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Datenschutz & Sicherheit

„Wie schön es ist, dass ich das jetzt weiß!“


Sigrid* reißt die Augen auf, als hätte sie einen Zaubertrick gesehen. „Ach so!?“, ruft sie erstaunt. Sie nimmt ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und beugt sich langsam immer weiter über ihren Laptopbildschirm, studiert das Abgebildete ganz genau. „Das ist ja klasse“, flüstert sie.

Sigrid hat gerade gelernt, dass man mithilfe von Tabs mehr als eine Internetseite auf einmal öffnen kann. Dabei ist sie technisch eigentlich gar nicht sehr unbedarft. Sie sagt stolz von sich, dass sie ihren Laptop „für die Dinge, die ich brauche, zu 90 Prozent beherrsche.“

Sigrid ist heute in die Berliner Amerika-Gedenkbibliothek gekommen, weil sie das Finanzamt fürchtet. Sie hat die Abgabefrist für ihre Steuererklärung bereits überzogen und kommt an einem bestimmten Punkt der Steuersoftware Elster nicht weiter. Doch als sie das Problem präsentieren will, ergibt sich eine noch viel elementarere Schwierigkeit: Sigrid hat ihr Passwort vergessen. Bei Elster lässt sich das nicht einfach nur per E-Mail zurücksetzen. Sigrid muss sich online authentifizieren. Sie hat keine Ahnung, wie das geht.

Die Digitalisierung schließt viele Menschen aus

Je umfassender die Digitalisierung in unseren Alltag eingreift, je öfter es für Services keine analoge Alternative mehr gibt, desto weiter werden all jene abgehängt, für die der Umgang mit der digitalen Welt eine Herausforderung darstellt. Alte Menschen, Menschen mit Lernschwierigkeiten, Menschen mit sensorischen Beeinträchtigungen beispielsweise. Oder Menschen mit geringem Einkommen. Laut einer Studie zur Digitalkompetenz haben nur 32 Prozent von ihnen digitale Grundkenntnisse.

In einer Studie zur digitalen Teilhabe fanden 80 Prozent der Befragten, dass Menschen, die sich im Digitalen schlecht auskennen, es im Alltag zunehmend schwer haben. Lena Zerfowski soll solchen Menschen helfen. Die 28-Jährige ist Digitallotsin im Pilotprojekt Digitalzebra, das die Berliner Bibliotheken aufgesetzt haben. Dort sollen Menschen, die sich mit Technik schwertun, Unterstützung beim Zugang zu digitalen Angeboten bekommen.

Bislang bleibt jenen, die an digitalen Herausforderungen scheitern, nur die Hoffnung, dass technikaffine Bekannte oder Familienmitglieder ihnen helfen. Die privatwirtschaftlichen Geräte- und Softwareanbieter können und wollen meist nicht assistieren. Die betriebswirtschaftliche Logik verbietet die ausufernde Auseinandersetzung mit themenübergreifenden Problemen von Menschen wie Sigrid. Deshalb beginnt nun die öffentliche Hand, Angebote zu entwickeln, die Digitalisierungsverlierer auffangen sollen. Neben der 1:1-Sprechstunde bei den Digitallots*innen gibt es in Berlin beispielsweise auch Digital-Cafés, wo es eher um Austausch in und mit einer Gruppe geht.

Hilfe zur Selbsthilfe

Sigrid setzt sich neben Lena Zerfowski auf einen Barhocker, wuchtet ihren Laptop auf den Tisch vor den beiden, verlegt das Kabel, steckt es ein und schaltet den Rechner an. Der Bildschirm bleibt sehr lange schwarz. „Er macht irgendwas. Was auch immer“, sagt Sigrid mit Berliner Akzent. „Wir geben ihm mal noch ein bisschen Zeit“, antwortet Zerfowski.

Sigrid trägt eine weißblonde Kurzhaarfrisur und weiße Turnschuhe von Reebok zu weißer Jeans und apricot-farbenem Pullover. Ihr Lippenstift ist pink, ihre Nägel schimmern zartrosa und ihre Brille hat goldene Bügel. Nur die Flecken auf ihren Händen verraten, dass sie vermutlich nicht mehr so jung ist, wie sie wirkt. Ihrem Computer ist das Alter schon leichter anzusehen: Der Laptop ist dick wie ein Band Harry Potter.

Nach einer ganzen Weile ist das Gerät endlich hochgefahren. „Sind Sie schon mit dem Internet verbunden?“, fragt Zerfowski. „Ich denke“, antwortet Sigrid. Zerfowski glaubt das nicht und zeigt ihr, wo in diesem Fall welches Symbol zu sehen wäre und erklärt, wie sie die Ansicht mit den verfügbaren W-LANs öffnet. Sigrid ist ganz erstaunt, wie viele dort sichtbar sind. Dann verbindet sie sich mit dem Bibliotheksnetzwerk. Das dauert vermutlich ein Vielfaches der Zeit, die Zerfowski gebraucht hätte, um das Gerät selbst ans Netz zu bringen, doch das ist Teil des Konzepts: Hilfe zur Selbsthilfe.

„Damit sich jeder willkommen und wohl fühlt“

Lena Zerfowski hat eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste gemacht, unter den Digitallots*innen sind aber auch Quereinsteiger*innen, ein Mediendesigner zum Beispiel. Als Digitallots*in absolviert man zudem zahlreiche Fortbildungen: bei der Polizei zu Internetbetrug, bei der Verbraucherzentrale zu Onlinetransaktionen, bei Vereinen für Seh- und Hörbehinderungen zum Thema Barrieren. „Da haben wir gelernt, dass wir klar sprechen müssen, den Mund nicht verdecken dürfen und die Person, mit der wir sprechen, anschauen sollen, damit sich jeder willkommen und wohl fühlt“, sagt Lena Zerfowski.

Sigrid öffnet den Firefox-Browser. „Ich gehe jetzt zu Elster“, sagt sie. Und muss wieder eine ganze Weile lang warten. Sigrid stützt das Kinn auf den Handrücken, hebt es und legt den Zeigefinger an die Schläfe, dann tippt sie sich an den Mundwinkel. „Warum macht der nix. Das ist jetzt komisch“, murmelt sie. Dann öffnet sich die Seite der Steuerverwaltung. Die Zertifikatsdatei findet Sigrid, aber dann fällt ihr, wie erwähnt, ihr Passwort nicht ein. Um es zu finden, versucht sie, die Zertifikatsdatei zu öffnen. Zerfowski erklärt ihr, dass das nicht geht und zeigt ihr den „Passwort vergessen“-Button.

Um ein neues Passwort zu vergeben, braucht Sigrid ihren Benutzernamen. Der steht in einer E-Mail des Finanzamtes. Aber wie soll sie da rankommen? Sie hat ja nun schon die Elster-Website im Browser geöffnet. Zerfowski zeigt ihr den Trick mit dem neuen Tab. Kurz darauf bekommt Sigrid noch einen Skill beigebracht: Wie man Zeichen kopiert und anderswo wieder einfügt. Sigrid ist begeistert. Doch beim Sicherheitscode, den sie kurz darauf per Mail bekommt, funktioniert das nicht.

„Wie soll das gehen?“

„Sie merken sich einfach die ersten drei Zeichen und ich die letzten drei“, sagt Zerfowski. „Ich glaube, das ist eine blöde Idee, ich habe ein bisschen Gedächtnisprobleme“, sagt Sigrid. „Wir schaffen das schon“, sagt Zerfowski und behält recht. Doch um ein neues Passwort zu vergeben, muss Sigrid jetzt erst einmal ihre Identität verifizieren. „Wie soll das gehen?“, fragt sie.

Die Lots*innen tauschen sich regelmäßig über besondere Fälle aus, auch um die persönliche Aufarbeitung zu erleichtern. „Eine Frau, die wegen häuslicher Gewalt eine Wohnung sucht. Ein Mensch, der seinen digitalen Nachlass regeln will, weil er schwer erkrankt ist. Solche Fälle machen etwas mit einem“, sagt Olaf Wolter, einer von zwei Leitern des Projekts. Teil der Lots*innen-Arbeit ist auch die Vermittlung ins Hilfesystem, etwa zu spezialisierten Beratungsstellen. Wiederkehrende Probleme mit bestimmten Anwendungen melden die Lots*innen auch an deren Hersteller zurück, beispielsweise Banken oder das Arbeitsamt.

Sigrid wird nun in die Wunder der Online-Identifikation eingeführt. Sie wedelt nach Zerfowskis Anleitung mit ihrem Ausweis vor der Kamera und spricht zufällig generierte Worte in ein Selfie-Video. Nun muss sie 15 Minuten warten. Sigrid sagt: „Das ist nicht sehr benutzerfreundlich. Allein hätte ich mich da nie durchgewurschtelt.“ Lena Zerfowski sagt: „Wir versuchen, den Digitalzwang aufzufangen. Wenn es nur noch digital geht, brauchen die Leute eine Anlaufstelle.“

Der Hilfsbedarf ist hoch

In diesem Moment spricht eine Kollegin Zerfowski an. Es gäbe da noch eine Nutzerin, die gerne von Zerfowski beraten werden würde. Krystyna* war schon eine Weile interessiert um die Beratungsbox herumgestreift. Sie trägt ihre grauen Locken offen, eine Nickelbrille, Skinny Jeans, schwarze Lacksneaker mit weißer Sohle, eine Jeansweste über einem T-Shirt. Sie sieht aus, als wolle sie eigentlich zu einem Heavy-Metal-Konzert und ein bisschen wie die Antithese zu der blütenweiß-schicken Sigrid. Zerfowski fragt Sigrid, ob das in Ordnung ist, wenn sie sich in der Wartezeit um Krystyna kümmert. Sie bejaht.

Der Bedarf an Dienstleistungen wie denen der Digitallots*innen vom Digitalzebra-Projekt ist hoch. Wöchentlich nehmen etwa 350 Nutzer*innen die Angebote von Digitalzebra in Berlin wahr, Tendenz steigend. Einen Termin brauchen sie nicht. Dass Menschen warten müssen, weil gerade noch andere beraten werden, kommt regelmäßig vor.

Illustration eines Zebras, das Outfit und Kellen eines Einweisers auf dem Flughafen-Rollfeld trägt.
Dieses Zebra ist das Maskottchen des Projekts. Digital-Zebra heißt dieses, weil auch der Zebrastreifen einen sicheren Überweg garantieren soll – so wie die Digitallots*innen den Weg ins Netz begleiten. Schwarz und weiß stehe zudem für die Binarität, die der Digitalisierung zugrunde liegt. – Alle Rechte vorbehalten VÖBB/ZLB, Zeichnung: Jens Nordmann

26 Bibliotheken sind aktuell beteiligt, demnächst sollen es 28 sein. Anfangs war mit viel weniger geplant, doch zahlreiche Bibliotheken haben sich aus eigenem Antrieb angeschlossen und ihre Mitarbeiter*innen zu den Fortbildungen für Digitallots*innen geschickt. Das Projekt wird vom Berliner Senat gefördert, läuft seit September 2023 und ist bis zum Februar 2026 befristet. Danach soll es Teil des Regelangebots der Berliner Bibliotheken werden.

„Wow“

Krystyna schildert ihr Problem: „Ich soll 80 Euro für eine PDF-App zahlen. Ich will das nicht! Ich habe doch schon eine App für PDF“, sagt sie empört. „Wo haben Sie diese Forderung denn gesehen?“, fragt Zerfowski. „Das war, als ich auf Öffnen geklickt habe.“ Zerfowski zeigt Krystyna, wo sie sieht, welche Berechtigungen die entsprechende App hat, nämlich keine. „Ja, aber sie kommt immer wieder“, sagt Krystyna. „Die haben gesagt, wenn ich nicht bis morgen kündige, kostet das 80 Euro.“

„Also diese App kostet nichts und es gibt auch keine In-App-Käufe“, sagt Zerfowski. Sie und Krystyna sitzen sich gegenüber. „Sie können das lesen, wenn es auf dem Kopf steht?“, fragt Krystyna erstaunt. „Ja“, antwortet Zerfowski. Krystyna sagt: „Wow“.

Zerfowski findet heraus, dass Krystyna insgesamt vier PDF-Apps installiert hat. Bei einer davon gibt es In-App-Käufe. Zerfowski vermutet, dass diese App die Zahlungsaufforderung angezeigt hat. Dann schaut sie wieder nach Sigrid. Die sitzt tatenlos vor der Notiz, dass die Online-Legitimierung funktioniert hat. „Ich habe gewartet, weil ich nichts falsch machen wollte“, sagt Sigrid. Jetzt darf sie ein neues Passwort vergeben. Zerfowski dreht sich weg, Sigrid tippt entschlossen. Damit sie das Passwort nicht wieder vergisst, schreibt sie es zusätzlich auf die erste Seite ihres papierenen Terminkalenders.

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„Ich tippe, aber es passiert nichts“

Die Nutzer*innen des Angebots sind meist ältere Menschen. Aber auch unter Jüngeren gibt es welche, die beispielsweise nicht wissen, wie man eine Powerpoint-Präsentation erstellt, und deshalb Hilfe suchen. Von einem jungen Menschen wurde Zerfowski mal gefragt, wie man eine Maus bedient, „weil die nur noch das Touchpad kennen“.

Zerfowski wechselt wieder zu Krystyna. Sie hat die Theorie, dass Krystyna vielleicht ein Adobe-Abo angeboten wurde. „Haben Sie einen E-Reader“, fragt sie. „Einen was?“ „Ein Gerät, mit dem sie E-Books lesen können.“ „So etwas habe ich nicht. Aber ich habe noch ein anderes Problem. Wenn jemand anruft, weiß ich nicht, wie ich rangehen soll. Ich tippe, aber es passiert nichts.“

Zerfowski holt ihr Arbeitstelefon heraus und lässt Krystyna ihre Nummer eingeben, dann tippt sie auf den grünen Hörer. Auf Krystynas Bildschirm erscheint ein Anruf. „So sieht das aus, da kann ich nix tippen“, sagt sie. Zerfowski macht ihr vor, wie sie das Hörersymbol zur Seite zieht, um den Anruf anzunehmen.

„Ah“, ruft Krystyna, klatscht die Hände zusammen und hebt sie in einer betenden Geste. Zerfowski ruft sie noch einmal an und lässt sie diesmal selbst abheben. Krystyna strahlt und sagt „Dankeschön“. Als sie die Bibliothek verlässt, raunt sie einem Bibliotheksmitarbeiter zu: „Die ist ganz gut“ und zeigt dabei auf Zerfowski. „Für uns ist es vielleicht nur ein kleines Problem, aber für die Person kann es riesig wirken“, sagt die.

Wie Lena Zerfowski Sigrid vor Ärger mit dem Finanzamt rettet

Zurück zu Sigrid. Die ist nun endlich in ihrem Elster-Account und kann das eigentliche Problem suchen, die Stelle, an der es nicht weitergeht. „Sekunde. Ich bin völlig durch den Wind. Ah, hier ist es!“ Sigrid möchte eine Mietwohnung, die ihr gehört, angeben. „Aber der meckert mich dann immer an und sagt, ich hätte eine Ferienwohnung eingetragen. Ich habe mir das schon hundert Mal angeschaut, aber finde den Fehler nicht“, sagt sie.

Zerfowski lernt selbst viel bei der Arbeit, beispielsweise Videoschnitt, als jemand Hilfe mit seinen Urlaubsfilmen suchte. Sie erarbeitet sich die Lösung für das jeweilige Problem gemeinsam mit den Nutzer*innen, ruft zum Beispiel auch mit diesen gemeinsam bei einer Hotline an, wenn sie selbst nicht mehr weiter weiß.

„Im Grunde freut das die Person, wenn ich sage: Tut mir leid, das weiß ich auch nicht. Weil die sich dann nicht blöd fühlt. Deshalb gehen wir offen damit um, etwas nicht zu wissen und lernen dann was zusammen. Das ist ein schöner Prozess“, sagt Zerfowski. Informationen, die die Lots*innen bei der Arbeit gewinnen, tragen sie in ein Wiki ein, damit die Hilfe bei der nächsten Person mit dem gleichen Problem einfacher ist.

Zerfowski probiert einfach mal, was passiert, wenn sie eine bestimmte Zeile, in der Sigrid „0“ eingetragen hat, leer lässt. Und siehe da, es funktioniert. „Ich könnte Sie umarmen! Das hätte ich alleine nie hingekriegt. Ich freue mich ganz doll. Wissen Sie, wie viele schlaflose Nächte mich das gekostet hat?“, sagt Sigrid.

Zerfowski erzählt Sigrid noch, dass ihr Laptop mit Windows 10 läuft und das ab Oktober nicht mehr unterstützt wird. Wenn sie Hilfe bei der Umstellung auf Linux wolle, solle sie einfach wiederkommen. In Berlin-Marienfelde, wo Sigrid lebt, gäbe es übrigens auch Digitallots*innen, die ihr helfen könnten. Sigrid antwortet: „Ich kann ihnen gar nicht sagen, wie schön es ist, dass ich das jetzt weiß.“

*Name geändert



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Warnung vor Angriffen auf Lücken in VMware und XWiki


Die US-amerikanische Cybersicherheitsbehörde CISA warnt vor beobachteten Angriffen auf Sicherheitslücken in VMware Aria Operations und VMware Tools von Broadcom sowie XWiki. Die Hersteller stellen Softwareupdates bereit, die die im Internet attackierten Schwachstellen ausbessern.

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Die CISA gibt lediglich die Schwachstelleneinträge zu den gemeldeten Angriffen an. Jedwede Informationen zu Art und Umfang der Angriffe oder gar hilfreiche Hinweise wie Indizien für Angriffe (Indicators of Compromise, IOCs) liefert sie leider nicht.

Die in VMware Aria Operations und VMware Tools missbrauchte Sicherheitslücke hat Broadcom Ende September in einer Sicherheitsmitteilung behandelt und aktualisierte Software bereitgestellt. Die Software enthält eine Schwachstelle, die die Ausweitung der Rechte ermöglicht. „Lokale nicht-administrative User mit Zugriff auf eine VM, in der VMware Tools installiert sind und die mittels VMware Aria Operations mit aktiviertem SDMP verwaltet wird, können die Sicherheitslücke zum Ausweiten ihrer Rechte zu ‚root‘ in derselben VM missbrauchen“, erklärt der Schwachstelleneintrag (CVE-2025-41244 / EUVD-2025-31589, CVSS 7.8, Risiko „hoch„). Die Lücke schließen VMware Cloud Foundation Operations 9.0.1.0, VMware Tools 13.0.5 und 12.5.4 und VMware Aria Operations 8.18.5 sowie neuere.

Außerdem laufen Angriffe auf eine kritische Sicherheitslücke in der Wiki-Plattform XWiki. Jeder Gastzugang kann durch eine Suche mit ‚SolrSearch‘ beliebigen Schadcode einschleusen und ausführen. Ohne vorheriges Log-in können Angreifer ganze XWiki-Instanzen kompromittieren (CVE-2025-24893 / EUVD-2025-4562, CVSS 9.8, Risiko „kritisch„). Die Schwachstelle haben die Entwickler in XWiki 15.10.11, 16.4.1 sowie 16.5.0RC1 und neueren Fassungen ausgebessert.

IT-Verantwortliche sollten die bereitstehenden Aktualisierungen so rasch wie möglich installieren.

In der vergangenen Woche hatte die CISA bereits Angriffe auf das Manufacturing-Operations-Management-Software (MOM) und Manufacturing-Execution-System (MES) Delmia Apriso von Dassault Systèmes gemeldet. Informationen zu gepatchten Versionen befinden sich jedoch lediglich hinter einer Zugangsschranke für Kunden.

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(dmk)



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Trugbild: Zündeln für Reichweite


Wir befinden uns im Schwitzkasten der Polarisierung. Meinungsmacher und Moral-Apostel machen den „Kulturkampf“ zum schaurig-schönen Spektakel – manchmal bis zur Unerträglichkeit für das Publikum.

Der Soziologe Steffen Mau bezeichnet die lautesten Stimmen unter ihnen als „Polarisierungsunternehmer“. Sie politisieren ein „gesellschaftliches Thema so, dass es zur Lagerbildung und affektiven Polarisierung beiträgt“.

Ein besonders erfolgreicher Polarisierungsunternehmer ist der Journalist Ulf Poschardt mit seiner aktuellen Wutschrift „Shitbürgertum“, eine Abrechnung mit allem, was er zum linksliberalen Bürgertum zählt. Auf der anderen Seite des Medien-Mainstreams halten Provokateure wie Jan Böhmermann oder Sophie Passmann dagegen.

Sie alle empören sich über die Empörung der anderen. Für die Polarisierungsunternehmer stehen die Schuldigen fest, an der Spitze der Meinungspyramide ist kein Platz für Ambivalenz. Hier geht es um die Platzierung der eigenen Themen – und das Geschäft dahinter.

Persona benennt Target Points

„Du musst deine Persona so bauen, dass sie nicht zu komplex ist, dass sie aber die Target Points klar benennt“, beschreibt Poschardt im Podcast der Finanz-Bros Hoss und Hopf seine Strategie. Die „Persona“ ist hier als eine für die Öffentlichkeit angelegte Rolle zu verstehen.

Wer seine Persona richtig inszenieren will, hat wenig bis keinen Spielraum für Abweichungen von seinen Themen. Für die Benennung der „Target Points“ muss die eigene Integrität also zwangsläufig leiden.

Damit ist die Suppe der US-amerikanischen Medienlandschaft mit ihrem Hang zum Spektakel endlich auch nach Deutschland übergeschwappt.

Polarisierung generiert Klicks

Beflügelt von der Reichweite der amerikanischen Vorbilder machen nun auch im deutschsprachigen Raum bizarre Figuren Karriere. Dazu gehören beispielsweise der „Ketzer der Neuzeit“, nach eigener Aussage ein „Christ, der sein Ding macht“, Ernährungs-Creator Fabian Kowallik aka „Exiled Medic“ oder eben Hoss und Hopf.

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Fesselnde Geschichten brauchen Konflikte und Widersprüche. Starke und schrille Meinungen wirken besonders berichtenswert. Das kennen wir zur Genüge von Trump. Je abstruser die Inhalte und je verrückter die Persona, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, von bereits etablierten Medienakteuren aufgegriffen zu werden.

In diesem Spiel braucht der eine also den anderen. Jan Böhmermann etwa hat durch einen kritischen Videobeitrag über den Youtuber Clownswelt ebenjenem tausende neue Follower beschert. Das Antwortvideo (1,4 Mio.) von Clownswelt hat beinahe genauso viel Klicks wie Böhmermanns Original (1,8 Mio.) generiert. Es ist das mit großem Abstand meistgeklickte Video auf dem Kanal.

Provokation und Polemik

Der von Poschardt und Konsorten wütend angegangene „Meinungskorridor“ der „Cancel Culture“ ist längst zum offenen Feld geworden – und dort ist nun massig Platz für Inhalte aller Art. Entsprechend ist auch Poschardts Büchlein über das „Shitbürgertum“ weniger ein riskanter Versuch, gegen die angeblich uneinnehmbare Festung der „woken“ Meinungselite anzukämpfen, als vielmehr ein Produkt, das zum günstigen Zeitpunkt einen bestimmten Zeitgeist trifft.

Für Persona und Target Points provoziert Poschardt gezielt mit dem Abfeiern seiner Helden Trump („Instinktpolitiker mit unverwechselbarem Verständnis politischer Kommunikation“), Musk („Chefentbürokratisierer“) oder Milei („mutiger Mann, der den Lauf der Welt ändert“).

Poschardts Polemiken stehen damit auch in der Tradition einer Gruppe vermeintlich aktivistischer Akteure in den sozialen Medien, die dort auf dem Empörungsniveau der Bild-Zeitung gegen alles austeilen, was nicht in das eigene begrenzte Weltbild passt.

Qualität vor Labeling

Und auch wenn die ein oder andere von den Polarisierungsunternehmern ausgeteilte Backpfeife eine empfindliche Stelle trifft, nutzen sie dieselben Strategien wie ihre politischen Antagonisten im Debattenzirkus. „Gebetsmühlenhaft wiederholen sie immer wieder dieselben Phrasen, die ihren ideologischen Kern nur unzulänglich verbergen“, wirft Poschardt den „Shitbürgern“ vor – und spiegelt sich selbst in diesem Bild, wenn er gegen den so verhassten „Staat“ anschreibt.

Die simplen und egozentrischen Botschaften begeistern vor allem diejenigen, die ohnehin schon auf derselben Seite stehen. Alle anderen, und vielleicht auch die für einen „echten“ Diskurs interessanteren Leser, wenden sich entweder direkt ab oder lassen sich zur Weißglut treiben. Beides verstärkt wiederum die Polarisierung.

Wenn sich einer der mächtigsten Medienmenschen des Landes als „kleiner rebellischer Punk“ inszeniert und sich eine Champagnerfeministin aus bürgerlichem Haushalt nicht um Klassenunterschiede schert, läuft etwas falsch. Jenseits von pseudoaktivistischen Labeln und Signalen könnte man die Inhalte danach ordnen, was im Diskurs eigentlich zählt: Qualität.

Komplexitätsexplosion der Kommunikation

Leider gelten zynische Aussagen heute oft als smart. Zwar schaffen es die Polarisierungsunternehmer mitunter sogar, die drängenden Probleme der Gegenwart zu beschreiben, sie bieten allerdings keine Lösungen an. Ihr „Erfolg“ in der Debattenkultur hängt dabei auch mit der Funktionsweise digitaler Kommunikation auf den sozialen Medien zusammen, wie Nils Kumkar in seinem Buch „Polarisierung“ beschreibt.

Denn soziale Medien verknüpfen zwei Welten, die eigentlich nicht zusammengehören: Die Kommunikation in Echtzeit zwischen Anwesenden und die schriftliche, zeitlich versetzte Kommunikation unter Abwesenden. Auf sozialen Medien laufen die beiden Formen gleichzeitig ab, ohne dass der Sprecher – wie es von Angesicht zu Angesicht möglich wäre – direkt auf seine Gesprächspartner reagieren kann.

Trotzdem fehlt die Möglichkeit, sich Zeit für eine Antwort zu lassen, wie es die schriftliche Kommunikation erlaubt. Da sich der Austausch auf sozialen Medien wie Kommunikation in Echtzeit anfühlt, erwarten Publikum und Gesprächspartner unmittelbare Reaktionen.

Zusätzlich kann auf diesem „Marktplatz der Ideen“ praktisch jeder jederzeit teilnehmen. Diese wilde, entgrenzte Konstellation führt unweigerlich dazu, dass die Komplexität der Kommunikation nahezu explodiert.

Zeigefinger runter

Polarisierung bricht die Komplexität auf und erlaubt einen universellen Anschluss. Laut Kumkar betreiben deshalb auch die meisten Akteure auf der digitalen Bühne in irgendeiner Form Polarisierung und stellen das Publikum damit vor simple Ja-oder-Nein-Wahlen („Grenzen auf oder zu“, „links oder rechts“).

Wenn Polarisierung also unausweichlich ist, bleibt die Themenwahl für den „Wert“ der Kommunikation entscheidend. Um hier filtern zu können, sollte man die Polarisierungsunternehmer als das verstehen, was sie tatsächlich sind: Anbieter einseitiger Entertainment-Produkte, die sich entlang einer banalen Marktlogik ausrichten.

Interessanter sind jene Personen, die das Publikum inspirieren, im besten Fall mit Hoffnung statt Zynismus – und ohne erhobenen Zeigefinger, der entweder nur auf die Sprecher selbst oder streng in die vermeintliche korrekte Richtung weist. Die Poschardts, Pass- und Böhmermanns dieser Welt zählen nicht dazu.



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Die Mehrheit folgt dem Hype nicht


Ich öffne mein Bahn-Ticket. “Dieses Dokument scheint lang zu sein. Spare Zeit und lies eine Zusammenfassung”, empfiehlt mir prompt mein PDF-Reader. Ein Paradebeispiel dafür, wie immer mehr Anwendungen den Nutzer*innen KI-Tools aufdrängen, in den meisten Fällen, ohne dass sich ein Nutzen daraus ergibt.

Weltweit versuchen Regierungen und große IT-Firmen, sich im KI-Wettbewerb zu überbieten. Dabei benötigen die zugrunde liegenden Systeme immer mehr Rechenleistung, für die irgendwo Computer laufen müssen, die Strom und Wasser verbrauchen. Doch während das Thema Rechenzentren längst in der politischen Debatte und bei Fachleuten angekommen ist, wusste man bislang kaum etwas darüber, wie die Bevölkerung diese Entwicklung einschätzt.

Porträtfoto von Julian Bothe
Julian Bothe, Senior Policy Manager bei der gemeinnützigen NGO AlgorithmWatch – Alle Rechte vorbehalten AlgorithmWatch

Aus diesem Grund hat AlgorithmWatch in mehreren europäischen Ländern eine repräsentative Umfrage zu Rechenzentren und ihren Auswirkungen durchführen lassen. Gemeinsam mit internationalen Partnerorganisationen wie der spanischen Initiative Tu Nube Seca mi Rio, Friends of the Earth Ireland und der europäischen Klimaschutzallianz Beyond Fossil Fuels wurden Menschen in Deutschland, der Schweiz, Spanien, Irland und dem Vereinigen Königreich befragt.

Wunsch nach mehr Transparenz und mehr Regulierung

Die Ergebnisse sind überraschend deutlich: In allen beteiligten Ländern spricht sich jeweils eine große Mehrheit der Befragten für eine stärkere Regulierung und mehr Transparenz von Rechenzentren aus. In einigen Ländern ist die Zustimmung dabei besonders hoch, so zum Beispiel in Spanien und Irland. Dort ist der Wasser- beziehungsweise Stromverbrauch der KI- und Cloud-Fabriken schon länger Gegenstand öffentlicher Diskussionen und Proteste. Denn sowohl im grünen Irland als auch im trockenen Spanien wirken sich die Rechenzentren bereits spürbar auf Energiepreise und Wasserverfügbarkeit aus. In Spanien befürchten knapp 90 Prozent der Befragten, dass der Wasserverbrauch der Einrichtungen ihre eigene Versorgung beeinträchtigen könnten.

Auch beim Blick auf die Gesamtergebnisse sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache: Drei Viertel der Befragten aller Länder sorgen sich, dass der Wasserverbrauch die umliegenden Ökosysteme beeinträchtigen könnte. Fast genauso viele befürchten Auswirkungen auf den eigenen Wasserverbrauch und immerhin nahezu zwei Drittel denken, dass der Energieverbrauch von Rechenzentren bereits heute einen relevanten Anteil des Stromverbrauchs in den jeweiligen Ländern ausmacht.

Groß ist aber nicht nur der Anteil derer, die sich Sorgen machen, sondern auch die Unterstützung für politische Forderungen, die Betreiber stärker in die Verantwortung nehmen. Mehr als sieben von zehn Befragten wollen, dass der Bau neuer Rechenzentren nur dann erlaubt ist, wenn der zusätzliche Strombedarf durch zusätzliche Kapazitäten an erneuerbaren Energien gedeckt wird. Ebenso viele wollen klare Kriterien, nach denen Energie verteilt wird – wobei die Befragten Rechenzentren und KI-Modelle konsequent als unwichtig bewerten.

Bei der Verteilung der Energie sollten gemäß der Umfrage vor allem die Sektoren priorisiert werden, die erneuerbare Energien zur Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion benötigen. Rechenzentren gehören nicht dazu – ihr Stromverbrauch entsteht ja gerade zusätzlich. Häufig werden diese aktuell direkt mit Strom aus fossilen Brennstoffen betrieben. Vielerorts werden sogar Gaskraftwerke neu errichtet, um den Bedarf zu decken. Aber selbst wenn neue Rechenzentren mit erneuerbaren Energien betrieben werden, wie es in Deutschland ab 2027 für größere Einrichtungen vorgeschrieben ist, fehlt ohne weiteren Ausbau diese Energie dann in anderen Sektoren und verlangsamt dort die Dekarbonisierung. Ob direkt oder indirekt: Der Strombedarf für Rechenzentren und KI-Anwendungen gefährdet die Klimaziele.

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Verbräuche steigen an, verlässliche Zahlen fehlen

Der Blick auf die Zahlen zeigt: Die in der Umfrage deutlich werdenden Sorgen sind mehr als berechtigt. In Irland verbrauchen Rechenzentren mittlerweile 22 Prozent des gesamten Stroms und tragen erheblich zu den teils enormen Strompreissteigerungen bei. Auch in Deutschland entfallen aktuell mehr als vier Prozent des gesamten Stromverbrauchs auf Rechenzentren. Schätzungen zufolge sind es in Frankfurt am Main bereits jetzt 40 Prozent des Stromverbrauchs, in Dublin sogar 80 Prozent. In der gesamten EU sind es mehr als drei Prozent – Tendenz stark steigend.

Hinzu kommt das für die Kühlung benötigte Wasser: In Spanien werden die größten KI-Fabriken ausgerechnet in den trockensten Regionen gebaut. Auch in Deutschland könnte laut einer Studie der Gesellschaft für Informatik der Wasserverbrauch von Rechenzentren zu Problemen führen – beispielsweise im Rhein-Main-Gebiet und in Brandenburg.

Während die Politik und Betreiberunternehmen offensiv für einen starken Ausbau von Rechenzentren und KI-Infrastruktur werben, mehren sich die Proteste der lokalen Bevölkerung. In Deutschland konzentrieren sich diese bislang vor allem auf Frankfurt und Umgebung. In Irland oder Spanien, wo bereits länger protestiert wird, sind die Bürgerinitiativen weiter verbreitet und dauerhafter organisiert, beispielsweise in der Initiative Tu Nube Seca Mi Rio – “Deine Cloud trocknet meinen Fluss aus”.

Vielerorts ist die mangelnde Transparenz ein großes Problem. Selbst offizielle Stellen müssen größtenteils auf Schätzungen zurückgreifen, wie viel Wasser und Strom die Rechenzentren tatsächlich verbrauchen. Sind valide Daten vorhanden, bleiben diese meist geheim. Zwar sollen Betreiber größerer Rechenzentren die Verbräuche mittlerweile an nationale Stellen wie dem deutschen Energieeffizienzregister für Rechenzentren und die EU melden – aber auch diese Daten werden nur aggregiert veröffentlicht. Hinzu kommt der Unwillen der Betreiber, diese Informationen bereitzustellen. Ein aktueller Bericht der Europäischen Kommission schätzt für das Jahr 2024, dass nur gut ein Drittel aller Rechenzentren in der gesamten EU dies tun. Selbst die Gesamtzahl aller Rechenzentren kann sie dabei nur mutmaßen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in Deutschland

In der Bundesrepublik wird der Strom- und Wasserverbrauch von Rechenzentren erst in der jüngsten Zeit stärker thematisiert. Hier liegt der Anteil der Menschen, die sich Sorgen machen, noch etwas niedriger als in anderen europäischen Ländern. Die Betonung liegt hier auf dem „noch“, denn auch in Deutschland nimmt die Zahl der Rechenzentren stark zu – und soll nach dem Willen der Bundesregierung noch stärker wachsen.

Wie drastisch die Entwicklungen sind, zeigen beispielsweise die Zahlen der Bundesnetzagentur. Diese hatte erst vor kurzem die Schätzungen bezüglich des zukünftigen Stromverbrauchs stark nach oben korrigiert: Die im April 2025 veröffentlichten Szenarien gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2037 Rechenzentren 78 bis 116 Terawattstunde (TWh) Strom verbrauchen – doppelt bis viermal so viel, wie es die ursprünglichen Abfragen ergeben hatten. Zur Einordnung: Der gesamte Bruttostromverbrauch lag in Deutschland im Jahr 2023 bei gut 550 TWh.

Da die Bundesnetzagentur nur die Rechenzentren berücksichtigt, die sich aktuell in der Planung befinden, könnten die tatsächlichen Zahlen sogar noch weiter ansteigen. Damit würde der Gesamtbedarf der Rechenzentren 2037 nicht nur bis zu 10 Prozent des deutschen Stromverbrauchs betragen. Der Zuwachs an Rechenzentren sorgt vor allem dafür, dass große Mengen Strom zusätzlich bereitgestellt werden müssen, dass fossile Kraftwerke länger laufen und dass wahrscheinlich auch die Strompreise steigen.

Angesichts dieser Zahlen überraschen die Umfrageergebnisse in Deutschland nicht: Auch hier unterstützen zwei Drittel der Befragten die Auflage, dass Rechenzentren nur gebaut werden dürfen, wenn dafür entsprechend auch weitere Kapazitäten erneuerbarer Energien geschaffen werden. Mehr als drei Viertel der Befragten fordern, dass Betreiber von Rechenzentren ihren Energieverbrauch (76 Prozent), ihre Energiequellen (77 Prozent) und ihre Umweltauswirkungen (81 Prozent) offenlegen.

Die Umfrageergebnisse offenbaren damit auch eine Kluft zwischen der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung und dem Kurs der Bundesregierung. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) hatte erst Ende September gegenüber der Süddeutschen Zeitung angegeben, dass es für ihn “erst einmal primär um das Rechnen” gehe und Nachhaltigkeit demgegenüber nachrangig sei. Die Mehrheit der Befragten sieht das offensichtlich anders.

Und noch eines wird deutlich: Es reicht nicht aus, nur etwas an der Effizienz zu schrauben oder die Nutzung der Abwärme zu optimieren. Angesichts der Größe des erwarteten Wachstums muss es auch darum gehen, den Verbrauch von Rechenzentren absolut zu begrenzen – und dort, wo er unvermeidbar ist, durch zusätzliche erneuerbare Energien zu decken.

KI-Hype begrenzen – Rechenzentren nachhaltig gestalten

Rechenzentren sind zweifelsfrei wichtige Infrastrukturen und werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Umso wichtiger ist es, diese Infrastruktur nachhaltig zu gestalten und die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Dazu gehört auch die Frage: Wie viele solcher Rechenzentren brauchen wir eigentlich? Welche der neuerdings überall eingebauten KI-Anwendungen haben einen gesellschaftlichen Nutzen – und welche nicht?

Wie auch in anderen Bereichen darf sich die Debatte um den nachhaltigen Einsatz von KI nicht in erster Linie auf der Ebene von individuellen Konsum- beziehungsweise Nutzungsentscheidungen abspielen. Es braucht vielmehr eine politische Diskussion und Regulierung.

Aktuell wird einem bei jeder noch so kleinen PDF-Datei eine algorithmische Zusammenfassung aufgedrängt, führt jede Google-Anfrage zum Aufruf von Sprachmodellen und soll auch die staatliche Verwaltung nach dem Willen der Bundesregierung an so vielen Stellen wie möglich KI-Systeme benutzen. Hier bringt es wenig, nur an das Individuum zu appellieren. Stattdessen braucht es politische Entscheidungen, die sowohl bei KI-Systemen als auch bei Rechenzentren die ökologischen Folgen mitdenken. Statt der „KI-Nation“, zu der sich Deutschland laut dem Koalitionsvertrag entwickeln soll, braucht es – wenn man schon von Nation sprechen will – eine „KI-sensible Nation“, die neben dem Nutzen auch die Nebenwirkungen und häufig leeren Versprechungen solcher Anwendungen im Auge behält.

Mein Bahnticket jedenfalls drucke ich mir weder aus, noch lasse ich es mir zusammenfassen. Gar nicht so selten ist der Nicht-Einsatz von KI nämlich ihr bester Einsatz.

Julian Bothe ist als Senior Policy Manager bei der gemeinnützigen NGO AlgorithmWatch verantwortlich für das Thema „KI und Klimaschutz“. An der Schnittstelle von Digital- und Energiepolitik arbeitet er daran, den Ressourcenverbrauch und den Klimaschaden des aktuellen KI-Booms in Grenzen zu halten. Promoviert hat er zur Akzeptanz der Energiewende.



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