Bevor Anthropic mit dem Scannen legal gekaufter Druckausgaben begann, lud die Firma mehr als sieben Millionen E-Books aus dem Internet, ohne sich um Lizenzen zu kümmern. In den USA sind Dutzende weitere Klagen mit dem Vorwurf von Copyright-Verstößen durch KI-Betreiber anhängig.


(nie)



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Palantir wehrt sich: Datenabfluss „technisch ausgeschlossen“


Nach jahrelanger Kritik wehrt sich die US-Firma Palantir gegen Vorwürfe mangelnder Datensicherheit beim umstrittenen Einsatz ihrer Datenanalyse-Software bei deutschen Polizeien. „Eine Übertragung oder ein Abfluss von Daten – etwa in die USA – ist technisch ausgeschlossen“, sagte ein Unternehmenssprecher der Deutschen Presse-Agentur. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen, wo die Polizei Palantir-Programme nutzt, werde die Software „ausschließlich“ auf Servern der Polizei betrieben.

„Es besteht keinerlei Verbindung zum Internet oder zu externen Servern, sodass Daten nicht aus dem polizeilichen Hoheitsbereich gelangen können“, betonte der Palantir-Sprecher. „Die vollständige Datenhoheit liegt bei der Polizei.“ Dort liege auch die Entscheidungsgewalt darüber, wer auf das Programm zugreifen kann.

Mit der Software namens Gotham, die in den Ländern als angepasste Version unter den Namen Hessendata, DAR und VeRA läuft, kann die Polizei große Mengen an Daten auswerten und Verbindungen herstellen. Eingesetzt werden darf das Programm dort bisher nur, um Straftaten zu verhindern – nicht aber, wenn es nur um Aufklärung im Nachhinein geht. Dafür waren Änderungen in den jeweiligen Landesgesetzen nötig. Das Bundesverfassungsgericht zog zudem in einem Urteil 2023 Leitplanken für die Regeln zum Einsatz ein.

Das Programm kann zwar ohnehin nur auf Daten zugreifen, die die Polizei schon gesammelt hat. Die sind bei der Polizei oft in unterschiedlichen Formaten und Datentöpfen gespeichert, was die Suche nach Verbindungen für die Beamten deutlich verlangsamt.

Zu den analysierbaren Daten gehören aber auch Informationen über Menschen, die nicht als Verdächtige geführt werden, sondern zum Beispiel als Zeugen. Allein in Bayern geht es dabei um Millionen Daten. Datenschützer sehen darin ein Problem, weil die Daten ursprünglich zu ganz anderen Zwecken erhoben worden sein können.

Datenschützer hatten in der Vergangenheit immer wieder die Sorge geäußert, Palantir könne über das Programm unbemerkt Polizeidaten zum Beispiel an US-Geheimdienste fließen lassen. Auch an den politischen Präferenzen von Unternehmensgründer Peter Thiel, der in der Vergangenheit US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf unterstützt hatte, entzündete sich Kritik.

Thiel sei zwar immer noch Verwaltungsratschef von Palantir, hieß es vom Unternehmen. „In das operative Tagesgeschäft ist er allerdings nicht involviert.“ CEO ist bei Palantir Mitgründer Alex Karp, der in der Vergangenheit Ex-US-Präsident Joe Biden finanziell im Wahlkampf unterstützt hatte.

Die Diskussion über den Einsatz von Gotham in Deutschland bezeichnete der Palantir-Sprecher als „vergleichsweise emotional und oft auf Basis unvollständiger oder falscher Annahmen“. Man sei auch „über die Vielzahl an sogenannten ‚Experten‘ verwundert, die unsere Software scharf kritisieren, ohne sie je gesehen oder sich eingehend mit ihrer Funktionsweise beschäftigt zu haben“. In der Vergangenheit hatte Palantir auf dpa-Anfragen zu seiner Software selten reagiert.

Das Unternehmen habe Kritikern aber Gesprächsangebote unterbreitet, die teils jedoch nicht angenommen worden seien, sagte ein Sprecher. Palantirs Türen stünden „nichtsdestotrotz weiterhin offen für alle Interessierten, sich selbst ein Bild von unserer Arbeit zu machen“.

Palantir könne Sicherheitsbehörden helfen, auf aktuelle Bedrohungen wie Cyberkriminalität, organisierte Kriminalität oder Terrorismus schnell und effektiv zu reagieren, sagte der Sprecher. „Wenn Bedrohungen aber nicht rechtzeitig erkannt und abgewehrt werden, obwohl dazu die Möglichkeiten bestünden durch den Einsatz von sicher anzuwendender modernster Technologie – käme das dann nicht einer unterlassenen Hilfestellung gleich?“

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will den Einsatz von Palantir-Software dennoch prüfen, Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) ließ zuletzt Zurückhaltung erkennen. Jüngst hatte sich die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg nach internem Streit auf einen Einsatz der Software im Südwesten geeinigt. Andere Länder lehnen den Einsatz des Programms ab.

Dobrindts Ministerium betonte zwar, man werde auch mögliche Alternativen zu Palantir prüfen. Das Unternehmen selbst macht aber keinen Hehl daraus, dass sich Palantir auf seinem Feld für weitgehend konkurrenzlos hält: „Sollte man tatsächlich die Hoffnung auf Lösungen setzen, die bereits vor der ersten Zeile funktionierendem Code an Debakel wie den BER oder Stuttgart 21 erinnern, statt auf einen Anbieter zu vertrauen, der nach Aussagen zahlreicher Experten alternativlos ist und den Status „Bekannt und Bewährt“ innehat?“


(nen)



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Bloomwell-Gründer: Cannabis-Pläne sind „Rückschritt in die analoge Steinzeit“


Die Debatte um strengere Regeln für den Handel mit medizinischem Cannabis sorgt für Unruhe bei Anbietern und Patienten. Damit sollen Verschreibung und Abgabe von medizinischem Cannabis deutlich strenger geregelt werden – dabei hatte der ehemalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Gesetzesänderung erst kürzlich auf den Weg gebracht.

Dadurch, dass die Änderungen wieder rückgängig gemacht werden sollen, wächst die Sorge vor massiven Einschnitten bei der Versorgung – insbesondere durch mögliche Beschränkungen der Telemedizin und des Apothekenversands bei Plattformbetreibern und Patienten. Das geht aus dem von der Plattform Bloomwell veröffentlichten Cannabis-Barometer hervor, für das rund 2500 Patienten befragt wurden.


Julian Wichmann

Julian Wichmann

Dr. Julian Wichmann

(Bild: Bloomwell)

Der Geschäftsführer der Bloomwell GmbH, Dr. med. Julian Wichmann, warnt vor einem gesundheitspolitischen Rückschritt. Im Interview erklärt er, warum die geplanten Änderungen aus seiner Sicht nicht nur medizinisch unsinnig sind, sondern auch den Weg zu einer wirksamen Therapie abschneiden könnten. Das Unternehmen will auch mittels datenbasierten Forschungsaktivitäten zur Entstigmatisierung von Cannabis in der Medizin beitragen.

Warum ärgern Sie sich über den Referentenentwurf (PDF) zum medizinischen Cannabis?

„Ärgern“ ist vielleicht das falsche Wort – wir sind eher besorgt. Denn der aktuelle Vorschlag stellt in unseren Augen tatsächlich einen großen Rückschritt dar, und zwar in die analoge Steinzeit. Vor allem geschieht das nicht im Sinne der Patienten – der vorliegende Entwurf trägt weder zu ihrer Sicherheit bei, noch gewährleistet er eine zuverlässige Arzneimittelversorgung. Im Gegenteil torpediert er diese Ziele.

Was genau bereitet Ihnen Sorgen?

Wir bekommen bereits vermehrt Anfragen von Patienten, die sich fragen, ob sie in Zukunft überhaupt noch eine Cannabisbehandlung in Deutschland erhalten können. Viele haben durch diese Therapieform entscheidend an Lebensqualität gewonnen – und das steht jetzt auf dem Spiel. Der Entwurf ist aus unserer Sicht übertrieben und basiert auf unbelegten Behauptungen. Es wird etwa von Missbrauch und Gesundheitsgefahren wie Sucht gesprochen – doch für medizinisches Cannabis gibt es dafür keinerlei wissenschaftliche Grundlage.

Die angeführten Zahlen sind eher wirtschaftlicher Natur – etwa, dass Cannabisimporte stärker zugenommen haben als Verschreibungen bei Kassenärzten. Der Rückschluss, dass es deshalb Missbrauch geben müsse, ist nicht nachvollziehbar. In der Realität ist es so, dass in der kassenärztlichen Versorgung medizinisches Cannabis nur eine sehr kleine Rolle spielt. Der Großteil der Patienten befindet sich im Selbstzahlerbereich.

Auch erste Ergebnisse der vom Bund selbst in Auftrag gegebenen Evaluationen zeigen nichts dergleichen. Es gibt keine Hinweise auf Suchtproblematiken, keine auffälligen Zahlen im Straßenverkehr oder in Suchtkliniken. Im Gegenteil: Die Erfahrungen sind überwiegend positiv.

Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Nutzen von medizinischem Cannabis belegen?

Ja, zum Beispiel aus den USA. Dort zeigen Studien, dass mit der Zugänglichkeit von medizinischem Cannabis der Einsatz von Opioiden und Schlafmitteln deutlich zurückgeht – teils um 70 bis 80 Prozent. Und das sind Medikamente, bei denen ein Missbrauch in Deutschland längst belegt ist. Geschätzte zwei Millionen Menschen sind allein abhängig von Schlafmitteln. Cannabis hingegen wird verteufelt, obwohl es dafür keine Belege gibt. Basierend auf unseren Real-World-Daten haben auch Wissenschaftler von zwei angesehenen deutschen Universitäten zur Wirkung von medizinischem Cannabis geforscht und die vielversprechenden Ergebnisse in Fachzeitschriften publiziert. Die Evidenzlage hat sich in den letzten Jahren extrem verbessert. Gerade die ausbleibenden oder nur leichten Nebenwirkungen sind oft Anlass für einen Therapieversuch.

Was halten Sie dem Referentenentwurf konkret entgegen?

Ursprünglich war geplant, die Evaluationen abzuwarten und auf deren Basis Entscheidungen zu treffen. Jetzt wird ein Schritt vorgezogen, ohne dass Zahlen vorliegen. Das ist gesundheitspolitisch nicht nachvollziehbar. Es wird medizinisches Cannabis mit illegalem Straßen-Cannabis gleichgesetzt – obwohl es sich um zwei völlig verschiedene Produkte handelt. In der medizinischen Versorgung haben wir pharmazeutisch reine Produkte, eine kontrollierte Abgabe, Altersverifikation, ärztliche Ansprechpartner – im Schwarzmarkt nichts davon.

Kritiker führen auch Missbrauchspotenziale im Online-Medikamentenhandel an. So ist es möglich, über Telemedizin-Anbieter Medikamente unter Angabe falscher Daten zu erhalten. Versendet werden diese dann von niederländischen Versandapotheken mit Briefkastenadressen.

Theoretisch gibt es in jeder Form der Medikamentenvergabe ein Missbrauchsrisiko – auch bei niedergelassenen Ärzten. Wichtig ist deshalb, dass Anbieter verantwortungsvoll arbeiten. Wir zum Beispiel arbeiten nur mit deutschen Apotheken, haben digitale Identitätsprüfungen mit Ausweis und bieten regelmäßige Videosprechstunden und auch vor Ort Sprechstunden an. Missbrauchsfälle wie der von Ihnen geschilderte – mit gefälschten Angaben bei niederländischen Anbietern – sind bei uns ausgeschlossen.

Welche Konsequenzen hätte der Referentenentwurf Ihrer Ansicht nach?

Der Entwurf würde nicht nur den Zugang für Ärzte und Patienten massiv einschränken, sondern sogar Apotheken verbieten, Cannabis zu verschicken. Dabei hat sich gerade dieses Modell bewährt. Cannabis ist ein Naturprodukt, das besondere Handhabung und Erfahrung sowie kurze Lagerzeiten erfordert – dafür braucht es spezialisierte Apotheken. Der Versand ist essenziell, um eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Eine Analyse unsererseits hat gezeigt, dass bei der Hälfte der Cannabis-Patientinnen die nächste auf Cannabis spezialisierte Apotheke weiter als zehn Kilometer entfernt ist. In einigen ländlichen Regionen dürften es über hundert Kilometer sein. So etwas kann man Patienten, teils schwer erkrankt, mit eingeschränkter Mobilität, nicht zumuten.

Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Medizinisches Cannabis ist ein Paradebeispiel für digitale Versorgung. Patientengespräche finden oft per Videosprechstunde statt. Patienten und Ärzte haben online komplette Transparenz über Preise und Verfügbarkeit. Sogar psychotherapeutische Behandlungen werden mittlerweile vollständig online durchgeführt – warum soll das bei Cannabis plötzlich nicht gelten? Zudem findet man kaum Hausärzte, die mit Cannabis arbeiten. Der Entwurf würde Patienten in eine Odyssee zwingen – oder in den Schwarzmarkt treiben.

Gibt es dazu Zahlen?

Ja. In einer Umfrage mit etwa 2.500 Teilnehmern würden über 40 Prozent bei Beschränkung der legalen telemedizinischen Versorgung auf illegales Cannabis zurückgreifen. Aber auch die übrigen 60 Prozent hätten keinen telemedizinischen Zugang wie in der bisherigen Form. Das heißt also im Gegenzug, dass der Großteil der Patienten ohne Behandlung wäre – mit allen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen für beide Gruppen.

Wird medizinisches Cannabis denn von den Krankenkassen übernommen?

In unserem Modell nicht, weil es bislang kein Interesse seitens der Krankenkassen gab, hier Verträge zu schließen. Ich persönlich habe unzählige Gespräche geführt. Dabei wäre das technisch längst möglich. Es fehlt schlicht der Wille. Die kassenärztliche Versorgung existiert, wie man an den auch vom BMG zitierten Zahlen sieht, spielt sie jedoch eine untergeordnete Rolle.

Arbeiten Sie mit Versandapotheken im Ausland zusammen?

Nein, das ist bei Cannabis gar nicht erlaubt. Es darf nur innerhalb Deutschlands verschickt werden, weshalb wir ausschließlich mit spezialisierten deutschen Apotheken kooperieren. Diese haben über Jahre Know-how und viele Arbeitsplätze aufgebaut.

Konsumieren Sie selbst medizinisches oder anderes Cannabis?

Nein, ich bin weder Patient noch Konsument. Zum Glück habe ich keine chronischen Erkrankungen. Aber ich habe mit vielen Patienten gesprochen, die dank Cannabis ein neues Leben führen können – etwa Menschen mit ADHS, die von Ritalin wegkommen. Das ist beeindruckend.


(mack)



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